In dem noch relativ jungen, aber hart umkämpften Markt für Fahrerassistenzsysteme hat Hella in kürzester Zeit eine führende Position eingenommen. Innerhalb der letzten 18 Monate wurden drei Serienanläufe erfolgreich realisiert: ein Spurwechselassistent auf Basis eines 24-GHz-Radarsensors, eine neu entwickelte Rückfahrkamera sowie das Abstandsregelsystem ACC (Adaptive Cruise Control) mit Infrarot-Lidar-Sensorik, das von Chrysler eingesetzt wird. Immerhin hat sich auch ein japanischer OEM für den Hella-Spurwechselassistent entschieden. Weitere Systeme, etwa der elektronische Parkassistent (Markteinführung Europa 2008), der Aufmerksamkeits-Assistent sowie licht- und kamerabasierte Systeme (Markteinführung Europa 2009), befinden sich in der Serienentwicklung.
Nach Marktprognosen von Hella werden kamerabasierte Fahrerassistenzsysteme einen enormen Aufschwung erleben. So soll sich die Zahl der installierten Kameras im Auto von heute 2,5 Mio. Stück auf über 27 Mio. im Jahr 2011/12 erhöhen. Das würde einen jährlichen Zuwachs von etwa 61 % bedeuten. Der Löwenanteil, nämlich knapp 50 %, dürfte dabei auf Einpark- und Totwinkel-Systeme entfallen. An zweiter Stelle mit etwas über 8 Mio. liegen im Jahr 2011/12 Spurverlassens- und Nachtsicht-Systeme; deutlich dahinter folgen Aufmerksamkeits-Systeme (2,8 Mio.) sowie Systeme für die Verkehrszeichenerkennung (2,4 Mio.). Möglicherweise sind diese Schätzungen sogar konservativ, denn laut Strategy Analytics soll die Zahl der verbauten Fahrerassistenzsysteme (ADAS) immerhin bei 63 Mio. Stück liegen, was einer Wachstumsrate pro Jahr von 10 % entsprechen würde.
Fahrerassistenzsysteme im Überblick Zur Zeit bei Hella in Entwicklung:
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Die passende Längsparklücke zu finden und zu nutzen, wird schon bald dank intelligenter Sensorik ganz einfach sein: Beim elektronischen Einparkassistent von Hella vermisst ein Ultraschallsensor die Lücke. Ist sie groß genug, kann der Einparkvorgang gestartet werden. Der Fahrer bedient lediglich Gas- und Bremspedal. „Das meiste Kopfzerbrechen beim Parken in Längsparklücken bereitet es, in der Hektik die Größe der Parklücke richtig zu beurteilen“, sagt Hella-Entwicklungsingenieur Thomas Ottenhues. Hinzu kommt der Stress mit den richtigen Einlenkbewegungen zur richtigen Zeit.
Die Vermessung der Parklücken erfolgt im Vorbeifahren mit Hilfe eines stark astigmatischen Ultraschallsensors (Bild 7). Das heißt, die Parklücke wird dabei sozusagen scheibchenweise vermessen. Dabei werden Länge und Tiefe der Parklücke unter Berücksichtigung von Bordsteinen bestimmt. Hat das System die Parklücke als geeignet bestimmt, erhält der Fahrer ein optisch-akustisches Signal. Um den Parkvorgang in einem Zug durchzuführen, berechnet das System den optimalen Weg (Trajektorie) auf Basis der vom Sensor erstellten Umgebungskarte. Mit Hilfe von Bahnen, deren Krümmung sich kontinuierlich im Laufe des Fahrwegs in die Parklücke ändern, stellt das System einen stetigen Winkelverlauf mit minimalen Lenkkräften sicher, so dass das Fahrzeug ohne Lenkbewegungen des Fahrers automatisch in die Parklücke fährt. „Wichtig ist jedoch, dass der Fahrer nach wie vor die volle Verantwortung für den Einparkvorgang hat und durch Betätigen von Brems- und Gaspedal auch aktiv beteiligt ist“, so Hella-Fachmann Ottenhues. Außerdem lässt sich der Vorgang durch einen Eingriff ins Lenkrad jederzeit abbrechen.
