In der Tat gibt es eine verwirrende Vielzahl von Wahlmöglichkeiten für Protokolle und Frameworks, die es zu berücksichtigen gilt; die meisten von ihnen sind rein akademischer Natur. Sehr aktiv im Bereich der Cyber-Physical-Systems (CPS) [22] ist das Center for Intelligent Maintenance Systems. Chef des Zentrums ist Dr. Jay Lee. Er leitet die Entwicklung eines Konzepts, das als 5C-Architektur [23], [24], [25] bezeichnet wird. 5C steht für Connection, Conversion, Cyber, Cognition und Configuration (Verbindung, Konvertierung, Cyber, Erkennung und Konfiguration). Das ist ein allgemeiner Rahmen, der sich auf unser Vorhaben anwenden ließe, weil es gegenwärtig Systeme gibt, die dieses Schema nutzen.
Weitere Protokolle sind in [26] aufgeführt. Erwähnt sind dort das Advanced-Message-Queuing-Protocol (AMQP) und das Simple/Streaming-Text-Oriented-Messaging-Protocol (STOMP). Zudem gibt es weit verbreitete Datenformate wie XML und JSON. Es gibt viel Material, das in Betracht gezogen werden kann, aber es gibt auch genug, um noch heute mit der Entwicklung eines Standards und eines Development Frameworks zu beginnen.
Proprietäre Lösungen
Wunder-Bar ist ein IoT-Starter-Kit, das von Conrad gesponsert, von relayr entwickelt wurde und von Mikroelektronika [27] produziert wird. Es besteht aus IoT-Modulen zur Erfassung von Licht, Temperatur, Beschleunigung, Infrarot, Schall, Feuchtigkeit und mehr. Diese Module kommunizieren ihrerseits über eine Bluetooth-Verbindung mit einem Hauptmodul. Das Hauptmodul hat keine Sensoren. Seine Aufgabe ist es, über ein MQTT-basiertes Kommunikationsschema mit dem von relayr bereitgestellten Cloud-Service zu kommunizieren. Über den Cloud-Service können die Nutzer auf ihren Android- oder iOS-basierten Smartphones oder PCs auf die Daten aus diesen Modulen zugreifen. Es ist ein cleveres und gut durchdachtes Paket. Ohne die Hardware zur Verfügung zu stellen, bietet Weaved vergleichbare Cloud-Services an, die jedoch nicht mit relayr kompatibel sind. Selbst wenn sie MQTT verwenden, ist keine Verwechslung möglich.
Die Cloud-Software von relayr ist Closed-Source-Software, aber der Code des Hauptmoduls müsste bis zur Embedded World 2015 als Open-Source-Code verfügbar sein. Dann sollten die Anwender in der Lage sein, ihre eigene Cloud-Lösung zu entwickeln. Unabhängig davon bleibt das Problem, dass es keine offene Plattform gibt, die sofort einsatzbereit wäre. Für jede benutzerdefinierte Lösung müssen die bestehenden Funktionen umgeschrieben werden, um eine benutzerdefinierte oder offene Cloud zu ermöglichen.
Eine weitere Lösung stammt von Adafruit [28]. Im Vorwort eines Blog-Eintrags heißt es: »Adafruit verkauft all diese beindruckenden Komponenten, fand aber keinen Weg, über das Internet mit ihnen zu interagieren. Sicherlich gibt es eine Menge großartiger Dienste für die Protokollierung von Daten oder die webbasierte Kommunikation mit Ihrem Mikrocontroller, aber diese Dienste sind entweder zu kompliziert, um als Ausgangspunkt zu dienen, oder ihre Nutzung ist nicht gerade die reine Freude.« Besser hätte ich es nicht formulieren können.
