Auch die für Ruggedized MicroTCA einzusetzenden Steckverbinder müssen die höheren Anforderungen bezüglich Schock- und Vibrationsfestigkeit erfüllen. Harting hat zusammen mit ept für diese Anforderungen den „MicroTCA con:card+“-Steckverbinder entwickelt (Bild 2). Die Guide-Spring im oberen Bereich des con:card+-Steckverbinders gleicht Toleranzabweichungen der AdvancedMC-Module aus, indem sie das Modul immer an die gegenüberliegende Wand drückt. Da diese Wand etwas in Richtung Mitte verschoben ist, ist der Steckbereich optimal auf das AdvancedMC-Modul angepasst, und die Stecksicherheit erhöht sich dadurch. Zusätzlich sichert die GuideSpring die Modulposition bei Schock und Vibration. Auf diese Weise werden Kontaktunterbrechungen vermieden, und dem Verschleiß der Oberflächen wird vorgebeugt. Außerdem wird bei diesen Steckverbindern eine Palladium/Nickeloberfläche (Pd/Ni) mit zusätzlichem Gold-Flash eingesetzt. Zusätzlich setzt Harting für die „con:card+“-Steckverbinder eine spezielle Legierung mit sehr geringer Relaxation als Kontaktmaterial ein. Durch das Einpressen der Steckverbinder wird eine gasdichte, korrosionssichere, niederohmige und hochwertige mechanische Verbindung zwischen dem Pin und der Durchkontaktierung der Leiterplatte erzeugt. Diese bleibt auch bei sehr hohen mechanischen und thermischen Belastungen wie Vibration, Biegung und häufigen Temperaturwechseln kontaktsicher und stabil. Dadurch wird eine um ca. 30 % verbesserte Verschleißfestigkeit erreicht. Pd/ Ni-Oberflächen bieten bereits bei geringen Schichtdicken eine qualitativ hochwertige und korrosionssichere Beschichtung, die weit besser als reines Gold die hohen Anforderungen an die Steckverbindung erfüllt.
Durchgeführte Tests entsprechend den Vorgaben aus der MicroTCA.1-Spezifikation zeigen die Zuverlässigkeit und Kontaktsicherheit der con:card+-Steckverbinder. Während der Vibrations- und Schockfestigkeitsprüfungen mit AdvancedMC-Modulen Typ 2, eingebaut in ein Testchassis mit ESDKontakten und Verriegelungssystemen von Schroff, ist keine Kontaktunterbrechung von mehr als 10 Ω/ 10 ns aufgetreten. Die anschließende visuelle Prüfung aller mechanischen Teile zeigte ebenfalls keine Beschädigungen, die die normale Funktion des Steckverbinders beeinträchtigen würden. Auch die Verriegelungssysteme der AdvancedMC-Module hielten der Belastung stand. Es trat keine Lockerung der Befestigungsschrauben während des Tests auf. Auch die Messung des Durchgangswiderstandes zeigte einen maximalen Anstieg von 2,2 mΩ.
MicroTCA-Systeme für den Ruggedized-Einsatz
Kontron bietet bereits MicroTCA-Systemlösungen für die Nutzung außerhalb des Telekommunikationsbereiches an, z.B. für die Industrieautomatisierung, die Medizintechnik, das Transportwesen und für militärische Zwecke. Hier bieten die AdvancedMC-Module ideale Voraussetzungen zur Realisierung von Multiprozessorsystemen mit hohem Datendurchsatz und geringer Latenzzeit. Die MicroTCA-Spezifikation definiert allerdings ein umfangreiches Shelf-Management, um den hohen Anforderungen der Telekommunikationsnetze gerecht zu werden – vor allem in Bezug auf die hier geforderte Redundanz zum Erreichen einer Verfügbarkeit von 99,999 %. Außerhalb des Telekommunikationsbereichs wird solch ein leistungsfähiges Management oft nicht benötigt und kann somit zur Kostenoptimierung auf ein Minimum reduziert werden. Im Gegenzug muss allerdings auf die erhöhten mechanischen Belastungen reagiert werden.
Bei den Einsatzmöglichkeiten von MicroTCA-Systemen (Bild 3) zeigen sich in der Industrieautomatisierung zwei wesentliche Trends: die Bildverarbeitung und die Vernetzung über Ethernet. Die Bildverarbeitung erfordert in aller Regel Multi-Prozessorsysteme mit hohem Durchsatz. Hier sind MicroTCA-Systeme den traditionellen Parallelbussystemen deutlich voraus. CompactPCI als etablierte Plattform ist in vielen Fällen ausreichend und bietet nach dem PICMG-Standard 2.16 auch die Möglichkeit zur Vernetzung über Ethernet, allerdings nur mit 6 HE Kartengröße. Bei Transportkapazitäten von 10 Gbit/s über 10 GbE oder SRIO sind MicroTCA-Systeme die bessere Wahl. Auch die serielle Variante von PCI, PCI-Express kann für die Software-Unterstützung von Vorteil sein, da hier das gleiche Betriebssystem und die gleiche Applikations-Software verwendet werden kann.
Eine weitere Einsatzmöglichkeit im industriellen Umfeld ist die Steuerung komplexer Bewegungsabläufe unter Echtzeit-Bedingungen. Sofern die Analyse von Messwerten und Vorgaben für Aktoren mehrere Prozessoren erfordert, sind MicroTCA-Systeme geeignete Kandidaten. Nach dem MicroTCAStandard lassen sich Systeme taktsynchronisieren – ein weiterer Vorteil dieser Architektur. Bezüglich Vibrationen ist ein solches Umfeld allerdings in aller Regel deutlich anspruchsvoller als für ein Telekommunikationssystem.