Für die präzise Vermessung der Parklücken sorgt eine speziell für diese Anwendung optimierte astigmatische Ultraschallkeule mit hoher Reichweite, die einen großen Detektionsbereich in Abstrahlrichtung erzeugt, aber ebenso eine gute Lokalisierung von Hindernissen in Fahrtrichtung ermöglicht. Dank der intelligenten, situativen Umgebungswahrnehmung des Sensors ist eine robuste und gegenüber herkömmlichen „Park Distance Control“-Sensoren (PDC) deutlich erweiterte Eigendiagnose sowie eine Unterscheidung von mehreren Zielen möglich, auch wenn diese hintereinander liegen. Durch die LIN-busfähige digitale Kommunikationsschnittstelle kann der Sensor bidirektional Daten austauschen. Neben den Messdaten „Radgeschwindigkeit“ und „Lenkwinkel“ ist die elektrische Lenkung (EPS; Electrical Power Steering) eine weitere Systemvoraussetzung.
Nachdem der Sensor eine geeignete Parklücke erkannt hat, stellt der Fahrer den vom System vorgegebenen Lenkwinkel ein, mit dem er im ersten Zug in die Parklücke zurücksetzt. Der Punkt zum Umlenken, um gerade in die Parklücke zu kommen, wird dem Fahrer akustisch mitgeteilt. An diesem Umlenkpunkt gilt es anzuhalten und wieder den vom System geführten Lenkwinkel einzustellen, mit dem man das Fahrzeug dann in die Parklücke rangiert. Sollten dann noch weitere Rangierzüge nötig sein, weil die Parklücke etwa zu klein für das Parken in einem Zug ist, so unterstützt das System den Fahrer auch bei diesen weiteren Zügen. Dieser Einparkassistent ist ab 2009 für den Serieneinsatz vorgesehen.
Wenn es bei der Parkplatzsuche zu Situationen kommt, bei denen es sehr eng zugeht und möglicherweise durch größere Autos die Sicht versperrt ist, wäre es wünschenswert, wenn man das Auto von oben sehen könnte. So ließe sich mit einem Blick erkennen, was sich vorne, hinten und seitlich vom Fahrzeug abspielt (Bild 4).
Um auch in solchen Situationen des Alltags den Überblick zu behalten, hat Hella das kamerabasierte Fahrerassis-tenzsystem TopView entwickelt. Dieses ermöglicht dem Fahrer, sein Fahrzeug aus der Vogelperspektive auf dem dafür vorgesehenen Display zu sehen und es somit gefahrlos zu manövrieren.
Technisch ist an Heck, Front sowie am rechten und linken Außenspiegel je eine Kamera mit 180 Grad Öffnungswinkel installiert. Aus deren Einzelbildern wird ein neues Bild generiert, welches das Auto in Gänze von oben zeigt (Bild 5). Die entstehende Rundum-Sicht aus der Vogelperspektive schließt erstmals die Gefahr des toten Winkels beim Manövrieren für den Fahrer aus.
Bezogen auf das Ein- und Auspark-Beispiel hat das Sys-tem einen weiteren Vorteil: Es berechnet anhand des Lenkradeinschlags des Fahrers, wohin ihn der Weg führen würde, wenn er diese Lenkbewegung beibehält. Auf dem Display wird ihm diese Prognose angezeigt (Spureinblendung). Darüber hinaus hat der Fahrer die Möglichkeit, die Einzelkameras per Zoom auf eine bestimmte Stelle am Auto zu fokussieren – wie beispielsweise die Anhängerkupplung. Mittels dieser Funktion werden Positionen sichtbar, die vorher nicht zu erkennen waren.
