Glyn hat seine europäische Präsenz in den letzten Jahren kräftig ausgebaut und in Wachstumsbereiche wie Displays und Wireless investiert. Trotzdem sei Jubel über das Ende der Durststrecke verführt, so Geschäftsführer Thomas Gerhardt im Interview.
Markt&Technik: Lassen sich die Umsatzrückgänge in den Hauptmärkten durch Aktivitäten in nach wie vor wachsenden Nischensegmenten halbwegs kompensieren?
Thomas Gerhardt: Es gibt zwar einige wenige Industriezweige, die nicht oder geringer betroffen sind. Zum Beispiel ist die Medizintechnik nicht in der Krise und auch die Solartechnik wächst etwas langsamer, aber sie wächst. Das alleine reicht jedoch nicht aus, um die Gesamtumsätze zu halten. Schon gar nicht, wenn man eine gewisse Größe erreicht und somit in allen anderen Segmenten wie Automotive, Maschinenbau etc. aktiv ist. Wenn man sich nur auf einen Bereich fokussiert hat, der auch in der aktuellen Situation noch wächst, z.B. weil der Markt erst entsteht, hat man gewonnen. Aber das ist ungefähr so wie beim Roulette-Spiel: Während fast alle verlieren, gibts immer auch einen der zufällig auf die richtige Zahl gesetzt hat. Aber ich denke wir befinden uns in guter Gesellschaft. Der Rückgang unseres Umsatzes bewegt sich in etwa auf Marktniveau. Wenn der Seepegel sinkt, gehen alle Boote runter.
Mit welchen Strategien und Maßnahmen steuern sie gegen?
Wir haben das Glück des Tüchtigen über ein sehr gutes Eigenkapital zu verfügen. Daher konnten und können wir in Ruhe überlegen wie wir reagieren. Bislang haben wir uns entschieden lieber zu sparen und unsere Liquiditätsposition weiter zu verbessern als einschneidend Personal abzubauen. Wir haben Lager reduziert, insbesondere Slow-Mover. High-Runner oder Artikel, die von vorausschauenden Kunden langfristig und fest bestellt sind, haben wir weiterhin in ausreichender Menge vorrätig. Der Aufwand für Messen und Printmailings wurde zurückgefahren. Verträge mit Lieferanten verschiedener Services und Gebrauchsmaterialen wurden neu verhandelt, etc.
Unsere Stärke liegt in unserem erstklassigen technischen und kaufmännischen Support. Da werden wir ohne Not keine Abstriche machen. Vom Erstkontakt bis zur Serienbelieferung liegen im Schnitt viele Jahre. Jetzt beim Design-In zu sparen bedeutet weniger Umsatz in der Zukunft. Fürs Design-In braucht Glyn qualifizierte Mitarbeiter.
Die laufenden Projekte sind ja nicht weniger geworden. Die Kunden bestellen im Moment einfach geringere Mengen. Das deckt vielleicht noch die Abwicklungskosten. Bei den Kosten für die Designs der Zukunft wird es da schon schwieriger. Da sparen wir aber noch nicht. Wenn Sie so wollen, haben wir aktuell ein riesiges Investitionsprogramm laufen. Wir investieren in Manpower für die Zukunft.
Wird in den Firmen fleißig weiter entwickelt?
Nach der »Embedded World« hatten wir diesen Eindruck. Mittlerweile sehe ich das aber differenzierter. Natürlich geht das Leben in den Entwicklungsabteilungen weiter. Daher gibt es dort nach wie vor viel für uns zu tun. Wir hören aber auch von Projektverschiebungen, Investitionsstopps und Ressourcenengpässen wegen Entlassungen oder Kurzarbeit. Ebenfalls stellen wir fest, dass einige Projekte dazu dienen die Kosten zu senken. Das eröffnet Chancen, kann aber auch riskant sein.
Je nachdem auf welcher Seite Sie stehen. Soll Ihr Produkt ersetzt werden oder sollen Sie ein anderes ersetzen? Positiv zu erwähnen sind die sehr innovativen Firmen, die jetzt schnell neue Produkte bringen wollen. Daher arbeiten sie mit Hochdruck an neuen Designs. Abkündigungen sind ebenfalls ein großes Thema. Alle Hersteller sind gezwungen zu sparen und ihr Portfolio zu bereinigen, zum Teil sogar sehr kurzfristig. Diese Bauteile müssen ersetzt werden. Es ist deshalb umso wichtiger, stetig in den Entwicklungsabteilungen präsent zu sein und diesen auch einen attraktiven Nutzen anzubieten. Damit fahren wir ungebremst fort, soviel ist sicher.