Bürstenlose Gleichstrommotoren:

Elektromotoren ohne Sensoren steuern

9. März 2010, 12:51 Uhr | Dipl.-Ing. Dirk Leman
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Schnelle Drehzahl- und Lastwechsel

Bei einem mechanischen rücklauflosen Kraftstofffördersystem bedarf es bezüglich der Durchflussrate einer gewissen Reserve. Bei dieser Anwendung entfällt das Überströmventil, so dass sich hier ein niedrigerer Kraftstoffverbrauch erzielen lässt. Das Motor- Steuergerät (ECU) ruft – gestützt auf das Signal eines Drucksensors in der Kraftstoffleitung – die erforderliche Durchflussrate bei der Kraftstoffpumpen- Elektronik ab. Die entsprechenden Pumpen müssen daher eine dementsprechend geringe Trägheit aufweisen, um die Durchflussraten sehr schnell variieren zu können. Ähnlich verhält es sich bei Wasserpumpen, da diese plötzlichen Laständerungen infolge von Luftblasen, Eis usw. standhalten müssen. Kommt es zu solch einem schnellen Anstieg bzw. Abfall der Drehzahl oder treten plötzliche Druckänderungen auf, kann es passieren, dass der Nulldurchgang der Gegen-EMK nicht mehr in das messbare Fenster fällt. Der MLX81200 misst die Phasenspannungen und extrahiert hieraus die Lage des Nulldurchgangs, wodurch eine sichere Erfassung der Nulldurchgänge auch dann gewährleistet ist, wenn sich diese nicht im messbaren Fenster befinden.

Großer Dynamikbereich

Es hat sich erwiesen, dass Wasserpumpen, die an den Bedarf angepasst arbeiten, einen der größten Beiträge zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs leisten und auf 100 km nicht weniger als 7g CO2 einsparen können. Nach dem Kaltstart muss die Wasserpumpe mit sehr niedriger Drehzahl arbeiten, um die wenige anfallende Wärme gleichmäßig zu verteilen. Arbeitet der Motor dagegen mit höchster Leistung, wird derselben Wasserpumpe die maximale Durchflussrate abverlangt. Bei konventionellen Motoren, deren Wasserpumpen vom Keilriemen angetrieben wurden, war eine Überdimensionierung der Wasserkanäle notwendig, um den Wasserdruck bei hohen Motordrehzahlen nicht übermäßig ansteigen zu lassen. Entsprechend kompakter und leichter lässt sich ein Motor konzipieren, der für den Betrieb mit einer bedarfsgerecht arbeitenden Wasserpumpe ausgelegt ist. Damit ein robuster Betrieb bei sehr niedrigen Drehzahlen sichergestellt ist, integriert der Motorregler von Melexis die Gegen-EMK mithilfe von Phasenintegratoren. Bei niedrigen Drehzahlen bewirkt die Spannungs-Integration eine Verstärkung des Gegen- EMK-Signals, während jegliche Schaltstörungen ausgefiltert werden.

In der Regel lässt die Anwendung von Phasenintegratoren eine Herabsetzung der Mindest-Motordrehzahl um den Faktor 2 bis 4 zu. Bei Drehzahlen in der Nähe des Maximums wiederum lässt sich der Nulldurchgang durch den Flyback-Impuls verdecken. Komparatorbasierte Technologien können hier die exakte Lage des Nulldurchgangs höchstens „erraten“, was das maximale Drehmoment begrenzt und die Welligkeit des Drehmoments erhöht. Durch Messen der Phasenspannung lässt sich die Lage des Nulldurchgangs dagegen präzise extrapolieren. Unter Ausnahmebedingungen, etwa wenn die Wasserpumpe mit maximaler Leistung arbeitet, kommt es weniger auf die Effizienz an. In diesem Fall erlauben Phasenintegratoren eine weitere Steigerung der Motordrehzahl, indem der Voreilwinkel auf Kosten der Motoreffizienz erhöht wird, ohne eine etwaige Maskierung durch den Flyback- Impuls zu berücksichtigen.