Herzstück des Adafruit-Angebots ist die Nutzung und Anzeige von Echtzeitdaten über ein einfach zu bedienendes Dashboard. Die 2-Wege-Interaktion realisiert Adafruit über eine RESTful-API. Zudem wird in gewissem Maß auch MQTT unterstützt. Das Framework basiert auf node.js (bereits besprochen), Ruby on Rails, Postgresql, Redis und Memcached. Mit Adafruit haben wir ein Unternehmen, das sich für Open Source starkmacht. Dennoch muss Adafruit mit einer proprietären Lösung arbeiten, weil es noch keine offene Lösung gibt.
Organisationen, die an offenen Lösungen für das IoT arbeiten
Das Thema IoT ist definitiv ein viel diskutiertes Thema. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Blick auf die Eröffnungsrede der Consumer Electronics Show 2015, in welcher Samsung versprochen hatte, offen zu sein [29]. Das klingt erstmal gut.
In [30] ist die Rede von Unternehmen und Organisationen, die Allianzen bilden, um am Problem der Etablierung von Standards und der Schaffung kollektiver Möglichkeiten zu arbeiten.
Eine dieser Organisationen ist das »Internet of Things Consortium« (IoTC). Die eingangs erwähnte Sorge, dass das Internet der Dinge zu einer Marketing-Goldgrube wird, scheint begründet zu sein. Auf der Homepage des IoTC heißt es: »Das IoTC Research Lab führt Forschungsprojekte durch, mit denen in erster Linie Kaufabsichten, Nutzungsmuster und der Bekanntheitsgrad von IoT-Produkten ermittelt werden sollen.« Die Organisationen, die auf der IoTC-Website aufgelistet sind, wollen Geld verdienen. Für die Nutzer von Industrie 4.0 und IIoT-Geräten wird dies meines Erachtens aber keine Rolle spielen. Das IoTC ist ein verbraucherorientiertes Gremium.
Als weitere Organisation dieser Art wird die Allseen Alliance [31] genannt. Die Website sieht zwar wie die einer Marketingfirma aus, enthält aber seriöse technische Informationen für Entwickler. Das »AllJoyn«-Code-Framework der Alliance ist Open-Source, unterstützt aber nur die Sprachen C-, C++, Objective-C und Java. Angesichts dessen wage ich zu behaupten, dass es keinen einheitlichen Standard für das IoT geben wird. Ich glaube nicht einmal, dass es einen für das IIoT und Industrie 4.0 geben wird. Die Debatte darüber überlasse ich gern den Akademikern.
Fazit
Es gibt viele Technologien, aber kein offenes Komplettpaket, das unsere Bedürfnisse erfüllt. Die auf dem Markt angebotenen Lösungen sind limitiert, geschlossen oder dazu vorgesehen, von bestimmten Interessengruppen ausgenutzt zu werden. Vergleichbar mit den Amateurfunk-Enthusiasten ist das die Gruppe, die viel herumexperimentieren kann – was notwendig ist, damit sich ein Basisstandard durchsetzt. Mir gefällt die Vorstellung von einem Wettstreit der Ideen. Diese Ideen sollen jedoch offen sein und nicht von großen Unternehmen gesponsert werden.
Es mag unrealistisch klingen, aber mir schwebt ein offener Standard vor, der Folgendes ermöglicht:
Letzendlich wird eine unabhängige Organisation benötigt, die Folgendes pflegt beziehungsweise fördert:
Ob wir einen solchen offenen Standard sehen werden? Die Zeit wird es zeigen. (fr)
Referenzen:
[1] Business Wire, »Market for IoT Ana-lytics to Reach US$ 5.7 Billion in 2015, with Startups Driving the Inno-vation, According to ABI Resear«, Business Wire
[2] S. P. Kumar und C.-Y. Chong, »Sensor Networks: Evolution, Opportunities, and Challenges«, PROCEEDINGS OF THE IEEE, Bd. 91, Nr. 8, S. 1247–1256, 2003.
[3] F. Bonomi, »Connected vehicles, the internet of things, and fog computing«, in VANET 2011, Las Vegas, USA, 2011.
