Mit der steigenden Komplexität heutiger Systeme wächst auch die Herausforderung für Entwicklerteams. Sie müssen immer mehr Funktionen integrieren und zugleich immer mehr Anforderungen erfüllen. Mit der richtigen MBSE-Strategie können auch KMUs ihre Entwicklungsteams wettbewerbsfähig aufstellen.
Die Welt des Ingenieurwesens und der Produktentwicklung beruht auf der ständigen Verbesserung von Verfahren und Techniken. Es gibt Fortschritte, mit denen wir tagtäglich bewusst umgehen, und Infrastrukturverbesserungen, die unser Leben insgesamt verbessern, aber an die wir vielleicht keinen zweiten Gedanken verschwenden. Unabhängig davon, ob ein Unternehmen das nächste persönliche Elektronikprodukt entwickelt oder an einem nachhaltigeren Verkehrssystem arbeitet – der konstruktive Aufwand für Verbesserungen explodiert. Zudem verteilt sich die Entwicklungsarbeit in vielen Branchen auf mehr Disziplinen; Software und Elektronik werden zu wichtigen Wertfaktoren für traditionell mechanische Produkte.
Technische Führungskräfte aus großen, mittleren und kleinen Unternehmen in Deutschland und der ganzen Welt sind auf der Suche nach besseren Methoden zur Integration dieser Systeme, die für die Entwicklung der nächsten Generation innovativer Produkte genutzt werden. Sie suchen nach Möglichkeiten, um ihre Produkte schneller auf den Markt zu bringen und von der wachsenden Nachfrage nach intelligenten und vernetzten Produkten zu profitieren. Die nächste Generation der modellbasierten Systementwicklung (MBSE, Model-Based Systems-Engineering) ist diese Methode – sie bietet einen digitalisierten Entwicklungsprozess, der die Komplexität dieser integrierten Systeme bewältigen und überlegene Produkte liefern kann.
Von welchem MBSE sprechen Sie?
Vielen aus der Automobil-, Elektronik- und Luft- sowie Raumfahrtindustrie dürfte die MBSE-Methodik bekannt sein. Eine frühere Implementierung und ein früheres Toolset wurden in diesen Branchen jahrzehntelang als Weiterentwicklung des Systems-Engineering eingesetzt, aber es ist wichtig zu verstehen, dass ein moderner MBSE-Ansatz ganz anders aussieht und funktioniert als frühere Iterationen.
Der wohl wichtigste Unterschied ist die Art und Weise, wie die Informationen über das System erfasst, gespeichert und weitergegeben werden. Anstelle von Diagrammen auf einer Kreidetafel oder in PowerPoint erstellten Modellen werden Daten zentral mit sicheren Verbindungen zu anderen relevanten Informationen gespeichert. Dies bildet die Systemarchitektur oder Roadmap vom Entwicklungsprozess bis hin zum Servicebetrieb.
Die verschiedenen Prozesse in der Produktentwicklung werden durch digitale Arbeitsabläufe unterstützt, welche die in einem Domänenwerkzeug getroffenen Entscheidungen und Arbeiten mit dem digitalen Zwilling verbinden. Diese Single Source of Truth macht die Daten leichter zugänglich und wertvoll für die multidisziplinäre Entwicklung heutiger und zukünftiger Produkte.
Festlegung der Architektur
Die Systemarchitektur ist der wichtigste Aspekt des Model-Based Systems-Engineering, und obwohl sie viele Rollen in einem Unternehmen umfasst, besteht die Hauptfunktion in der Verwaltung von Entwicklungsprozessen über die gesamte Geschäfts- und Wertschöpfungskette hinweg. Die Arbeit an der Systemarchitektur ist der Startpunkt jedes Projekts, sei es in der Konzeptphase eines neuen Produkts oder bei der Qualifizierung der Anforderungen eines bereits vorhandenen Produkts. Die Systemarchitektur wird zur Definition dessen, was der Markt benötigt, und zur Blaupause für die Entwicklung. Wie definiert sich ein Erfolg? Wie werden Entwicklungsentscheidungen verifiziert und validiert? Und wer wird mit der Verfeinerung der Systeme in eine bereichsspezifische Definition beauftragt, sei es mechanisch, softwaretechnisch, elektronisch oder sogar betriebswirtschaftlich?
Die Informationen, die in einer Systemarchitektur enthalten sind, können recht umfangreich sein, beispielsweise können dies Anforderungen von Aufsichtsbehörden, Fertigungsbeschränkungen der vorhandenen Infrastruktur oder auch Zielkonfliktstudien sein, die in einem frühen Stadium der Entwicklung durchgeführt werden. Die effektive Koordinierung dieser Informationen erfordert eine standardisierte Methodik. Für Systemingenieure sind deshalb Modellierungssprachen wie SysML und Modellierungs-Tools wie System Modeling Workbench unerlässlich.
Traditionell wurde jede Entscheidung, jede Analyse und jeder Prozess innerhalb der Entwicklung zu einer kleinen Gruppe von Systemingenieuren zurückgespiegelt, die das Wissen zu den verschiedenen Gruppen weiterverteilten. Doch die zunehmende Vernetzung der heutigen Produkte macht dies zu einem schwierigen, wenn nicht gar unmöglichen Unterfangen. Stattdessen beginnen Unternehmen, die intelligente und vernetzte Flugzeuge, Automobile, schwere Maschinen usw. entwickeln, den Prozess durch Digitalisierung zu demokratisieren. Relevante Entscheidungen werden an die multidisziplinären Gruppen weitergegeben, und ihre Investitionen in das System der Systeme werden an alle zurückgegeben, die von den Veränderungen betroffen sind. Die Anwendung dieser Methodik ist nur durch eine effektive Kommunikation möglich.