In China gilt künstliche Intelligenz als ein Schlüssel zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Wer dort produziert, sollte sich dringend mit KI auseinandersetzen. Doch dabei gibt es einiges zu beachten.
"Die meisten chinesischen Fertigungsunternehmen streben autonome Produktionsanlagen mit KI an", sagt Karlheinz Zuerl, CEO der China Business Enabler German Technology & Engineering Corporation.
Während viele Bürobeschäftigte in europäischen Firmen mit KI-Tools wie ChatGPT und Google Bard experimentieren, hält künstliche Intelligenz in chinesischen Unternehmen auf breiter Front Einzug«, hat Karlheinz Zuerl festgestellt.
»In Europa versucht vor allem die mittlere Managementebene, die Vorteile von KI für sich zu nutzen, aber in China ist künstliche Intelligenz beim Topmanagement angekommen. Ein Großteil der chinesischen Firmen folgt einem von der Unternehmensspitze vorgegebenen KI-Fahrplan«, berichtet Zuerl, dessen Firma das China-Geschäft für viele westliche Unternehmen auf- und ausbaut oder bei Bedarf saniert. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Geschäftsentwicklung, dem Auf- und Ausbau von Niederlassungen und Produktionsstätten sowie Sanierungs- und Turnaround-Maßnahmen, um Firmen in kritischen Phasen wieder in die Gewinnzone zu bringen. Auf der Referenzliste von GTEC stehen Konzerne wie Atreus, BMW, Bosch, General Motors und Siemens, große Mittelständler wie Hella, Schaeffler, Valeo und ZF sowie kleinere Mittelständler.
In China ist KI beim Topmanagement angekommen
GTEC-Chef Karlheinz Zuerl weiß aus Gesprächen mit vielen chinesischen Unternehmenslenkern: »Das Topmanagement in China geht in weiten Teilen davon aus, dass KI, Big Data, Robotik und andere Aspekte der digitalen Transformation ihr Geschäft fundamental beeinträchtigen werden. Viele haben schlichtweg Angst davor, dass ihr Unternehmen binnen weniger Jahre vom Markt verschwinden könnte, wenn sie nicht massiv in die neuen Technologien und allen voran in Automation und künstliche Intelligenz investieren.«
Europäische Unternehmen, die mit Zweigniederlassungen in China aktiv sind, sollten sich dieser »chinesischen Angst vor den Folgen von KI« bewusst sein, mahnt Asien-Experte Karlheinz Zuerl, und stellt klar: »Vor den Folgen des Nicht-Einsatzes, nicht der Anwendung.« Nach Analyse des Fachmanns gelten die unübersehbaren Erfolge beim Robotereinsatz in der Produktion dem chinesischen Management als Blaupause für KI-Anwendungen.
Karlheinz Zuerl sagt: »Automatisierung ist das große Thema in China. In immer mehr Fabriken werden menschliche Arbeitskräfte durch Industrieroboter ersetzt oder ergänzt, um die Produktionskosten zu senken, die Qualität zu erhöhen und die Produktionsmengen zu steigern. KI stellt in diesem Zusammenhang einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu autonomen Produktionsanlagen dar.«
»Im Reich der Mitte wird künstliche Intelligenz nicht nur als technologische Errungenschaft verstanden, sondern als Schlüssel zur nationalen Entwicklung und internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Daher wird KI in China derzeit fast flächendeckend über beinahe alle Sektoren hinweg eingeführt, von der Fertigung und dem Finanzsektor über Logistik und E-Commerce bis hin zum Gesundheitswesen und der öffentlichen Verwaltung. China will die KI-Nation Nummer eins auf der Welt werden«, so Zuerl weiter.
Schrittweises Vorgehen empfohlen
Ausländischen Firmen empfiehlt der CEO der German Technology & Engineering Corporation ein schrittweises Vorgehen bei der KI-Einführung in China. So sollten europäische Unternehmen zunächst ihre eigene firmenweite KI-Strategie entwickeln. Erst im zweiten Schritt ist nach Zuerls Einschätzung eine Implementierung in China angebracht – allerdings mit den dort verfügbaren KI-Tools. »Die in Europa verwendeten KI-Algorithmen aus amerikanischer Entwicklung bewähren sich in China nicht«, warnt Karlheinz Zuerl davor, ChatGPT und andere US-geprägte sogenannte Large Language-Models (LLM) nach China zu bringen. Als wichtigste KI-Modelle in China nennt der Asien-Experte ERNIE (Enhanced Representation through kNowledge Integration) von Baidu, AliNLP von Alibaba und NeuraLM von Tencent.
»Für international tätige Unternehmen besteht eine große Herausforderung darin, KI-Systeme aus unterschiedlichen Herkunftsregionen unter einen Hut zu bringen«, umreißt Karlheinz Zuerl einen Aspekt, den nach seiner Erfahrung »noch kaum jemand aus dem Management auf dem Radar hat«.