Bürgerproteste und Bürokratie

Übertragungsnetze: 2013 null Kilometer Zubau

10. Dezember 2013, 13:15 Uhr | Hagen Lang
Unverzichtbar aber ungeliebt: Die Stromtrassen der Energiewende.

Das Kernstück der Energiewende stagniert: keiner der 1855 geplanten Kilometer zusätzlicher Übertragungsnetze wurden 2013 fertiggestellt. Bürgerproteste und umständliche Genehmigungsverfahren seien verantwortlich. Süddeutschland drohen 2016 Stromengpässe.

Diesen Artikel anhören

Damit nach dem Abschalten von Deutschlands Atomreaktoren die Regenerativenergien von den Erzeugungsstandorten (Norden) zu den Verbrauchsorten (Süden) gelangen, verordnet das Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) den umfassenden Ausbau der Stromübertragungsnetze. Doch von den 1855 als dringlich eingestuften Übertragungsnetz-Kilometern sind erst 268 km fertiggestellt. Davon 2013 kein einziger Kilometer.

Der jetzt bekannt gewordene Monitoringbericht der Bundesnetzagentur fasst die Lage zusammen: »Ursprüngliches Ziel war es, einen Großteil der EnLAG-Vorhaben bis zum Jahr 2015 zu verwirklichen. Bei realistischen Schätzungen ist jedoch davon auszugehen, dass bis 2016 nur etwa 50 Prozent erreicht werden.« Ursache für die Verzögerungen ist eine bundesweite Klagewelle, die sich den Neu-Trassen der Netzbetreiber entgegenstellt, Planungsänderungen sowie umfangreiche Abstimmungsverfahren, die zwischen Genehmigungsbehörden unterschiedlicher Verwaltungsebenen, Gebietskörperschaften und Bundesländern nötig sind.

Spannend wird es vor allem für Bayern, wo 2015 das AKW Grafenrheinfeld abgeschaltet wird. Die Versorgung sollte danach über die »Thüringer Stromautobahn« stattfinden, ein 210 Kilometer langes Netzteilstück, das vom sachsen-anhaltinischen Bad Lauchstädt ins fränkische Redwitz führt. Wütende Bürgerproteste und Klagen bis zum Bundesverwaltungsgericht verzögerten das Projekt.

Jochen Homann, Chef der Bundesnetzagentur sagte der dpa, seine Behörde glaube zwar, die Leitung wie geplant Ende 2015 fertig stellen zu können, habe jedoch für alle Fälle schon den Reserverkraftwerksbedarf für den Winter 2015/16 berechnet. Die Stromreserve müsse gegebenenfalls von 2,5 auf 4,8 GW verdoppelt werden.

Dem seit Jahren verbreiteten Optimismus der Bundesnetzagentur widerspricht Alfred Gaffal, Präsident des Verbandes der Bayerischen Wirtschaft (vbw), der erst 2017 mit einer Fertigstellung der Thüringer Strombrücke rechnet und von der Bayerischen Staatsregierung einen »Versorgungssicherheitsplan B« fordert. Er glaubt, »dass Bayern Strom weder aus anderen Regionen Deutschlands noch aus dem Ausland beziehen kann«, wenn Grafenrheinfeld abgeschaltet wird und vor einem Strom-Notstand steht.


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Energietechnik