Für die Rückfahr- und Frontkamera liegen Hella heute bereits Serienaufträge vor. Nicht zuletzt mit dem Zukauf der Firma Aglaia, Berlin, hat Hella seine Kompetenz bei kamerabasierten Fahrerassistenzsystemen weiter ausgebaut. „Unsere Stärke bei kamerabasierter Fahrerassistenz liegt darin, dass wir, als vielseitig aufgestelltes Zuliefererunternehmen, den Automobilherstellern alles aus einer Hand anbieten können“, erläutert Winfried Menge (Bild 6), Leiter Marketing Elektronik bei Hella. „Von der notwendigen Soft- und Hardware über Aktorik und Funktionalität, besonders in Verbindung mit Scheinwerfern, bis hin zur Kamera-Ansteuerung, Bildverarbeitung und letztlich der optimalen Integration ins Fahrzeug unter Styling-Aspekten, können wir dem Kundenwunsch optimal Rechnung tragen.“
Ob der Fahrer sich kurz vor dem Sekundenschlaf befindet, erkennt der Aufmerksamkeits-Assistent von Hella und alarmiert ihn, bevor etwas passieren kann. Hierzu wird ein kamerabasiertes Fahrerassistenzsystem verwendet, das den Lidschlag des Auges mittels einer frontal im Lenkradbereich platzierten Kamera erkennt und unter anderem die Lidschlagfrequenz sowie die Lidschlagdauer berechnet.
Bleibt das Auge länger als 1,5 Sekunden während der Fahrt geschlossen, warnt das System den Fahrer (Bild 2). Denn in diesem Zeitraum ist der Informationsverlust für den Fahrer so hoch, dass es für ihn zu einer gefährlichen, gar lebensbedrohlichen Situation im Straßenverkehr kommen kann.
Wissenschaftliche Studien belegen, dass ein Großteil der schwerwiegenden Unfälle im Straßenverkehr durch Müdigkeit und Sekundenschlaf verursacht wird. Laut einer Untersuchung des Verkehrstechnischen Institutes der Deutschen Versicherer (Dr. Wolfram Hell, Januar 2004) ist ein Viertel aller tödlichen Autobahnunfälle auf Müdigkeit zurückzuführen.
Neben sicherheitsrelevanten Funktionen können mit der Kamera des Systems auch Komfortfunktionen realisiert werden. Die Gesichtserkennung beispielsweise personalisiert das Fahrzeug, indem der jeweilige Fahrer identifiziert wird und sich etwa Sitz, Innenspiegel, Klimaanlage und Radio automatisch auf das persönliche Optimum und die Gewohnheiten dieses Fahrers einstellen. „Auch die Koppelung mit bereits in Serie erhältlichen Fahrerassistenzsystemen wie Adaptive Cruise Control, Lane Departure Warning und Spurwechselassistent ist in Zukunft denkbar“, erklärt Dr. Ulrich Büker (Bild 3), Projektleiter in der Elektronik-Vorentwicklung bei Hella. „Fließt die Information über den Aufmerksamkeitsstatus des Fahrers in diese Systeme mit ein, kann dieser früher und intensiver gewarnt werden. Auch eine mögliche ungewollte Warnung durch das ACC- oder „Lane Departure Warning“-System wird verhindert, da die Kamera erkennt, ob der Fahrer den Blick auf die Straße gerichtet hat oder ob er mit anderen Tätigkeiten beschäftigt ist.“
Technisches Herzstück des Aufmerksamkeits-Assistenten ist eine hoch-dynamische Innenraumkamera in CMOS-Technik, die beispielsweise frontal zum Fahrer im Kombiinstrument installiert werden kann. Auch auf der Lenksäule oder in der A-Säule, mit schrägem Blick auf den Fahrer, ist die Positionierung möglich. Damit die Kamera die Aufmerksamkeit des Fahrers auch bei Dunkelheit registrieren und auswerten kann, ist eine Infrarot-Beleuchtung integriert. Ihr Licht ist für das menschliche Auge nicht sichtbar und beeinflusst den Fahrer somit nicht. Die optimale Kombination von Einbauort, Optik, Beleuchtung und Systemmodellierung sorgt für die hohe Zuverlässigkeit des Aufmerksamkeits-Assistenten von Hella, dessen Serien-einsatz für 2011 geplant ist.