Abspecken und Verschlanken lauten weitere Anforderungen an ein Fahrzeugnetzwerk. Eine Antwort darauf ist, die Zahl der Mikrocontroller im System auf ein Minimum zu reduzieren und die Steuerung zentral auszuführen. Diese Art der Fernsteuerung erlaubt es, die Mikrocontroller und Speicher zu reduzieren, weil sie in Peripheriegeräten entfallen können. Statt eines Mikrocontrollers in jedem Knoten lassen sich diese ferngeregelt von einem zentralen Mikrocontroller in der Head Unit steuern. Der Verzicht auf weitere Mikrocontroller und Speicher reduziert die Systemkosten. Sitzt die gesamte Steuerung in der Head Unit, vereinfacht sich zudem der Entwicklungsprozess, weil nur eine Software entwickelt werden muss. Verstärker und Displays laufen ohne eigene Mikrocontroller und lokale Software. Diese Gerätearchitektur senkt die Kosten seitens der ferngesteuerten Geräte und unterstützt die Optimierung in den Bereichen der Systempartitionierung, des Platzbedarfs auf den Leiterplatten oder der Verlustleistung in den Geräten.
Typische Beispiele für Peripheriegeräte: Kameras, Rear-Seat-Entertainment-Geräte, zusätzliche Ein- und Ausgänge und Displays. Diese superschlanke Gerätearchitektur ist in dieser Form nur mit einem Netzwerk wie MOST möglich, weil hier Audio- und Video-Daten auf eigenen Kanälen mit Hilfe von effizienten Data Engines direkt an die entsprechenden Schnittstellen der Codecs und DSPs angeliefert werden.
Streaming in Echtzeit
Für die Fahrerassistenz sind zum Beispiel bis zu acht Rundumsicht-Kameras in Sterntopologie über Koaxialkabel an den zentralen Knoten angebunden. Der Ansatz des Mehrkanalnetzwerks von MOST mit inhärenter Synchronizität eignet sich für Fahrerassistenz, weil der strenge Echtzeit-Determinismus und die niedrige Latenz von 10 ms, flexible Topologien, hohe Bandbreiten, Sicherheitsaspekte, Robustheit und ein hoher Reifegrad gewährleistet sind. Das 360-Grad-Draufsicht-System nutzt Kameras mit hohem Dynamikumfang bei kleinem Platzbedarf. Die Kameras benötigen dank der Fernsteuerungsfunktion keinen Mikrocontroller. Der Multiport-Netzwerkschnittstellen-Controller in der Zentraleinheit weist jedem Zweig die echte, volle Bandbreite zu. Die einzelnen Zweige können sich in jeglicher Topologie zusammensetzen. Zudem lassen sich die Äste im laufenden Betrieb verbinden oder trennen, ohne den Datenstrom im Hauptsystem zu beeinflussen.
Sendet man einen Videostrom von der Kamera zum Verarbeitungsgerät, fließt eine große Datenmenge während einer längeren Zeitspanne. Besonders für die Fahrerassistenz darf dieser kontinuierliche Datenfluss nicht unterbrochen oder verzögert werden. MOST ermöglicht die Übertragung von Datenströmen mit garantierter Bandbreite und Latenz, die die Multiplex-Architektur inhärent bereitstellt. Es sind keine weiteren Kommunikationsprozessoren und Adressinformationen nötig. Auch müssen die Daten nicht in Pakete aufgebrochen und untersucht werden, wenn sie auf ihrer Route durch ein Gerät laufen. Entsprechend den Sicherheitsanforderungen liefert MOST die Videoströme mit geringer Latenz und Zufallsunabhängigkeit im ganzen System.
Kalkulierbar und vorhersehbar
Die steigende Anzahl von Datenströmen zwischen Infotainment- und Fahrerassistenzmodulen, Displays, Kameras und Gateways sowie die Sicherheitsanforderungen durch Fahrerassistenz- oder Fahrerinformationssysteme stellen eine große Herausforderung für die Planung eines vernetzten Systems und dessen Verifizierung dar. Die Verifizierung des Bandbreitenbedarfs und der Übertragungssicherheit ist bei paketorientierten Systemen meist nur mit statischen Methoden zu bewältigen, wobei eine gewisse Restunsicherheit bleibt. MOST-Netzwerke sind dagegen „Engineered Networks“, bei denen die komplette Bandbreiten- und Verbindungsplanung zu Design Time erfolgen kann. Durch den Multikanal-Ansatz sind geplante Bandbreiten garantiert und reproduzierbar. Für die Absicherung der Bandbreiten und Verbindungen sind keine Runtime-Untersuchungen oder Simulationen notwendig. Auch Kontrolldaten mit Echtzeitanspruch verfügen über einen eigenen Kanal, der völlig unabhängig und unbeeinflusst von Streaming-Daten und Lastspitzen auf dem Paketkanal eine verlässliche Bandbreite und ein kalkulierbares Übertragungskanalverhalten sicherstellt. Durch das Konzept der unabhängigen Datenkanäle ist außerdem gewährleistet, dass das Verhalten des MOST-Ethernet-Kanals nicht durch aufgesetzte Mechanismen zur Zeitsynchronisierung oder zur Verbesserung des Echtzeitverhaltens verfälscht wird.