Interessant ist der Vergleich zwischen Thunderbolt einerseits und den beiden Framegrabber-gestützten Schnittstellen CoaXPress und CameraLink HS andererseits. Ein großes Plus der Framegrabber-losen Thunderbolt-Schnittstelle ist die einfachere Anwendung und Handhabung. Zudem handelt es sich bei CoaXPress und CameraLink HS um reine Bildverarbeitungs-Schnittstellen, deren Verbreitung auf die Industrie beschränkt bleiben wird, während die Standard-Schnittstelle Thunderbolt in der Consumer-Welt weiter an Boden gewinnen dürfte. Den Kostenwettbewerb könnte also Thunderbolt für sich entscheiden.
Bei der maximalen Übertragungsrate punkten CoaXPress mit n x 6,25 GBit/s (typisch 4 x 6,25 GBit/s) und CLHS fiber mit n x 10 GBit/s (n = Anzahl der Kabel). Auch in puncto Kabellänge haben CoaXPress und CameraLink HS die Nase vorn: CoaXPress ermöglicht elektrische Kabel von 130 m Länge, wobei sich die 130 m allerdings nicht auf die maximale Geschwindigkeit von 6,25 GBit/s beziehen. Bei CXP6 mit 6,25 GBit/s erreicht man nach unserer Erfahrung mit verfügbaren Kabeln typischerweise 20 m - eventuell sind über Spezialkabel noch ein paar Meter mehr drin. CameraLink HS unterstützt im optischen Fall Kabellängen von mehreren 100 m bzw. sogar einigen km, abhängig vom Kabeltyp. Im Gegensatz zu Thunderbolt und CoaXPress unterstützt CameraLink HS derzeit allerdings noch kein »Power over«.
Wie viel Potenzial hat Thunderbolt?
Trotz der genannten Vorteile wird Thunderbolt nicht von heute auf morgen den Markt umkrempeln, weder in der Consumer-Elektronik noch in der industriellen Bildverarbeitung. Zum einen sind Standards wie USB 3.0 oder GigE inzwischen weit verbreitet und bieten eine mehrstufige Abwärtskompatibilität; zum anderen sind Thunderbolt-Steckkarten und -Mainboards derzeit noch rar und teuer. Dies gilt auch für die Kabel: So verlangt Apple in seinem Store aktuell für ein 2 m langes elektrisches Thunderbolt-Kabel 45 Euro, und für ein 60 m langes optisches Kabel von Corning sind fast 1300 Euro fällig. Mit zunehmender Verbreitung von Thunderbolt in der Consumer-Welt ist jedoch von signifikanten Kostensenkungen auszugehen. So beobachten wir dort eine wachsende Anzahl von Mainboards und PCs mit Thunderbolt-Schnittstelle. In den neuesten MacBooks sind bereits Thunderbolt-2.0-Schnittstellen mit 20 GBit/s verbaut.
In der industriellen Bildverarbeitung spielen weniger die (noch) hohen Kosten eine Rolle als vielmehr die verbreitete Skepsis in puncto Übernahme von Consumer-Standards. Dies war anfangs auch bei der mittlerweile fest etablierten USB-Schnittstelle der Fall. Die Aussicht, dass bei weiter wachsenden Bildsensor-Auflösungen die Übertragungsstrecke zum Flaschenhals wird, könnte hier jedoch ein Umdenken bewirken, denn mit Thunderbolt ließen sich bisher unerreicht hohe Bildraten realisieren. Die Bildverarbeiter tun also gut daran, die weitere Entwicklung im Auge zu behalten.