15. Elektroniktechnologie-Kolleg

Auftragsfertigung in Deutschland - so funktioniert’s

27. April 2012, 12:58 Uhr | Karin Zühlke
Produktionsinseln sind bei Zollner fester Bestandteil der atmenden Supply Chain.
© Zollner Elektronik

EMS-Dienstleistungen am »Höchstlohn« Standort Deutschland - wie rentiert sich das überhaupt? Dieser Frage gingen Johann Weber, Vorstandsvorsitzender von Zollner Elektronik, und Ralf Hess, Ingenieur beim EMS-Dienstleister Diehl Controls, in ihren Vorträgen auf dem 15. internationalen EE-Kolleg auf den Grund.

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»Bei der Realisierung dieses Projektes begleitet uns das Thema »NPI«, nicht nur in der Entwicklung sondern auch in der Produktion und im After Sales Service«, erklärt  Johann Weber, Vorstandsvorsitzender von Zollner Elektronik.
Johann Weber, Zollner Elektronik: »Es ist nicht unsere Aufgabe, die Zukunft vorauszusagen, sondern auf sie gut vorbereitet zu sein«

Der Markt für elektronischer Baugruppen wird laut dem ZVEI auch in diesem Jahr weiter zunehmen: global um etwa 4,5 Prozent. Das größte Plus dürfte mit 6,1 Prozent wieder Asien verbuchen. Ist die Auftragsfertigung in Deutschland also auf dem absteigenden Ast? Das ist mitnichten der Fall, wie die Vorträge der beiden EMS-Vertreter auf dem EE-Kolleg aus unterschiedlichen Perspektiven deutlich machen. Auch in Zahlen ausgedrückt, kann sich das Wachstum bei den elektronischen Baugruppen in Deutschland sehen lassen: Mit 4,2 Prozent Wachstum liegen wir hierzulande gut im globalen Durchschnitt. Nichtsdestotrotz: Wer Baugruppen in Deutschland fertigt, muss seine Prozesse und die Lieferkette sehr kostenbewusst steuern, damit die Standortvorteile wie kurze Wege, hohe Mitarbeiterqualifikation und die Nähe zu den F&E-Standorten der Kunden zum Tragen kommen.

Atmende Supply Chain

Den Königsweg für Electronics Manufacturing Services in Deutschland sieht Johann Weber in der transparenten und atmenden Supply Chain: »Der Markt gibt den Takt vor! - Eine intensive und erfahrene Marktbetrachtung, das richtige Gefühl für die Prognosen und eine gesamtheitliche Supply Chain sind deshalb unabdingbar«, erklärt der Vorstandsvorsitzende von Zollner Elektronik. »Wir müssen uns auf den Markt einstellen, denn den Markt werden wir nicht ändern.« Bekanntlich nehmen die zyklischen Schwankungen und die Peaks und Downs im Elektronikmarkt von Jahr zu Jahr zu. Genau darauf muss ein Auftragsfertiger schnell und flexibel reagieren können. Denn im Unterschied zum OEM ist ein Dienstleister solchen Marktschwankungen noch stärker ausgeliefert. Im Extremfall heißt das: Läuft es gut, lagern die OEMs ihre Fertigung aus. Läuft das Geschäft schlecht, werden die Aufträge storniert.

Wo fängt eine atmende Supply Chain an? Weber rät: »Beginnen Sie in Ihrer eigenen Produktion!« Ein bedarfsorientierter Wertschöpfungsprozess, der mit Hilfe von Wertstromanalysen ständig verbessert wird, ist laut Weber die Basis für eine atmende Lieferkette. Wichtig seien auch ein guter Informationsfluss und eine enge Kommunikation in der Lieferkette über alle Stufen der Wertschöpfung hinweg. »Es ist nicht unsere Aufgabe, die Zukunft vorauszusagen, sondern auf sie gut vorbereitet zu sein«, stellt Weber in seinem Vortrag klar. Damit das gelingt, sind laut Weber vor allem Partnerschaften in der Lieferkette entscheidend. Man müsse Synergien nutzen, um flexibel zu bleiben.

Und damit nimmt Weber unter dem Stichwort »gesamtheitlicher Wertstrom« seine Lieferanten und Kunden auch ein Stück weit mehr in die Pflicht: Es reiche nicht, wenn nur der EMS selbst Prozesse optimiert. Auch die Lieferkette hin zum Lieferanten - Hersteller und Distributoren - auf der einen Seite und Kunden auf der anderen Seite müsse man in den Optimierungsprozess mit einbeziehen. Nur so bekomme man als Ergebnis eine atmende Supply Chain. Und erst sie führt nach Ansicht von Weber zu einer Win-Win-Situation für alle Beteiligten der Lieferkette, und damit meint Weber nicht nur Lieferanten und Kunden, sondern auch die EMS-Mitarbeiter: Denn eine flexible Lieferkette führe auch weg vom klassischen monotonen Fertigungsarbeitsplatz, weil sich das Aufgabengebiet eines einzelnen Mitarbeiters deutlich erweitert: Dementsprechend werden die Mitarbeiter bei Zollner multifunktional in IPC-Schulungen ausgebildet, beispielsweise zu Themen wie »In-Circuit-Test in der Inselproduktion«.



  1. Auftragsfertigung in Deutschland - so funktioniert’s
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