Die EU-Richtlinien zur Energieeffizienz von Endgeräten sind einer der Haupttreiber für die Blüte der klassischen Leistungselektronik und des Powermanagements. Für die Beratung ist der Distributor die erste Adresse.
»Viele Kunden haben hier großen Beratungsbedarf, der sie zum Distributor führt«, erklärt Thomas Silzer, Business Development Manager Central Europe von Future.
Im Zuge dessen stärken auch die Bauelemente-Hersteller ihren Vertrieb über die Distribution – sowohl für die Leistungselektronik als auch für Powermanagement-ICs. Davon profitieren nicht nur die großen Distributoren, erklärt Wiho Herkenhoff, Manager Marketing des Spezialdistributors MEV: »Immer mehr namhafte Hersteller setzen beim Powermanagement in ihrem Distributionsnetz auch auf die Spezialisten. Es wird genau analysiert, welcher Distributor wie viele Design-Wins hat.« Und da könne ein Spezialist wie MEV gegenüber einem Broadliner durchaus punkten, so Herkenhoff. Mittlerweile hat MEV z.B. auch die Siliziumkarbid-Technologie von Cree und die Powermanagement-ICs von Micrel im Portfolio und betreibt sogar ein eigenes Power-Labor.
Obwohl längst in der »Milliardenriege« angekommen, zählt sich auch Silica zu den Spezialisten und bietet mit die umfangreichste Linecard für Powermanagement-Produkte. Im April startete die Avnet-Tochter mit »Power’n More« eine groß angelegte Initiative, um sich als der kompetenteste Power-Experte in Europa zu positionieren. 14 spezialisierte FAEs hat der Distributor im Rahmen der Initiative intensiv zum Thema trainiert. Sie können auf fünf Power-Labore zurückgreifen, die Silica im Laufe des Jahres eröffnen will. Unterstützt wird die Silica-Initiative von den Herstellern Analog Devices, Diodes, Infineon, International Rectifier, Maxim Integrated, Microchip, NXP, ON Semiconductor, Renesas, Rohm, STMicroelectronics und Texas Instruments.
Renaissance der Leistungselektronik
»Eine Renaissance der klassischen Leistungselektronik«, beobachtet Harald Kasteleiner, Section Manager Power Division von Glyn. Die Leistungselektronik zählt schon seit den Anfängen der gemeinsamen Partnerschaft von Toshiba und Glyn zur Einführung der ersten IGBTs von Toshiba vor 25 Jahren zu den Schwerpunkten des Idsteiner Spezialdistributors. »Wir beobachten, dass immer mehr Distributoren auf dieses Pferd setzen, aber die Expertise lässt sich nicht von heute auf morgen erlernen«, so Kasteleiner. Zur Spezialität von Glyn zählen die Demoboards aus der eigenen Entwicklungsschmiede, die Glyn auch für den Einstieg in die Leistungselektronik anbietet. Vorteile haben diese Eigenentwicklungen nicht nur für den Kunden, weil er einen herstellerunabhängigen Referenzaufbau bekommt, sondern auch für Glyn selbst: »Im Zuge der Entwicklung von Demoboards müssen wir uns sehr intensiv mit dem Bauteil auseinandersetzen – was wiederum dem Kunden in der Beratung zugute kommt.«
Dass neben dem Powermanagement auch die die Bedeutung der Leistungshalbleiter immer mehr in den Fokus der Hersteller und Distributoren rückt, hat auch kommerzielle Gründe: »Bis zu 70 Prozent der Bill-of-Material entfallen auf die Leistungshalbleiter«, fasst Gabriel Meier, Business Development Manager von Avnet Memec, zusammen. Ein Hauptfokus von Avnet Memec liegt auf der Analogtechnik, aber die Leistungselektronik hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Für jede Produktgruppe gibt es nur einen oder zwei Hersteller. Die Zusammenarbeit mit den Herstellern ist dafür aber umso intensiver, was diese sehr zu schätzen wissen: »Die konzentrierte Linecard von Avnet Memec gibt uns die Möglichkeit, intensiver mit den Kunden zusammenzuarbeiten, und wir haben natürlich Vorteile, wenn wir nicht mit zwei oder drei weiteren Herstellern auf der Linecard des Distributors in Konkurrenz treten müssen«, schildert Steffen Hering, Senior Engineer Power Devices der Industrial Communication Business Group von Renesas.
Nicht außer Acht lassen sollte der Kunde nach Ansicht von Andreas Mangler, Director Strategic Marketing von Rutronik, in diesem Zusammenhang die passiven und elektromechanischen Bauelemente: Viele Distributoren profilieren sich hauptsächlich durch ihre Halbleiter-Linecard, können also nur partielle Insellösungen liefern. »Unsere Domänen sind auch die passiven Bauteile und die Elektromechanik«, erklärt Mangler, »aber vor allem die gesamte Palette der Leistungshalbleiter.« Warum dieser Ansatz Sinn macht, beschreibt Andreas Mangler am Beispiel einer Vollbrückensteuerung beziehungsweise -Regelung eines DC-Antriebes: »Ohne passendes Netzwerk aus Folien-Kondensator, Widerstand und Leistungsdiode sowie schaltfester DC-Link-Kondensatoren und dem passenden Leistungssteckverbinder funktioniert die ganze Schaltung nicht. Unser Ansatz ist deshalb die Komplettlösung.«
SiC: Höchst effizient, aber noch teuer
Kontrovers diskutiert wird nach wie vor die Rolle der Schalter auf Siliziumkarbid-Basis (SiC): Sie sind eine gute Kombination aus Ohmscher Vorwärts- und Rückwärts-Charakteristik, extrem niedrigen Schaltverlusten und einer sehr guten integrierten Body-Diode. »MOSFETs mit bis zu 1700 V Schaltspannung und 40 mΩ Eingangswiderstand kommen dem idealen Schalter bereits sehr nahe, wobei es sicher noch deutlich höhere Schaltspannungen geben wird«, gibt Theo Goertz zu bedenken, Marketing Manager Analog & Power von MSC. »Das größte Hindernis für eine breitere Marktakzeptanz ist definitiv noch der Preis: Ein typischer High-Power-MOSFET kostet heute zwischen 2 und 2,50 Euro, bei SiC-basierten Leistungshalbleitern hingegen reden wir je nach Leistung von 20 Euro und mehr.« Dabei erweise sich die Fixierung auf den Preis einzelner Komponenten auch hier bei genauerer Betrachtung nicht selten als Milchmädchenrechnung, so Goertz: »Entscheidend für eine reelle Kostenkalkulation ist letztlich der Vorteil für die gesamte Applikation. Und da wird kaum ein Weg an Sic vorbeiführen.«