Wie man DECT-Telefone in Deutschland fertigt

Erfolg dank ausgeklügelter Supply Chain

24. November 2010, 9:42 Uhr | Heinz Arnold
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1.300 Varianten, 320 Ramp-ups pro Jahr

Nun hat Gigaset mit einer gro­ßen Variantenvielfalt zu kämpfen. 60 Produktfamilien fertigt das Un­ternehmen, wegen der vielen Va­rianten – allein schon aufgrund der unterschiedlichen Sprachen und Bestimmungen in den ver­schiedenen Ländern – produziert Gigaset rund 1.300 Varianten. Da­zu kommt, dass pro Jahr rund 320 Ramp-ups statt finden.

Auf der anderen Seite nehmen die Kunden nur relativ kleine Mengen ab: 98 Prozent der Auf­träge umfassen weniger als 500 Einheiten, 65 Prozent der Aufträ­ge weniger als 10 Stück. »Darin liegt unsere Stärke: Wir können in jede Filiale kleine Mengen liefern – und zwar schnell. Ein Unterneh­men in Asien könnte das nicht.«

Und Gigaset hat mit einer wei­teren Herausforderung zu kämp­fen. Das Geschäft unterliegt gro­ßen saisonalen Schwankungen. Im November macht das Unter­nehmen mit 60 Mio. Euro den größten Umsatz, im Sommer herrscht eher Flaute, der Juli bringt es erfahrungsgemäß auf einen Umsatz von 25 bis 28 Mio. Euro.

»Diese Schwankungen federn wir nicht über ein Lager ab, son­dern nur indem wir die Produkti­on hoch- und runterfahren«, sagt Streb. »So können wir auf kurz­fristige Anforderungen der Märkte reagieren. Die kundenbezogene Fertigung geht bei uns vor Ma­schinenauslastung.« Das hat enor­me Arbeitszeitschwankungen zur Folge. Deshalb beschäftigt Gigaset in Bocholt neben den 500 eigenen Angestellten in der Produktion in Spitzenzeiten zwischen 300 und 350 Leiharbeiter.

Das ganze Konzept erfordert ein ausgeklügeltes Forecast-Sys­tem, das herunter gebrochen auf die Jahreszeit, den Monat und die Woche zu erstaunlich genauen Vorhersagen führt. Innerhalb von 3 bis 20 Tagen kann Gigaset den Kunden beliefern – nicht ab Lager sondern ab Produktion. Das heißt nicht, dass es gar kein Lager gibt. Es umfasst rund 400.000 Einhei­ten. Eine wesentliche Vorausset­zung, dieses Konzept umsetzen zu können, besteht darin, das Be­wusstsein dafür bei den Mitarbei­tern zu schaffen. Das ist nicht einfach, weil oft frühere Vorge­hensweisen auf den kopf gestellt werden, das ist auf den ersten Blick nicht einsichtig. Streb nennt als Beispiel die Einstückfertigung statt Losgrößen (die Losgrößen haben sich von 20.000 im Jahr 1999 auf 100 reduziert). Auch der Vorrang der kundenbezogene Fer­tigung satt Maschinenauslastung gehört dazu.

Mit dem Fokus auf der Supply Chain konnte Gigaset sich bisher eine gute Wettbewerbsposition sichern. In regelmäßigen Abstün­den führt das Management Ana­lysen durch, um zu ermitteln, ob es sich zumindest für bestimmte Typen nicht doch lohnen würde, die Fertigung zu verlagern. Bisher ist niemand in Versuchung ge­kommen, das zu tun. Streb geht davon aus dass das auch so blei­ben wird.


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