Worauf kommt es bei einem maßgeschneiderten Supply Chain Konzept an?
Ganz wichtig dabei ist das Risikomanagement, das in das jeweilige Supply Chain Konzept unbedingt mit einfließen muss. Dabei muss erst einmal mit dem Kunden geklärt werden, wo die kritischen Punkte liegen, ob bei der Technologie oder der Menge. Kritisch sind alle Komponenten, die nur bei einem Hersteller erhältlich sind.
Ein Kunde, der viele Spezialprodukte benötigt, braucht ein anderes Supply Chain Konzept, als jemand, der viele Standardprodukte und Commodities verbaut. Hier besteht die Gefahr, dass der Kunde pokert und abwartet, ob der Preis etwa in einem Monat noch mal runtergeht und seine Bestellung viel zu spät lanciert. Gerade im Commodity Bereich gab es während der letzten Allokation dementsprechend sehr starke Engpässe. Aber auch Aspekte wie der Produktlebenszyklus und das »End of Life/Last Time Buy« sollten mit berücksichtigt werden.
Mit einem ausgefeilten Supply Chain Konzept lassen sich also eklatante Engpässe, wie im letzten Jahr, vermeiden?
Eine Garantie können wir natürlich nicht geben, aber wir können optimieren. Dass eine Lieferkette funktioniert, hat viel mit Verantwortung zu tun: Wir müssen diese Verantwortung in der Kette gerecht verteilen. Wir können dabei helfen, dass die Lieferkette besser funktioniert, aber umdenken müssen die Kunden natürlich auch ein Stück weit selber. Wie ich schon vorher gesagt habe, die Denkweise muss sich ändern.
Ein Kunde landet beim Distributor klassischerweise ja erst einmal beim Vertrieb und nicht in der Supply Chain Abteilung. Wie kommt die Verbindung mit dem Supply-Chain-Management dann überhaupt zustande?
Wir haben unsere Vertriebsmitarbeiter intensiv trainiert, damit auch sie ein besseres Verständnis für die Supply Chain entwickeln und ein Gefühl dafür bekommen, welcher Kunde Supply-Chain-Unterstützung benötigt und welches unserer Module zu dem Kunden passen könnte. Schon unsere Vertriebsmitarbeiter müssen erkennen können, wo Bedarf für ein Supply Chain Programm besteht. Dann erst kommt mein Team ins Spiel.
Die Lieferzeiten haben sich inzwischen wieder auf ein normales Maß eingependelt. Hat damit auch das Interesse der Kunden am Supply Chain Management nachgelassen?
Im Gegenteil: Das Thema beschäftigt die Kunden nach wie vor sehr. Mein Team ist jedenfalls sehr eingespannt und viel unterwegs bei den Kunden vor Ort.
Immer wenn sich der Markt verändert, dann sind die Kunden sehr aktiv: Dann geht es darum, wie man den Bedarf am besten steuern kann, damit nicht zu viel auf Lager ist.
Wie äußern sich diese Marktveränderungen?
Wir sind derzeit in einer Marktkorrekturphase. Die Japan-Katastrophe liegt hinter uns und die Wirtschaft ist global nicht so berauschend. Außerdem sind die Lieferzeiten zurückgegangen. Unser Q1/2012 ist etwas schwächer ausgefallen als Q4/2011. Da sind wir aber keine Ausnahme, bei anderen Distributoren verhält sich das ähnlich, wie Sie sicher den Nachrichtendiensten entnehmen konnten.
Die aktuellen Marktveränderungen könnten sehr schnell wieder den alten Teufelskreis in Schwung bringen aus sinkender Nachfrage, stornierten Bestellungen, zu wenig Material auf Lager, etc. Hat die Lieferkette aus der Vergangenheit gelernt oder dreht sich die Spirale von Neuem?
Die Akteure in der Lieferkette haben definitiv gelernt aus den Erfahrungen der letzten Jahre. Wenn man überlegt, wie groß die Probleme während bzw. nach der dot.com Krise 2000/2002 waren, dann haben wir schon in der letzten Krise 2009/2010 alles besser bewerkstelligt. Natürlich waren die Ausschläge extrem von 0 auf 100 und wieder zurück. Wir müssen alle aus den Fehlern und Erfahrungen lernen, um Schritt für Schritt besser zu werden.
Nehmen wir das Beispiel der Japan-Katastrophe: Wir hatten Kunden, die sich große Sorgen um ihre Bestellungen gemacht haben und auch Hersteller die Probleme hatten. Aber im Großen und Ganzen haben wir sehr gut miteinander kommuniziert, um die Situation in den Griff zu bekommen. Die Lieferkette hat reagiert, es hat keinen großen Crash gegeben. Daran sehen Sie doch, dass wir uns bewegen und lernen!
Das Interview führte Karin Zühlke