Da die sensorlose TruSense-Technologie nicht von der Breite des Gegen- EMK-Messfensters abhängig ist, um eine sichere Erkennung des Nulldurchgangs zu gewährleisten, lässt sich die maximale Motordrehzahl auch durch eine Überlappung der Motorzustände erhöhen. Die Überlappungen werden vorzugsweise als so genannte Trapez-Kommutierung mit stetigen Übergängen realisiert, um die Drehmoment- Welligkeit, die eräuschentwicklung und die leitungsgebundenen Störaussendungen zu verringern. Sollte die Lärmentwicklung das kritische Design-Kriterium sein, lässt sich die TruSense-Technologie auch im reinen Sinusbetrieb oder mit der PMSM-Motorregelung anwenden. Wenn im Auto zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs immer mehr Elektromotoren zum Einsatz kommen, erhöht sich zwangsläufig die elektrische Belastung der Fahrzeugbatterie. Da es wünschenswert ist, diese Belastung zu minimieren, ist jede Möglichkeit zur Senkung der Mindestdrehzahl höchst willkommen. Das Verhältnis zwischen Mindest- und Höchstdrehzahl (RPMmin/RPMmax) wird als Dynamikbereich bezeichnet. Im Fall eines Kraftstoffpumpen-Antriebs war es mithilfe der TruSense-Funktionen möglich, den Dynamikbereich auf 5 % (400 min–1/8000 min–1) zu reduzieren, während er bei der Lösung auf Basis eines Standard-DSP 22 % beträgt (1800 min–1/8000 min–1).

Druckregelung

Hydrauliksysteme nutzen die Regeleigenschaften von BLDC-Motoren noch weiter aus. Eine entscheidende Herausforderung bei der Realisierung von Hydraulikpumpen besteht darin, über einen weiten Lastbereich hinweg für ein verlässliches und schnelles Anlaufverhalten zu sorgen. Eine 500-WHydraulikpumpe für ein Getriebe sollte beispielsweise in weniger als 50 ms einen Druck von 12 bar aufbauen – und zwar bei –40°C mit zähflüssigem Fett ebenso wie bei maximaler Motortemperatur und dünnflüssigem Öl.

Positionierungs-Applikationen

Durch Kombination der Reluktanz-Erfassung bei niedrigen Drehzahlen mit der Gegen-EMK-Erfassung bei hohen Drehzahlen lässt sich mit sensorlosen BLDC-Motorreglern die Rotorposition robust erfassen – über den gesamten Drehzahlbereich und unabhängig von der anstehenden Last. Nicht nur in Lüfter- und Pumpenantrieben, sondern auch in Positionierungs-Anwendungen kommt die sensorlose Technik zunehmend zum Einsatz. Hierfür hat Melexis beispielsweise ein ASIC entwickelt, das die sensorlose Sinus-Ansteuerung für geräuscharme Klappenbetätigungen mit LIN-Bus-Schnittstelle zum Einsatz in Heizungs-, Lüftungsund Klimaanlagen nutzt. Im Gegensatz zu diesen, durch eher niedrige Drehzahlen gekennzeichneten Klappenantrieben sind Computer-Steuerungen für Doppelkupplungs-Getriebe (DKG) und automatisierte Schaltgetriebe am anderen Ende des Spektrums einzuordnen. Erste Prototyp-Lösungen nutzten sensorbasierte BLDC-Vortreiber, die von der Getriebesteuerung angesteuert wurden. Die Rückführung der Sensorinformationen aus den dezentral angeordneten BLDC-Motoren in die Getriebesteuerung erfordert bis zu zwölf Leitungen im Kabelbaum, während auf der Getriebesteuerungs-Platine die gleiche Anzahl Steckverbinder- Pins benötigt wird.

Jeder Pin und jeder Sensor aber stellt eine potentielle Ursache für Zuverlässigkeitsprobleme dar. Der Verzicht auf die Kommutierungs- Hallsensoren und die Verkleinerung der Steckverbinder ermöglicht auch kompaktere Stellglieder. Durch Ersetzen des sensorbasierten Vortreibers durch einen Motorregler kommt es nicht nur zu einer Zuverlässigkeitsoptimierung des Getriebes, sondern die Getriebesteuerung wird auch von den Motorregelungs-Aufgaben entlastet. Abgesehen davon kann der Baustein, wie weiter oben bereits ausgeführt, die Höchstdrehzahl anheben und die elektromagnetische Verträglichkeit durch eine intelligentere Motorregelung mit Überlappung, durch definierte Stromprofile usw. verbessern.

Autor:

Dipl.-Ing. Dirk Leman
studierte Mikroelektrotechnik an der Universität Leuven, Belgien. Er ist seit 1997 bei Melexis als Product Manager tätig und seit 2006 für Schaltkreise zur Ansteuerung bürstenloser Gleichstrommotoren verantwortlich.
dlm@melexis.com


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