Blockcopolymere sind Makromoleküle, die aus zwei chemisch verschiedenen Ketten bestehen. An genau einer Stelle sind die Ketten miteinander verknüpft. Damit nun ein solches Makromolekül für den Bau von Halbleitern geeignet ist, müssen hinsichtlich der beiden Ketten vor allem die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein: In der einen Kette wiederholt sich mehrfach eine Moleküleinheit, die Elektronen leitet; in der anderen Kette wiederholt sich mehrfach eine Moleküleinheit, die Löcher leitet. Die so strukturierten Ketten verteilen sich auf räumlich klar unterscheidbare, nanometergroße Bereiche des Makromoleküls. Ihre chemische Verknüpfung gewährleistet, dass sich die beiden unterschiedlichen Molekülteile nicht weiter räumlich trennen können.
Blockcopolymere mit einem derartigen Aufbau lassen sich, wie Dr. Ruth Lohwasser in ihrer Arbeit zeigt, zu wohlgeordneten Großstrukturen zusammenfügen. Die von ihr entwickelten Syntheseverfahren führen zu polymeren Halbleitern, die eine Vielzahl deutlich getrennter, aber eng benachbarter Transportbahnen für Elektronen und Löcher enthalten. Eine Pointe ihrer Forschungen liegt in dem Nachweis, dass sich durch ein gezieltes Feindesign der Blockcopolymere die Strukturen, Eigenschaften und Verhaltensweisen der Halbleiter steuern lassen, die bei der Synthese herauskommen. Wenn man beispielsweise die Anzahl der sich wiederholenden Moleküleinheiten und damit die Länge der beiden ladungsleitenden Ketten erhöht oder verringert, ändert sich auch die Größe und die Art der Transportbahnen.
»Diese materialwissenschaftlichen Grundlagen helfen bei der Entwicklung künftiger polymerer Halbleiter, die in organischen Solarzellen für eine effiziente Stromgewinnung sorgen können«, sagt die Bayreuther Polymerwissenschaftlerin. »Damit sind wir dem Ziel näher gekommen, eines Tages großflächige und kostengünstige Plastikfolien herstellen zu können, die Lichtenergie in Elektrizität verwandeln.«
Und noch ein weiterer Aspekt macht die neuen Forschungsergebnisse nicht nur für die Industrie, sondern auch für die Öffentlichkeit attraktiv: Durch das Feindesign der Kunststoffmoleküle lassen sich die Farben und weitere ästhetisch relevante Eigenschaften der organischen Solarzellen gezielt beeinflussen.
Erfolgreich gegenüber internationalen Wettbewerbern
In Hinblick auf die hohe gesellschaftliche Bedeutung ihrer Grundlagenforschung ist Dr. Ruth Lohwasser der mit 10.000 Euro dotierte Erste Preis bei den DSM Science & Technology Awards (South) 2012 zuerkannt worden. In der Endrunde dieses multinationalen Wettbewerbs konnte sich die Bayreuther Absolventin gegenüber 11 anderen Nachwuchswissenschaftlern aus Frankreich, der Schweiz, Österreich und Süddeutschland durchsetzen, nachdem sie ihr Doktorvater Prof. Dr. Mukundan Thelakkat für die Auszeichnung vorgeschlagen hat. Bei einer Festveranstaltung in Interlaken / Schweiz nahm sie den Preis persönlich entgegen. Die DSM Gruppe ist ein weltweit agierendes Unternehmen mit Schwerpunkten u.a. in den Bereichen Gesundheit, Ernährung und Neue Materialien.