Wer damit rechnet, dass sich die angespannte IC-Liefersituation auf wundersame Weise auflösen wird, der wird wohl eine Überraschung erleben. Zwar gehen die meisten Analysten und Branchenkenner davon aus, dass sich die Lage nun etwas entspannen wird, doch zu einer wirklich nachhaltigen Entspannung der Lieferkette wird es wohl kaum kommen.
Dafür ist die nach wie vor gute Nachfragesituation und damit die hohe Auslastung der Fabs verantwortlich. Wobei die weltweite Produktionskapazität 2010 laut SICAS um 12 Prozent unter dem Wert des Jahres 2008 lag. Am brutalsten eingebrochen waren in der Krise Fertigungslinien mit Strukturbreiten über 120 nm. Dort lag die Auslastung der Fertigung teilweise nur noch bei knapp über 40 Prozent. Produktionen mit Strukturbreiten unter 120 nm brachen dagegen nur auf 69,6 Prozent ein.
Wie sich die Waferkapazitäten entwickeln werden, zeigt ein Blick auf die geplanten Investitionen: So weißt das Marktforschungsinstitut IC Insights darauf hin, dass 2010 – obwohl die geplanten Investitionen gegenüber 2009 um 98 Prozent zugenommen hatten – ihr Anteil am Umsatz der Halbleiterunternehmen mit nur 16 Prozent immer noch deutlich unter dem langjährigen Mittel von 20 Prozent lag. In diesem Jahr nun werden die Investitionen wohl nur um 6 Prozent steigen, 2012 ist mit einer Steigerung um 12 Prozent zu rechnen. Trotzdem verharrt ihr Anteil am Umsatz der Halbleiterunternehmen bei 16 Prozent und wird 2013/14 sogar auf 15 Prozent absinken. In der Konsequenz bedeutet das: Die derzeitigen Kapazitäts- und Lieferengpässe bleiben wohl noch mindestens die nächsten zwei, drei Jahre erhalten.
Wirklich massiv investiert derzeit anscheinend nur Samsung in den Aufbau von Fertigungskapazitäten. Auf den Markt kommen werden diese ausschließlich auf Speicher-Bausteine ausgerichteten Fabs jedoch erst 2014. Für 2014 sagt iSuppli übrigens die nächste Trendwende am Speicher-IC-Markt voraus. Sollte es so kommen, dürfte es für die Anwender wieder deutlich teurer werden, sich mit Speicherlösungen einzudecken.
Samsung wird seine neuen Fabs noch als 300-mm-Fertigungslinien realisieren. 61 Prozent der aktuell weltweit installierten Waferlinien entsprechen inzwischen diesem Diameter. Die Kosten für eine neue 300-mm-Fab liegen inzwischen bei rund 5 Mrd. Dollar, für eine 450-mm-Version dürfte wohl mehr als das Doppelte fällig werden. Ein Investitionsvolumen, das sich derzeit weder Samsung, Intel oder TSMC antun wollen, die aufgrund der von ihnen gefertigten Produkte nach wie vor das größte Interesse an der Einführung der 450-mm-Fabs haben dürften.
Angesichts der sich auf einem negativen Rekordniveau bewegenden Capex-Investitionen dürften die 450-mm-Träume wohl noch weiter in die Zukunft rücken. Und die Hersteller von Fertigungsequipment müssen vorerst einmal nicht mehr nach neuen Ausreden dafür suchen, warum sie nicht größere Summen ihres Forschungs- und Entwicklungsbudgets in die Realisierung dieser Zukunftstechnologie investieren wollen.
Ihr Engelbert Hopf