Ein wesentlicher Faktor der Wettbewerbsfähigkeit und Ihres Erfolges hier ist sicher der Weg in Richtung LEAN Production. Nun arbeitet Flextronics SBS Germany seit einiger Zeit zusammen mit dem Beratungshaus Porsche Consulting an einem neuen LEAN Konzept, um die Supply Chain noch weiter zu verbessern. Wie sieht Ihre Bilanz bislang aus?
Seit dem Jahr 2008 führen wir intensiv LEAN-Prozesse bei Flextronics SBS Germany ein. Wir sind bei der Einführung dem Zwiebelschalenmodell – also von innen nach außen - gefolgt. Zunächst haben wir unsere Fertigungsprozesse und Fertigungsorganisation nach LEAN Gesichtpunkten umgestaltet. Dann folgten unsere internen Logistikprozese. Im dritten Schritt sind wir die gesamte Supply Chain angegangen. Hier haben wir uns der Unterstützung von Porsche Consulting bedient, um insbesondere bewährte Prinzipien der Automobilindustrie in die EMS-Industrie zu übertragen. Die Ergebnisse unserer LEAN-Anstrengungen sind großartig. Wir versorgen nun sämtliche Fertigungslinien bzw. Arbeitssysteme mit Material in einem 15-minütigen Takt.
Im gleichen Takt werden die Fertigprodukte in die Kommissionierung und den Versand transportiert. Hierdurch konnten wir u.a. der Bestand in der Fertigung um unglaubliche 94 Prozent senken und den Output um den Faktor 3 verstetigen.
Erprobt hatten Sie die mit Porsche Consulting erarbeiteten LEAN-Verbesserungen ja erst einmal an einem Pilotkunden. Wie weit ist die Umstellung bei anderne Kunden inzwischen fortgeschritten?
Ja richtig. Wir haben die Optimierung der gesamten Supply Chain zunächst bei einem Pilotkunden durchgeführt. Mittlerweile haben wir die dabei erfolgreich praktizierte Methodik auf einen weiteren Kunden übertragen. Es ist unser Ziel, im Verlaufe dieses Jahres die Methodik bei allen unseren größeren Kunden anzuwenden.
Im Herbst letzten Jahres sprachen Sie davon, dass es gelungen sei die Anlageneffizienz im Rahmen des LEAN Managements deutlich von 40 auf 70 Prozent zu steigern und die Umrüstzeit von 30 auf 15 Minuten zu reduzieren. Ist das Ende der Fahnenstange damit erreicht oder sehen Sie hier noch »Luft nach oben«?
Die Einführung von LEAN ist eine Reise, die nie zu Ende geht. Trotz der drastischen Verbesserungen, die wir in einzelnen Gebieten erreichen konnten, sehen wir auch zukünftig noch weiteres Verbesserungspotential. Unsere Anlageneffizienz konnten wir in den letzten drei Jahren im Werk Paderborn auf über 70 Prozent im Durchschnitt steigern. Linien mit einem günstigen Produktspektrum erreichen sogar schon Effizienzen von über 85%. Wir sind zuversichtlich, dass uns auch in Zukunft noch eine weitere Steigerung der Effizienz gelingt. Schlüssel dazu ist der ständige Vergleich und Erfahrungsaustausch mit den anderen Flextronics Werken. Flextronics betreibt weltweit über 700 SMT Linien, die ständig weiter optimiert werden. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse werden allen Werken im Rahmen eines Best Practice Sharing zugänglich gemacht. Wir streben an, in diesem Jahr die durchschnittliche Anlageneffizienz in den Bereich von 80% zu bringen. Ich bin zuversichtlich, dass uns dies mit Hilfe der Ideen unserer Mitarbeiter gelingen wird.
»Wir arbeiten heute mit schlanken Prozessen, statt hohen Beständen« so lautete Ihre Aussage auf unserem Supply Chain Summit im vergangenen Jahr. Geht das nicht auf Kosten der Flexibilität bzw. wie stellen Sie Ihre Flexibilität dennoch sicher?
Die Flexibilität in allen Stufen der Supply Chain zu erhöhen, ist die wesentliche Voraussetzung, um kurzfristig auf Marktschwankungen reagieren zu können ohne Inkaufnahme von hohen Beständen oder Überkapazitäten. Wir haben unsere SBS Werke konsequent auf Flexibilität ausgerichtet. So müssen sowohl unsere Mitarbeiter als auch unsere Maschinen flexibel einsetzbar sein.
Durch ein sehr fortschrittliches flexibles Arbeitszeitmodell und der Nutzung eines Pools von Zeitarbeitern können wir schnell Kapazitätsanpassungen durchführen. Zudem haben wir mit vielen unserer strategischen Lieferanten Konzepte zur Sicherstellung einer kurzfristigen Belieferung - Konsignationsläger, Abrufen aus zentralen Hubs etc. - vereinbart. All das ermöglicht uns, auf die Wünsche unserer Kunden möglichst kurzfristig zu reagieren ohne dass unser Kunde oder wir hohe Bestandsrisiken tragen.
Obwohl Flextronics SBS Teil eines großen Konzerns ist, ist der Außenauftritt erstaunlich - im positiven Sinne gesprochen - mittelständisch. Ist das eine Besonderheit in Deutschland oder ist Flextronics SBS allgemein eher mittelständisch geprägt?
Ein Teil des Erfolges von Flextronics SBS liegt an der regionalen Aufstellung und dezentralen Verantwortung. Deshalb sind die SBS Werke - insbesondere in Europa und in den USA - vorwiegend mittelständisch geprägt. Allerdings fällt die Ausprägung von Land zu Land unterschiedlich aus. Wir sind in Deutschland in der glücklichen Lage, dass wir über einen sehr starken und erfolgreichen Mittelstand verfügen. Viele unsere Kunden in Deutschland sind mittelständische Firmen. Daher ist es für eine erfolgreiche Partnerschaft mit unseren Kunden sehr wichtig, dass wir ähnlich wie ein mittelständisches Unternehmen denken und handeln und gleichzeitig die Vorzüge eines Global Players wie Einkaufsmacht, vertikale Integration, finanzielle Stärke, und technisches Know How nutzen.