Der Zukunftsmarkt der stationären Energiespeicherung nimmt Gestalt an

Wenn die Sonne auf Abruf zur Verfügung steht

23. August 2012, 14:11 Uhr | Engelbert Hopf
Bernhard Frank, AIC Europe: »Das größte Potential haben Blei-basierte Lösungen zur Zwischenspeicherung von PV-Strom dort, wo sich mit Hilfe einer passenden PV-Anlage ein Dieselmotor als Stromlieferant ersetzen lässt.«
© AIC Europe

Ohne Stromspeicherung und die Integration dezentraler Energiespeicher in das Stromnetz wird die Energiewende kaum gelingen. Die damit entstehenden Anforderungen eröffnen der Batteriebranche neue Geschäftspotentiale. Welche Elektrochemie das Rennen macht, ist noch offen.

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PV-Anlagenbesitzer, die ihren Solarstrom dazu nutzen, um sich autark vom Stromnetz zu machen, sind heute noch die absolute Ausnahme. Das hat vor allem damit zu tun, das es sich bei der Erzeugung von PV-Strom oder Energie, die aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, um eine flukturierende, erzeugungsabhängige Generierung von Energie handelt.

»Die mangelnde Gleichzeitigkeit zwischen Erzeugung und Verbrauch beschränkt den Eigenverbrauch einer PV-Anlage ohne eine Möglichkeit der Zwischenspeicherung auf rund 30 Prozent«, bestätigt Prof. Michael Powalla, Mitglied des Vorstands des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg (ZSW) und Leiter des Geschäftsbereichs Photovoltaik.

Durch den Einsatz eines Zwischenspeichers, etwa in Form einer Batterie, ließen sich Teile des am Mittag anfallenden Ökostroms auch am Abend und in der Nacht nutzen. Welche Möglichkeiten es hier gibt, wird seit Jahren im Rahmen des deutsch-französischen Forschungsprojekts Sol-Ion erforscht. Untersuchungen auf dem ZSW-Testgelände Widderstall auf der Schwäbischen Alb haben nach den Worten von Prof. Powalla gezeigt, »dass es selbst von Februar bis Mitte März möglich war, mit einer Anlage, die 5,1 kWp Leistung liefert, einen Batteriezwischenspeicher täglich mit durchschnittlich 4 kWh Sonnenenergie zu beladen«.

Fazit: Die gespeicherte Energiemenge würde schon im Frühjahr ausreichen, um den Strombedarf eines Vier-Personen-Haushalts in den Abendstunden abzudecken. Gegenüber einer zwischenspeicherlosen Lösung gelang es so, den Eigenverbrauchsanteil in einem Testgebäude um 26 Prozentpunkte zu erhöhen.

Ersparnis für Endkunden und Industrie

Holger Schuh, Saft
Holger Schuh, Saft Batterien: »Wir setzen zur Zwischenspeicher von PV-Strom auf eine industriell gefertigte Lithium-Technologie mit 20 Jahren kalendarischer Lebensdauer.«
© elektroniknet.de

Durch die zum 1. April reduzierte Einspeisevergütung wäre es schon heute rechnerisch möglich, mit dem selbsterzeugten Strom günstiger zu fahren als mit der zur Zeit 23 bis 25 Euro-Cent kostenden Kilowattstunde vom Netz. Natürlich lassen sich mit diesen minimalen Vorteilen noch keine Zwischenspeichersysteme finanzieren, deshalb werden die Early-Adopter wohl Solarpioniere sein, die aus Überzeugung handeln.

Nach Einschätzung von Matthias Vetter vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE könnte die Zwischenspeicherung photovoltaisch erzeugter Energie aber schon in naher Zukunft für mehr PV-Anlagenbesitzer interessant werden. »In der Zukunft werden Einspeisevergütung und Strompreis so weit auseinanderklaffen, dass sich der Einsatz dezentraler Speicher für Endkunden auch ohne Energieverbrauchsregelung lohnen wird«, versichert er, »mit etwas größer ausgelegten Photovoltaik-Batteriesystemen sind auch in Deutschland solare Deckungsanteile von bis zu 80 Prozent in Ein- und Mehrfamilienhäusern möglich«.

Schon heute sind in Deutschland über 1 Mio. Solaranlagen installiert, und in Zukunft werden noch weitere hinzukommen. Vetter weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass Zwischenspeicherlösungen nicht nur für private PV-Anlagenbesitzer in Zukunft an Bedeutung gewinnen werden, »auch für Gewerbe und Industrie sind durch die hohen verbrauchsabhängigen Stromkosten zukünftig Kosteneinsparungen über intelligente Komplettlösungen mit effektiven Speichertechnologien und Energiemanagementsystemen möglich«.

Marktanreizprogramm in Aussicht

Herbert Schein, Varta Microbattery
Herbert Schein, Varta Microbattery: »In Deutschland sind heute schon über 1 Million Solarsysteme installiert. Wir sind zuversichtlich, mit der „Engion Family“ bereits 2013/14 relevante Umsätze zu erzielen. «
© Varta Microbattery

Nachdem der E-Mobility-Hype inzwischen dem nüchternen Abarbeiten technischer Anforderungen gewichen ist, hat nicht nur die Solarindustrie, sondern auch die Batteriebranche erkannt, dass die stationäre Energiespeicherung interessante Wachstumsraten bietet - vielleicht nicht so hohe, wie der Zukunftsmarkt E.-Mobility, dafür aber deutlich schneller. Wenn dann noch eine staatliche Förderung hinzukäme, wären alle Beteiligten wohl mehr als glücklich.

Nun, nach staatlicher Förderung sieht es derzeit noch nicht aus, aber in der schlussendlich verabschiedeten Anpassung des EEG ist neben den Kompromissen bei der Einspeisevergütung auch vereinbart worden, dass die Bundesregierung noch in diesem Jahr ein neues technologieoffenes Marktanreizprogramm mit zinsverbilligten Krediten für dezentrale Speicher bei der KfW in Höhe von mindestens 50 Mio. Euro initiiert.

Gleichzeitig wurde vereinbart, dass die Bundesregierung für die Forschung bezüglich dezentraler Speicher eine substanzielle Erhöhung der Mittel bereitstellt. Darüber hinaus prüft die Bundesregierung, wie in Zukunft rechtliche Hindernisse für die Versorgung von Mietern mit preisgünstigem EEG/KWK-Strom aus dem bewohnten Gebäude zum Eigenverbrauch beseitigt werden können.


  1. Wenn die Sonne auf Abruf zur Verfügung steht
  2. Diverse Technologien im Rennen

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