Der Parallel-Antrieb #####

10. Januar 2008, 9:29 Uhr | Dr. Carsten Fräger
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Der Parallel-Antrieb

Die Verstärkung ist so wählbar, dass die Fehler des Leistungsantriebs aus der Übertragungsfunktion herausfallen. Theoretisch ist dies vollständig machbar, praktisch funktioniert dies jedoch nur für einen begrenzten Frequenzbereich und mit einem verbleibenden Restfehler. Die Übertragungsfunktion des Regelantriebs ist dabei linear und vollkommen unabhängig von den Eigenschaften des Leistungsantriebs. Das heißt: In der Übertragungsfunktion des Regelantriebs finden sich nur die linearen Trägheiten und Elastizitäten der Antriebe.

Besonders vorteilhaft macht sich ein solches Regelungskonzept bei Antrieben bemerkbar, bei denen ein relativ kleiner Regelantrieb ausreicht, die Fehler des Leistungsantriebs zu kompensieren und bei denen durch diese Kompensation der Leistungsantrieb wesentlich günstiger gestaltet werden kann. So entsteht nach außen ein präziser Antrieb, bei dem der größte Teil der Leistung mit Standardkomponenten erzeugt wird.

Die Bilder 4 bis 6 zeigen beispielhaft die Simulation eines Antriebes mit einer Solldrehzahl von 180 Umdrehungen pro Minute und einem Nenndrehmoment von 2000 Nm. Der Antrieb dient als Gleichlaufantrieb und muss kleinen Sollwertänderungen um eine mittlere Drehzahl herum möglichst gut folgen. In Bild 4 ist zunächst der Zeitverlauf der Drehzahl für den Leistungsantrieb ohne Regelantrieb dargestellt. Die Solldrehzahl weist nach dem Hochlauf auf 180 Umdrehungen pro Minute einen Sattel auf, der den Eingriff der überlagerten Winkelgleichlaufregelung repräsentiert. Deutlich erkennbar ist, dass der Leistungsantrieb dem Sollwert nur sehr verzögert folgt und auf die Sollwertänderungen kaum reagiert. Entsprechend zeigt die Differenz zwischen Soll- und Istdrehzahl Schwankungen von 4,5 Umdrehungen pro Minute.

CA801-04-Abb_5_tm_02.jpg
Bild 5. Zeitverlauf der Solldrehzahl, der Istdrehzahl und der Drehzahlabweichung beim Doppelantrieb. Bild 6. Zeitverlauf des Drehmoments von Regelantrieb und Leistungsantrieb.
CA801-04-Abb_6_tm_02.jpg
Bild 5. Zeitverlauf der Solldrehzahl, der Istdrehzahl und der Drehzahlabweichung beim Doppelantrieb. Bild 6. Zeitverlauf des Drehmoments von Regelantrieb und Leistungsantrieb.

Abbildung 5 zeigt den Drehzahlverlauf mit Eingriff des Regelantriebes. Der Regelantrieb ist dabei über eine stark vereinfachte Übertragungsfunktion mit Tiefpass 2. Ordnung eingebunden. Mit dieser sehr einfachen Regelung lässt sich die Drehzahlabweichung bereits auf weniger als die Hälfte des Ursprungswertes reduzieren (2 Umdrehungen pro Minute). Das in Bild 6 aufgenommene Drehmoment des Regelantriebes beträgt maximal 400 Nm beziehungsweise effektiv weniger als 200 Nm, um die Fehler des Leistungsantriebes mit 2000 Nm zu korrigieren. Ergo muss der Regelantrieb nur für weniger als 20 Prozent des Drehmoments des Leistungsantriebes ausgelegt werden. Obschon die rechnerische Simulation das große Potenzial dieses Konzepts aufzeigt, steht die tatsächliche Erprobung noch aus.

Zum Nachweis der Praxistauglichkeit und zur Optimierung des Reglers sind daher weitere Untersuchungen erforderlich. Dabei stehen insbesondere die Robustheit gegenüber Parameterschwankungen und die konstruktive Realisierung im Fokus. gh

Dr. Carsten Fräger

ist tätig im Bereich Produktmanagement Servotechnik bei Lenze, Hameln.

Der Leistungsantrieb, der in diesem Fall eine Leistung von 37 kW zur Verfügung stellen muss, ist als Drehstromgetriebemotor mit Frequenzumrichter ausgeführt. Das Getriebe treibt über eine drehelastische Welle mit der Steifigkeit CLA die Walze an. Mit der Welle ist ein Drehgeber verbunden. Der Regelantrieb – ein getriebeloser Permanentmagnet-Servomotor mit Servoumrichter – treibt die Walze über eine Welle mit der Drehsteifigkeit CRA an und erhält als Sollwert die Differenz aus dem Drehzahlsollwert für den gesamten Antrieb und dem Istwert des Gebers an der Welle des Leistungsantriebs multipliziert mit der Verstärkung.

Kurzum: Die beiden Antriebe wirken über eine gemeinsame Verbindung als Gesamtantrieb auf die Last (Bild 2), sprich: Nach außen wirkt dieses „Doppel“ wie ein einziger Antrieb!

Zwar muss der Regelantrieb äußerst präzise sein, das heißt, eine hohe Steifigkeit gegenüber Störgrößen und Lastsprüngen haben, eine schnelle Regelung mit hoher Grenzfrequenz ermöglichen und nicht zuletzt für kleine Winkel- beziehungsweise Wegfehler sorgen; was die Leistung betrifft, reicht für diese Zwecke jedoch ein 3,8-kW-Antrieb aus. Mit anderen Worten: Ein hochgenauer Antrieb ist nur für etwa 10 % der geforderten Maschinenleistung erforderlich. Ergo fallen die Maßnahmen zur Präzision kostenseitig nicht so stark ins Gewicht!

CA801-04-Abb_2_tm_03.jpg
Bild 2. Prinzipielles Zusammenwirken von Parallelantrieb aus Leistungsantrieb und Regelantrieb auf die gemeinsame Last.

  1. Der Parallel-Antrieb #####
  2. Der Parallel-Antrieb
  3. Die Fehlerkompensation

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!