Aber nicht nur der Katalogdistributor hilft bei Kleinmengen weiter, auch Spezialdistributoren zeigen sich hier oft sehr kulant, wie Oliver Block erklärt, Marketing Manager von setron: »Der Fertigungsdienstleister braucht einen Logistikpartner, der auch Kleinmengen liefern kann und will. Wir liefern auch kleinste Mengen ohne große Preisaufschläge.« setron hat vor einigen Jahren ein spezielles Salesteam für die EMS-Kunden ins Leben gerufen, das auf die Bedürfnisse des Elektronik-Dienstleistungsbereichs zugeschnitten ist. »In diesem Vertriebsbereich stehen weniger die technischen Aspekte, sondern mehr die kaufmännischen und logistischen Qualitäten im Vordergrund«, so Block. Gibt es im Design-in-Bereich bei setron je Außendienstmitarbeiter einen Innendienstmitarbeiter, so ist das Verhältnis für EMS-Kunden im Schnitt 1:3, »weil deutlich aufwändigere Anfragen mit großen Stücklisten und Jahresrahmenverhandlungen und ähnliche Anforderungen zu bearbeiten sind«, erklärt der Marketing-Manager. »Wir kennen die Probleme bei der Beschaffung der Ware für Prototypen und Nullserien und helfen, so gut es geht, mit Kleinmengen.« Wie die Verflechtung zwischen dem EMS-Kunden und setron im Detail aussieht, ist laut Block von Kunde zu Kunde verschieden: »Wir bedienen z.B. Kunden mit Design-in in Deutschland, Fertigung in Polen und China und Rechnungsadresse in Belgien.«
»Transparente, marktkonforme Preise sind ein Muss«
Wer Teile der Produktion und immer öfter auch Entwicklungsdienstleistungen an einen EMS-Anbieter auslagert, verspricht sich davon selbstverständlich gewisse Marktvorteile. Einer der wichtigsten Faktoren für den OEM ist dabei, die Gesamtkosten zu reduzieren. Umso härter ist der Preisdruck für den EMS. Und das bekommen die Volumendistributoren in Preisgesprächen mit Anbietern von Electronic Manufacturing Services mitunter äußerst schmerzhaft zu spüren, »obwohl eigentlich jedem Einkäufer klar sein müsste, dass sich mit den vom Distributionspartner geforderten Logistik- und Serviceleistungen keine asiatischen Spotmarktpreise realisieren lassen«, gibt Thomas Klein, Geschäftsleitung Distribution der MSC-Gleichmann-Gruppe, zu bedenken. »Transparente, marktkonforme Preise sind im EMS-Umfeld ein absolutes Muss, genauso ein Höchstmaß an Flexibilität und technischem Support. Nur dann hat man als Distributor eine reelle Chance, in diesem Kundensegment auch langfristige Partnerschaften aufzubauen.«
Die Kunden aus dem EMS-Bereich erwarten und benötigen nach den Worten von Rössel zudem eine sehr schnelle Preisfindung, so dass kaum Raum für langwierige Verhandlungen gegeben ist. »Preisstabilität von mindestens einem Jahr sowie Euro-Festpreise sind weitere Aspekte, die für diesen Kundenstamm wichtig sind.« Typischerweise läuft das stark projektgetriebene Geschäft der EMS-Kunden laut Braun über klassische Ausschreibungen, »in denen dann die besten Konditionen in Kombination mit bestimmten Anforderungen aus dem Leistungsspektrum der Distributoren ausschlaggebend sind. Dabei sind individuelle Logistikmodelle genauso wichtig wie schnelle Antwortzeiten.« So bietet Rutronik laut Aussage von Vertriebsleiter Manfred Machner die Möglichkeit, Preisvereinbarungen weltweit abzuschließen; die einzelnen EMS-Standorte werden aber trotzdem dezentral beliefert, und die Abrechnung erfolgt in der jeweiligen Landeswährung.
Wie haben die Volumendistributoren die Kundenbetreuung für die EMS-Klientel organisiert? Über ein eigenes Vertriebsteam für EMS-Kunden verfügen nur wenige Volumendistributoren, aber durch die personelle Stärke ihrer Vertriebsteams gehört die individuelle Kundenbetreuung sowieso zum Standard. Viel wichtiger als ein eigenes zentralisiertes Team ist die lokale Nähe, ist Weigel überzeugt. »So können wir sicherstellen, dass ein Mitarbeiter die komplette Projektarbeit bis zum Endkunden koordiniert und wir die komplette Design- und Supply-Chain begleiten können. Unsere Vertriebsmitarbeiter sind alle intensiv auf die speziellen Bedürfnisse der Elektronikfertigung und Bestückungskunden geschult und kennen die Prozesse aus dem FF.« Außerdem, so Stephan Hubert, »arbeiten wir sehr eng mit Bestückern und Endkunden gemeinsam an Projekten, so dass es keine Notwendigkeit gibt, diesen Bereich über eine eigene Organisation zu betreuen«. EBV achtet außerdem darauf, Kunden, die einen EMS suchen, gleich mit dem passenden Fertigungsdienstleister zusammenzubringen, der über Zertifizierungen und Erfahrungen in diesem Bereich verfügt. Mit einem eigenen Vertriebsbereich für EMS hingegen haben sich zum Beispiel Rutronik und Avnet Memec aufgestellt: »So stellen wir sicher, dass wir diesen Bereich auch optimal betreuen«, erklärt Rössel.
Logistik-Services an erster Stelle
Auch wenn die Anfragen nach Entwicklungsunterstützung durch den EMS zunehmen, liegt der Servicebedarf der EMS-Firmen vor allem in der Logistik. Hier können die Volumendistributoren aus dem Vollen schöpfen: Ob Just-in-Time, Kanban, Konsignationsläger, Forecast-Management, C-Teile-Management oder EDI: Das Angebot lässt hier durch die Bank keine Wünsche offen. Allerdings setzen viele EMS noch kein EDI ein, sondern kundenspezifische Tools. Entscheidend ist in jedem Fall, dass der Distributor schnell auf Bedarfsschwankungen reagiert und die Versorgung sicherstellt.