Sich wandelnde Anforderungen in der Gesundheitsbranche haben interessante Konsequenzen für die Entwickler medizinischer Geräte. Beispielsweise ist da der zunehmende Bedarf an proaktiver Gesundheitsfürsorge, die vorbeugt statt heilt – vor allem für die alternde Baby-Boomer-Generation.
Beständige Patientenüberwachung und Datenauswertung in Krankenhäusern, Arztpraxen und zunehmend auch zuhause scheint der Weg der Zukunft zu sein, wobei die Geräte auch mit der Patientenakte verbunden sein werden. Diese vernetzte Welt bringt einige Herausforderungen im Zusammenhang mit dem staatlich geregelten Schutz der Privatsphäre des Patienten.
Die Funktion medizinischer Geräte befindet sich auf einem ähnlichen Weg wie jene der Consumer-Elektronik. Größe, Gewicht, Leistungsfähigkeit und Mobilität haben oberste Priorität. Medizinelektronik verfügt heute häufig über eingebaute Drahtlosanbindungen, um sie beweglicher zu machen und das unordentliche Drumherum in der betreffenden Gesundheitseinrichtung zu reduzieren.
Beispielsweise verfügen die meisteneuropäischen Krankenhäuser über Telemetriesysteme, das die wichtigsten Parameter eines Patienten mithilfe eines am Leib getragenen Senders überwacht, der mit einer zentralen Station verbunden ist. Kliniken möchten auch die Anzahl der für eine angemessene Behandlung notwendigen Geräte reduzieren, indem mehrere Einzelgeräte kombiniert werden.
Zum Beispiel ließen sich alle verschiedenen Sensoren zur Patientenüberwachung während einer Operation drahtlos auf ein einziges integriertes grafisches Display auf nur einer Workstation zusammenführen. Dies würde das Gewirr aus Kabeln und anderen Teilen des Überwachungssystems abschaffen.
Als weiterer Punkt müssen im Zuge der Umstellung von papiergestützten zu vernetzten elektronischen Patientendaten-Informationsystemen Methoden entwickelt werden, welche die Sicherheit und den Datenschutz der Patienteninformationen sicherstellen.
Virtualisierung für Medizingeräte
Virtualisierungstechnologien gibt es sei vielen Jahren, meist in Rechen- und Serverzentren. Mehrere Applikationen werden auf einem einzigen Server oder System zusammengelegt, um die Effizienz und Gesamtsystemleistung zu verbessern.
Eine neue Generation von Virtualisierungstechnologie auf Chip-Ebene, die auch Optimierungen für Embedded-Devices umfasst, kann jetzt zur Entwicklung von Medizintechnik genutzt werden.
Hinzu kommt eine neue Art von Softwarevirtualisierungslösung, die zur Erfüllung strengerer Anforderungen für sicherheitskritische Anwendungen entwickelt wurde.
Diese neue Software erlaubt die Ausführung von Gastbetriebssystemen und deren Applikationen auf ihr, sodass sich praktisch mehrere, sogar ungleiche Betriebssysteme (OS) eine einzige physikalische Hardwareplattform teilen.
Erreicht wird dies durch eine neue Softwareschicht namens »Hypervisor« oder »Virtual Machine Monitor« (VMM), welche die Ausführung des Gast-OS weitgehend ähnlich handhabt wie ein Betriebssystem Anwendungen ausführt.
Jedem Gast-OS werden bestimmte dedizierte Ressourcen zugewiesen wie Speicher, CPU-Zeit und I/O-Peripherie.
Die Software isoliert jede virtuelle Instanz durch einen Hardwareschutz für jede Partitionierung mit eigenem virtuellem Adressraum.
So lassen sich mehrere Anwendungen sicher auf einer einzigen Plattform ausführen, indem man sie in separate Partitionierungen isoliert, um unbeabsichtigte oder sogar gefährliche Software-Interaktionen zu verhindern.
Außerdem ist es problemlos möglich, existierende und Legacy-Anwendungen auf eine neue Hardwareplattform zu portieren, da diese unmodifiziert in der neuen Umgebung laufen können.
Heutige medizinische Systeme nutzen ein einziges OS, typischerweise ein Echtzeitbetriebssystem (RTOS).
Da die Systeme aber immer komplexer und reicher an Funktionen werden, kommt für manchen Entwickler für Benutzerschnittstellen und Netzwerk-Konnektivität vielleicht auch ein Allzweck-Betriebssystem (GPOS) wie Linux oder Windows in Betracht.
In diesem Fall wäre das ideale Szenario, sowohl das GPOS für die Kommunikation mit der Außenwelt als auch das RTOS für Echtzeitfunktionen wie die Patientenüberwachung einzusetzen.
Realisieren lässt sich das mittels Virtualisierung, um mehrere OS auf derselben physikalischen Plattform auszuführen.
Virtualisierung funktioniert durch die Abstrahierung der zugrunde liegenden Prozessorkerne, Speicher und Geräte. Dies erfolgt durch die Ausführung virtueller Maschinen (VM) auf einem Embedded-Hypervisor, wobei jede VM wiederum ihr eigenes OS und entsprechende Anwendungen betreibt.
Ein Hypervisor ist eine Softwareschicht, die entweder direkt auf der Hardware installiert ist (Typ-1-Hypervisor) oder auf einem herkömmlichen OS, das auf der Hardwareplattform läuft (Typ 2).
Eine sichere Virtualisierungsplattform kombiniert einen Typ-1-Hypervisor mit einem kleinen Separation-Kernel, um die VM sicher zu isolieren und bei Bedarf Echtzeitleistung und Determinismus zu liefern.
Der drahtlose Patient
Hierzu eine praktische Anwendung dieser Technologie. Bei der Überwachung von Lebenszeichen wie EKG und Blutsauerstoffgehalt während eines Krankenhausaufenthalts müssen zahlreiche Sensoren am Patientenkörper befestigt werden.
Das endet oft in einem umständlichen und unbequemen Kabelsalat.
Um den Patienten zu entlasten, könnte man die Kabel durch drahtlose biometrische Bluetooth-Sensoren ersetzen, die ihre Daten an eine einzige Workstation übermitteln, innerhalb derer sich eine virtualisierte Umgebung mit einer oder mehreren VMs für die Echtzeit-Überwachung und -Analyse des Patienten befindet.
Der Herzfrequenzsensor würde seine Daten an eine VM senden, der Blutsauerstoffsensor an eine andere, usw.
Auf jeder dieser VMs liefe entweder ein RTOS oder ein GPOS wie Linux, wobei der zugrunde liegende Separation-Kernel Echtzeit-Scheduling und Determinismus garantiert.
Die Informationen aller Sensoren könnten für die visuelle Überwachung dann grafisch in einer vertrauten Windows-Umgebung in einer weiteren VM dargestellt werden – alles auf derselben Workstation.
Die gleiche Windows-VM könnte allerdings auch dazu verwendet werden, um lokal gespeicherte Patientendaten miteinander zu verbinden, vielleicht sogar das Krankenhaus-Netzwerk.
Die Nutzung dedizierter VMs bedeutet, dass das Überwachungs- und Analyse-Subsystem nicht sichtbar ist oder gefährdet werden kann.
Was auch immer mit der Benutzerschnittstelle oder dem Netzwerk passiert, rührt nicht an der Sicherheit oder Leistungsfähigkeit des Überwachungssystems. Der Datenaustausch von einem Subsystem zum anderen erfolgt kontrolliert und gesteuert in eine Richtung.