Es gibt verschiedene drahtlose Übertragungsmöglichkeiten: GPRS, Powerline-Communication und darauf wieder jeweils verschiedene Standards. Haben Sie Favoriten?
Wir sehen uns als Systemintegrator und richten uns nach den Wünschen unserer Kunden. Da stehe ich der jeweiligen technischen Umsetzung recht neutral gegenüber. Ob sie Powerline bevorzugen oder drahtlose Kommunikation, ist uns als Görlitz schlussendlich egal. Es gibt die Möglichkeit, die Systeme modular und sehr flexibel aufzubauen. Sind Zähler und Gateway getrennt, dann können die Kunden den Stromanbieter einfach wechseln. Dieser Aufbau ist aber teurer als ein integriertes Gerät. Zwei Geräte ziehen auch zusätzliche Kosten nach sich: höheren Verwaltungsaufwand und unter Umständen mehr Ausfälle usw. Hier gibt es eben unterschiedliche Konzepte, und sie haben jeweils ihre Vor- und Nachteile. Powerline eignet sich für Neubaugebiete, auf dem Land ist GPRS besser. In der Industrie kann Powerline zum Problem werden, dann könnte Wireless MBus die Lösung sein. Wie gesagt, man kann nicht alle Kunden und Anwendungsfälle über einen Kamm scheren.
Als Systemanbieter können wir auf die unterschiedlichen Konzepte eingehen. Was wir uns wirklich wünschen: auch in Deutschlad größere Projekte.
Die verschiedenen technischen Ansätze und die nicht vorhandenen bzw. sich erst zögerlich entwickelnden Standards stellen also gar nicht das Problem dar?
Nein, technisch funktioniert es, verschiedene Techniken können in unterschiedlichen Konstellationen gut zusammen arbeiten. Das hängt vom jeweiligen Anwendungsfall ab und davon, was der jeweilige Anwender als für sich am günstigsten hält. Das Smart Metering an sich stellt überhaupt nicht das Problem dar, es kommt vielmehr auf die verwendeten Prozesse an. Wie geht man mit der riesigen Datenmenge effizient um? Wie können die Daten von der technischen Ebene zur Verkaufsebene durch das Unternehmen geschleust werden? Meines Erachtens nach sind das die wirklich interessanten Fragen - das Sammeln der Daten an sich ist technisch nicht das große Problem.
Nun gibt es doch schon große Projekte im Ausland. Kann man aus den Erfahrungen lernen, die dort gemacht wurden?
Auch hier steht die Technik immer noch im Vordergrund. Wir arbeiten in Dänemark in Projekten beispielsweise mit 500.000 Zählern. Die Frage, die dort vor allem wichtig schien: Wer kann 500.000 Zähler über einen Zeitraum von drei Jahren liefern? Für viel wichtiger halte ich: Wer kann die Daten auslesen und weiterverarbeiten? Sich nur auf Teilereiche zu fokussieren, nützt gar nicht. Das wollen wir unseren Kunden derzeit vermitteln.
Es besteht die Vorgabe der EU, dass bis 2020 rund 80 Prozent der Haushalte mit intelligenten Zählern ausgestattet sein müssen. Ist dieses Ziel überhaupt zu halten?
Bis 2012 müssen die EU-Vorgaben in Deutschland in nationales Recht umgesetzt werden. Im Moment geschieht leider noch wenig.
Görlitz-Gruppe und Oracle: Neues EDM/MDM-System für Smart Metering
Die Görlitz-Gruppe und Oracle arbeiten zusammen, um IDSpecto zu entwickeln, ein EDM/MDM-System (Enterprise Decision Management/Master Data Management), das Millionen von intelligenten Haushaltszähler verwalten kann. Dieses Softwaresystem der nächsten Generation soll ab 2011 verfügbar sein und stellt die Schnittstelle zwischen den Messgeräten und Messdaten in den Haushalten und den kommerziellen Prozessen im Energieunternehmen dar.
IDSpecto sammelt die Lastgangdaten der angeschlossenen Zähler in regelmäßigen Abständen, prüft sie auf Vollständigkeit und auf Plausibilität, bildet Ersatzwerte und stellt sie für die Abrechnung und die Anzeige des Energieverbrauchs zur Verfügung. Darüber hinaus können die installierten Zähler damit verwaltet und aus der Ferne konfiguriert werden.
»Es geht in Zukunft um riesige Datenmengen, die verarbeitet werden müssen«, sagt Giovanni Riboldi, Geschäftsführer von Görlitz Italien und verantwortlich für das Projekt. Deshalb habe sich die Görlitz-Gruppe dazu entschlossen, ihr bisheriges EDW3000-Metering-System durch die Integration von »Oracle Utilities Meter Data Management« zu erweitern und so auf den massenhaften Roll-out von intelligenten Zählern in Europa vorzubereiten.
»Hier werden sich durch die Erweiterung der Marktprozesse und den Roll-out von Smart-Metern auf Haushaltskunden sehr viele neue Aufgaben und Funktionen ergeben, die heutige EDM-Systeme nicht oder noch nicht leisten können«, erklärt Ralf Hoffmann, Vorstand Strategie und Business Development der Görlitz AG. »Und der Umbau der Energiewirtschaft mit der Verpflichtung zum Informatorischen Unbundling ab 2011 ist ein weiterer Grund, sich über eine Neuausrichtung des Energiedatenmanagements Gedanken zu machen.«
Görlitz setzt dabei auf eine integrierte Lösung, die ZFA (Zählerfernablesung), AMR (Automated Meter Reading), AMM (Advenced Meter Management), EDM und MDM in einer Software umfasst, die ohne aufwändige und zeitraubende Schnittstellen nach außen auskommt. Diese Architektur ist für den Shared-Service-Betrieb von Metering- und Abrechnungsdienstleistungen und für Größenordnungen von einigen 1000 Zählern bis hin zu Millionen von automatisch erfassten Messpunkten geeignet. Dabei werden alle Marktrollen im Energiedatenmanagement bedient, einschließlich der Marktkommunikation im elektronischen Nachrichtenaustausch mittels Edifact bzw Ebix.