Interview

Embedded-Lösungsanbieter oder Komplett-Automatisierer?

18. Dezember 2008, 15:21 Uhr | Andreas Knoll
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Embedded-Branche: Vielfalt an Lösungsangeboten

Kann der Anwender von vornherein davon ausgehen, dass er in der Embedded-Branche für die jeweiligen Einzelaspekte seines Automatisierungssystems bessere Lösungen bekommt als bei den großen Automatisierern?

Schuller: Die Embedded-Branche zeichnet sich ja gerade durch die Vielfalt der Lösungsangebote aus. Spezialisierte Know-how-Träger bieten eine breite Palette von Hardware-Plattformen und Software-Lösungen bis hin zu komplett integrierten Systemen für individuelle Anwendungen.

Ein Spiegel dieser Vielfalt ist beispielsweise die alljährliche Fachmesse Embedded World in Nürnberg, die weltweit zu den größten ihrer Art gehört. Aus diesem breiten Angebot kann der Anwender seine spezielle Lösung zusammenstellen, ganz oder in Teilen selbst entwickeln oder komplett einkaufen. Er kann somit sehr flexibel sein Optimum finden und umsetzen.

Schuller: Natürlich! Die Lösungen entstehen oftmals im Verbund spezialisierter Firmen, die partnerschaftlich an einer Gesamtlösung arbeiten. Um die Maschinenbauer haben sich Netzwerke einzelner Know-how-Träger gebildet, die nach den entsprechenden Vorgaben und Pflichtenheften ihren Beitrag zum Ganzen leisten.

Diese Vorgehensweise ist gut vergleichbar mit der Zulieferindustrie im Automobilbau, wo der Markenhersteller immer mehr als Integrator der zugelieferten Einzelkomponenten eines Fahrzeugs fungiert. Auf der Basis von Embedded-Systemstandards - Bussysteme, Betriebssystemschnittstellen, Programmiersprachen, Netzwerk & Kommunikation, Middleware, Entwicklungsumgebung - sind die beteiligten Partner auch in der Lage, komplexe Systeme und Projekte zu realisieren.

Wer einen der großen Automatisierer zu Rate zieht, wird um proprietäre Lösungen nicht herumkommen. Welche Nachteile sehen Sie dadurch für den Anwender einerseits und für den Markt andererseits?

Schachner: Die Vergangenheit hat immer wieder gezeigt, dass proprietäre - oder besser: geschlossene - Lösungen zwar einzelnen Marktteilnehmern über einen gewissen Zeitraum Vorteile verschaffen können, aber langfristig zu einseitigen Abhängigkeiten für den Anwender führen und Innovationen verhindern.

Als Beispiel sei hier der Wandel von proprietären Großrechnersystemen hin zur offenen PC-Plattform aufgeführt. Das ist prinzipiell im Embedded-Markt nicht anders - wie sonst wäre das massive Vordringen von »Open-Source«-Software-Lösungen zu erklären.

Zudem bringen es geschlossene Lösungen üblicherweise mit sich, dass - grob geschätzt - die letzten fünf Prozent der Projektlösung zu individuell sind, um »von der Stange« gekauft werden zu können. Das erfordert wiederum zusätzlichen Entwicklungsaufwand bzw. spezielle Anpassungen, die von den »Big Playern« in der Regel nicht gerne bereitgestellt werden.

Zudem stellt sich die Frage, ob proprietäre Lösungen über lange Produktlebenszyklen Bestand haben. Einseitige Produktabkündigungen und Technikänderungen gibt es immer wieder und können im Lebenszyklus zu ungeplanten, aufwändigen und unnötigen Projektanpassungen führen.


  1. Embedded-Lösungsanbieter oder Komplett-Automatisierer?
  2. Embedded-Branche: Vielfalt an Lösungsangeboten
  3. Lösungen »von der Stange«
  4. Die Interview-Partner: Robert Schachner, Peter Schuller

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