Marder versus Auto

Knabbern für Forschung und Autoindustrie

4. September 2017, 13:49 Uhr | Von Peer Körner, dpa
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Ist Knabbern eine Frage des Geschlechts?

Für Parlow zeichnet sich ein anderes Ergebnis ab: »Ich gehe davon aus, dass sich am Ende kaum große Unterschiede zwischen den Geschlechtern ergeben werden«, verrät sie schon jetzt. Außerdem hat sie festgestellt: »Je kleiner der Durchmesser, desto verlockender ist der Schlauch für die Marder.« Das optimale Material werde noch gesucht. »Metallgeflecht kriegen sie nicht kaputt, das ist aber kostspielig

Aber warum beißen Marder überhaupt in Kabel und Schläuche? »Schuld ist vor allem das Revierverhalten«, erklärt Krüger das zerstörerische Werk der Allesfresser. Das Auto bewege sich durch verschiedene Reviere und nehme so den Duft von Rivalen auf. Zu Hause am Abstellplatz kommen dann die dortigen Steinmarder und beißen in Zündkabel, Kühlwasserschläuche und Stromleitungen. »Aber auch Neugier und Spieltrieb sind Faktoren«, sagt Krüger. »Manchmal ist ein Kabel auch schlicht im Weg.«

Die Knabberei sei für die Marder ungefährlich, betont Krüger, sie schluckten das Material nur sehr selten. »Was wir Menschen mit den Händen begreifen, machen sie mit den Zähnen«, erklärt er. Und so nagen Kate und William für Forschung und Industrie, für Autobesitzer und Versicherer – und sie haben Erfahrung. »Die beiden sind seit sechs Jahren im Otter-Zentrum«, berichtet Krüger über die nach dem britischen Prinzen und seiner Frau benannten Tiere. »Das sind zwei Findelkinder, die wir mit der Flasche aufgezogen haben.«

Doch nicht nur die royalen Marder hat Parlow eingespannt. »An meinen Untersuchungen sind noch fünf weitere Tierparks beteiligt«, berichtet sie. So sind auch Fred und Wilma im schleswig-holsteinischen Eekholt im Einsatz, wie das Hamburger Abendblatt kürzlich berichtete.

Die Marderabwehr wird auch wegen neuer Antriebsarten immer wichtiger: »Bei Elektroautos reicht ein Biss«, betont Krüger. »Dann kann Wasser eindringen und das Auto schaltet sich automatisch aus. Dabei können Schäden von mehreren tausend Euro entstehen.« Hilfreich sei die Ummantelung wichtiger Kabel und Leitungen oder eine Abschottung des Motorraums, heißt es beim ADAC in München. Keine Wirkung hätten hingegen Hausmittel wie Hundehaare, Mottenkugeln oder WC-Steine. »Die Tricks mit fremden Duftstoffen bringen bestenfalls kurzfristig Abhilfe, die Tiere gewöhnen sich schnell daran«, meint auch Krüger. »Am ehesten helfen noch menschliche Gerüche, etwa alte Socken

Während die Steinmarder in den anderen Wildparks in einigen Monaten ihre wissenschaftliche Knabberei einstellen werden, geht es für Kate und William weiter. Auch Susann Parlow will dabeibleiben, sie ist von ihrer Aufgabe begeistert. »Ich würde gern in der Richtung weiterforschen«, sagt sie. Eine Arbeit, die Millionen sparen kann.

Was neugierige Marder anrichten können, hat sich im vergangenen Jahr in Genf gezeigt. Dort legte ein Steinmarder vorübergehend den größten Teilchenbeschleuniger der Welt lahm. Das Raubtier war in die unterirdische Riesenmaschine des Europäischen Kernforschungszentrums (Cern) eingedrungen und löste dort einen Kurzschluss aus. Der Marder überlebte den Ausflug in einen Transformator mit 66 000 V nicht, seine Überreste kamen in ein naturhistorisches Museum.


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