Ein Wirrwarr von Standards, Schnittstellen und Protokollen

Smart Home: Ordnung ins Chaos!

23. Oktober 2012, 17:04 Uhr | Heinz Arnold

Was ist überhaupt ein Smart Home, mit und mit welchem Aufwand lässt es sich heute umsetzen? Welche Protokolle sind für welchen Zweck erforderlich und wie lassen sich die Geräte verbinden?

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»Intelligent machen das Haus die Sensoren und die Steuerung. Außerdem muss das Haus anzeigen, was es gerade macht«, erklärt beispielsweise Prof. Christian Pätz von der Z-Wave-Alliance. Das ist aber nur eine Definition.

Und in der Praxis scheint durchaus Verwirrung zu herrschen. Es gibt Systeme, die einen relativ niedrigen Einstiegspreis versprechen, beispielsweise von RWE oder auch von vielen kleineren Anbietern. Sie bestehen meist aus einem Gateway, das mehrere Geräte im Haus miteinander verbindet. Im Starter-Paket von RWE sind beispielsweise das Gateway sowie Heizkörperthermostate, Zwischenstrecker und Wandsender enthalten. Dazu können die Kunden sich weitere Pakete etwa für die Sicherheit im Haus, für den Brandschutz, für die Rolladensteuerung oder für die Fußbodenheizung kaufen.

Doch das sind nach Ansicht von Klaus Becker von Becker Training & Consulting nur Inselansätze. Wer ein Smart Home von Grund auf aufbauen will, der muss sich von vorne herein um viele Ebenen kümmern. Angefangen von den physikalischen Schnittstellen und den Verkabelungsstruktur en bis hin zu der TCP/IP-Anbindung.

Becker gibt ein Beispiel aus einem Pilotprojekt in Karlsruhe, wo eine Wohnung so ausgerüstet wurde, dass Lastverschiebungen möglich werden. Die Haushaltsgeräte beispielswese können über PLC mit der Gateway kommunizieren, die Verbindung zum Schaltschrank im Haus geschieht dann über Ethernet. Thermostate sind über BACnet mit dem Schaltschrank verbunden und die Home-Entertainment-Anlage direkt über Ethernet. Das ist schon ein erheblicher Aufwand, wie allein die Größe und das Innenleben des Schaltschranks zeigen. Und billig ist das natürlich auch nicht gerade.

»Bei vielen Smart Home-Konzepten, die in Broschüren angepriesen werden, frage, ich mich, wie die physikalische Anbindung der verschiedenen Elemente – von den Haushaltsgeräten über die Thermostaten bis hin zu den Sensoren in den Rolladen oder Fenstern – denn tatsächlich geschehen soll«, sagt Becker. Für die Verkabelungsstrukturen etwa muss sich der Bauherr ja an gewisse Normen halten, etwa an die EN50173-4, die die Anforderungen an die Heimumgebung festlegt. Hier ist etwa die Steuerung, Regelung und Kommunikation in Gebäuden festgelegt. Das kann zum Beispiel mit KNX und vielen anderen Protokollen geschehen.

Doch der Trend geht eindeutig zu TCP/IP. So hat die Internet Engineering Task Force die Arbeitsgruppe Homenet gegründet, die davon ausgeht, dass das im Heimnetz Dual Stack oder gleich IPv6 vorhanden ist. Auch für die ITU besteht das Ziel darin, eine Infrastruktur auf IP-Basis zu definieren. »Protokolle wie KNX werden dort als Aliens bezeichnet«, so Becker.

Um etwas mehr Struktur in das Chaos zu bringen, verfolgt Becker vor allem die Strategie, das OSI-7-Schichtenmodell konsequent auf das Heim anzuwenden und Protokolle wie KNX, MBus oder EEBus entsprechend einzuordnen. So ließen sich die unterschiedlichen Ansätze ins Smart Home integrieren. Das ist für diese Anwendungen besonders wichtig, weil im Gegensatz zur Gebäudeautomatisierung in der Heimautomatisierung die Trennung zwischen Gebäudeautomatisierung und Datennetzen nicht sinnvoll ist. Von TVIP über die Automatisierung bis zu Internet-Applikationen und der Möglichkeit, dass Energiedienstleister Lasten verschieben können, muss also alles über ein einziges Netz laufen. »Die ITU versucht mit G.hn das Chaos der verschiedenen verfahren in den Griff zu bekommen und den Wildwuchs zu begrenzen. Vorteilhaft ist hier, dass sowohl Entertainment als auch die Steuerungs- und Regelungstechnik Berücksichtigung finden«, so Becker.

»Wir werden um Home-Networking nicht herum kommen, wir dürfen es aber keinesfalls nur auf Smart Metering reduzieren«, so sein Fazit. Nur so erhielten die Energieversorger die Möglichkeit, Lastverschiebungen durchführen zu können.

Oft vergessen wird in der Diskussion aber häufig, wer denn die das Smart Home zum Schluss installiert. »Leider kennen sich die Handwerker und Elektroinstallateure auf diesem Gebiet noch zu wenig aus, die Häuslebauer werden im Regen stehen gelassen.« Es bleibt also noch viel zu tun.



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