Integration von technischer Anlage und betriebswirtschaftlicher Software

Von der Schaltwarte zur Informationsdrehscheibe

23. September 2006, 14:44 Uhr |
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Dezentrale Automatisierung stellt neue Aufgaben

Der Trend zur Dezentralisierung stellt die Prozess-Leittechnik vor neue Aufgaben: Die Geräte zur Steuerung "vor Ort" werden immer leistungsfähiger und intelligenter und es kommt nicht mehr darauf an, jeden einzelnen Sensor oder Aktor in der Anlage zu bedienen bzw. zu überwachen, sondern die prozessrelevanten Daten zu übermitteln und zu extrahieren, zu sichern und in geeigneter Weise darzustellen. Damit wandelt sich das Prozess-Leitsystem insgesamt zu einem Prozess-Management-System, das eine ganze Reihe neuer Aufgaben beherrschen muss.

Eine dieser typischen neuen Aufgaben, den die Leitsysteme "erlernen" müssen, ist der Umgang mit neuen Formen der Kommunikation, die in der "Fernwartung" Einzug gehalten haben. Hierzu zählt die Nutzung von SMS über GSM ebenso wie die Information über ISDN und Ethernet. Die Aachener Gesytec [12] bietet beispielsweise mit dem "Gypsi MM" ein Gerät für die Fernanbindung von Systemen, bei denen nur eine geringe Anzahl von Datenpunkten hinsichtlich des Status und eventueller Grenzwertverletzungen überwacht werden muss, die sich aber auch schalten und steuern lassen. Das Gypsi MM ist dazu mit acht digitalen und zwei analogen Eingängen ausgestattet, darüber hinaus sind zwei analoge Ausgänge sowie zwei Relais vorhanden. Für die Kommunikation mit einer Zentrale bietet das Gerät ISDN, Ethernet und eine serielle Schnittstelle. Mit einem zusätzlichen GSM-Adapter kann die Verbindung auch über GSM-Mobiltelefon erfolgen.

Eine andere Variante für die Fernwartung via GSM bietet das Unternehmen SSV Embedded Systems [13]. Hierbei geht es um erweiterte Einsatzmöglichkeiten für die Mobiltelefonie; im Gegensatz zu den bisherigen GSM-Modulen erlaubt das Terminal TRM/816 (Bild 4) der SSV die dynamische Generierung von SMS. So lassen sich Steuerungsaktionen neben der seriellen Schnittstelle über die verschiedensten Kanäle auslösen: über digitale E/A ebenso wie über CAN-Bus oder Ethernet-LAN. Das Sys-tem ist darüber hinaus mit einem Adapter für "CompactFlash"-Speicherkarten ausgestattet; auf diese Weise lässt sich eine Vielzahl von Alarmierungs-SMS-Nachrichten speichern. Das Terminal selbst verwendet als Betriebssystem Linux; für die Steuerung des GMS-Moduls steht ein spezielles "Linux-Fernwirktool" zur Verfügung, das den Zugriff auf die Ressourcen des Systems ermöglicht.

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Bild 4. Das Terminal TRM/816 ermöglicht eine dynamische Generierung von SMS, mit denen sich dann Steuerungsaktionen über die verschiedensten Kanäle auslösen lassen. (Bild: SSV Embedded Systems)

Bis zu 80 000 Datenpunkte

In Richtung der Anbindung von IT-Ressourcen des Unternehmens und der Integration von betriebswirtschaftlicher Systemsoftware geht Siemens A&D mit WinCC in der Version 6. Individuelle Anpassungen an eine spezifische Aufgabenstellung lassen sich über Visual Basic for Applications (VBA) und Visual Base Scripting (VBScript) erstellen. WinCC bietet als wesentliche Erweiterung gegenüber früheren Versionen einen "Historian" für die Archivierung von Prozessdaten. Dieser verwendet den Microsoft-SQL-Server aus der Windows-2000-Familie; es lassen sich Daten aus den unterschiedlichsten Quellen akquirieren, nach Angaben des Herstellers können in der höchsten Ausbaustufe bis zu 80 000 Archivdatenpunkte aufgenommen werden. Bei wachsenden Anforderungen kann ein WinCC-System von einem Einzelarbeitsplatz ausgebaut werden zu einem System mit bis zu zwölf verteilten und redundanten Servern und 32 WinCC-Clients. Die Clients, die dann als Bedienplätze fungieren, lassen sich auch als Web-Server konfigurieren; diese können dann auch über ein Intranet oder das Internet angebunden werden. Mit einer neuen Zusatzsoftware, dem "Connectivity Pack", kann per OPC (OLE for Process Control) von beliebigen Rechnern aus über die OPC-Standards auf die in WinCC hinterlegten Daten zugegriffen werden. Für den Zugriff auf "historische" Prozesswerte wurde OPC HDA (Historical Data Access) implementiert, das Ausfiltern und Weiterleiten von aktuellen Meldungen aus der Prozessebene in die Unternehmensleitebene leistet OPC A&E (Alarm & Event). Mit den weitgehenden Zugriffsmöglichkeiten auf die SQL-Datenbank lässt sich WinCC zur zentralen, unternehmensweiten Informationsdrehscheibe ausgebauen.


  1. Von der Schaltwarte zur Informationsdrehscheibe
  2. Chargenverarbeitung nach ISA S88
  3. Dezentrale Automatisierung stellt neue Aufgaben
  4. Beim Simulieren ausprobieren

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