[4] F. Bonomi, R. Milito, J. Zhu und S. Addepalli, »Fog Computing and Its Role in the Internet of Things«, in »Proceedings of the first edition of the MCC workshop on Mobile cloud computing«, Helsinki, 2012.
[5] D. Kreutz, F. Ramos, P. Verissimo, C. Rothenberg, S. Azodolmolky und S. Uhlig, »Software-Defined Networking: A Comprehinsive Survey«, Proceedings of the IEEE, Bd. 103, Nr. 1, S. 14–76, 2015.
[6] USB.org, »USB Class Codes«, online.
[7] B. Fischer, »How High Tech Can Pursue Industrial Internet of Things Market«, online.
[8] USB.org, »USB On-The-Go and Embedded Host«, online.
[9] B. Boldt, »Is the Internet of Things just a toy?«, online.
[10] D. B. Stewart, »Software components for real time«, Embedded Systems Programming, S. 100–138, 2003.
[11] D. B. Stewart, R. A. Volpe und P. K. Khosla, »Design of dynamically reconfigurable real-time software using port-based objects«, IEEE Transactions on Software Engineering, Bd. 23, Nr. 12, S. 759–776, 1997.
[12] S. Oaks und H. Wong, JINI in a Nutshell, Sebastopol: O‘Reilly, 2000.
[13] Twisted Matrix, »Twisted Matrix Labs«, onl.
[14] node.js, »node.js«, online.
[15] Wikipedia, »V8 (JavaScript engine)«, online.
[16] Wikipedia, »SpiderMonkey (software)«, online.
[17] python.org, »EmbeddedPython«, online.
[18] python.org, »PyMite«, online. Python Community, »5. Embedding Python in Another Application«, online.
[19] MQTT Community,
[20] »MQTT«, online.
[21] eclipse.org, »paho«, eclipse.org, online.
[22] »Center for Intelligent Maintenance Systems«, online.
[23] J. Lee, B. Bagheri und H.-A. Kao, »A Cyber-Physical Systems architecture for Industry 4.0-based manufacturing systems«, Manufacturing Letters, S. 18–23, Januar 2015.
[24] Center for Intelligent Maintenance Systems, »IMS_CPS«, Center for Intelligent Maintenance Systems, online.
[25]»Cyber-physical system«, wikipedia.org, online.
[26] vFabric Team, »Choosing Your Messaging Protocol: AMQP, MQTT, or STOMP«, VMware, 19. Februar 2013. online.
[27] Mikroelektronika, »Wunder Bar«, Mikroelektronika, online.
[28] adadfruit.com, »Coming Soon: Adafruit IO«, adadfruit.com, online.
[29] adafruit, »Samsung promises to be open for IoT components and devices @Samsungtweets #samsung #Iot #CES #ces2015«, adafruit.com, 6. Januar 2015. online.
[30] B. Cha, »A Beginner’s Guide to Understanding the Internet of Things«, recode.net.
[31] »Allseen Alliance«, online.
Randall Restle
arbeitet als Vice President für Anwendungs-Engineering bei Digi-Key Electronics und leitet ein Team von erfahrenen Applikation-Ingenieuren, Technikern und Führungskräften, welches die technische Strategie von Digi-Key bei der Kundenbetreuung hinsichtlich Produktauswahl und Einsatz fortschrittlicher Technologien definiert. Er kam 2011 zu Digi-Key, nachdem er 35 Jahre in der Entwicklung von digitalen und analogen Schaltkreisen, Leiterplatten und Embedded-Software gearbeitet hatte. Randall hält BSEE, M.SC. und MBA-Abschlüsse von der University of Cincinnati. Er ist ein Senior-Mitglied des IEEE, ein registrierter Professional-Engineer im Bundesstaat Ohio, ein vom Project Management Institute zertifizierter Projektmanager und hält zudem mehrere Patente.