dena-Netzstudie II

Roadmap für den Umbau des deutschen Stromnetzes vorgelegt

24. November 2010, 17:32 Uhr | Nicole Wörner
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Netzausbau, Auswirkungen und Ausblick

Ausbaubedarf für Standard-Freileitungen, Temperatur-Monitoring und Hochtemperaturleiterseile

Bei Verwendung etablierter 380-kV-Freileitungstechnik müssen lt. der Studie 3600 km Höchstspannungstrassen bis zum Jahr 2020 neu gebaut werden. Die Kosten für diese Basisvariante betragen einschließlich des Anschlusses der Offshore-Windparks insgesamt 9,7 Milliarden Euro. Neben der Basisvariante mit Standardübertragungsfähigkeit wurden auch zwei technische Varianten mit höherer Betriebsmittelbelastbarkeit im Übertragungsnetz berechnet, Freileitungsmonitoring und Hochtemperaturleiterseile. Beim Freileitungsmonitoring wird die Betriebstemperatur der Leiterseile überwacht, um bei bestimmten Witterungsbedingungen mehr Strom durchzuleiten. Weil diese Witterungsbedingungen aber nur zeitlich begrenzt auftreten, lässt sich durch dieses Verfahren der Netzausbau nur sehr geringfügig auf 3500 km reduzieren. Darüber hinaus müssten weitere 3100 km der bestehenden Freileitungstrassen im Übertragungsnetz baulich angepasst werden. Die Kosten wären mit insgesamt 9,8 Milliarden etwas höher als in der Basisvariante.

Beim Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen ergibt sich ein Netzausbaubedarf von 1.700 km neuer Trassen und eine Umrüstung von 5.700 km bestehender Trassen. Durch die Umrüstung bestehender Leitungen sind höhere Seilkosten, Mastmodifikationen und Provisorien notwendig. Die Investitionskosten wären deshalb mit 17 Milliarden Euro wesentlich höher als bei den anderen beiden untersuchten Varianten.

Netzausbau auf Basis alternativer Übertragungstechnologien

Neue Freileitungen verändern das Landschaftsbild. Anwohner machen sich auch häufig Sorgen über mögliche Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt. In den betroffenen Regionen wird deshalb oft gefordert, die Leitungen in die Erde zu verlegen. Die Netzstudie II hat hierfür verschieden Varianten untersucht. Der Einsatz erdverlegter Gleichspannungstrassen reduziert den benötigten Netzausbau geringfügig auf 3400 km, ist aber mit Kosten von 22 bis 29 Milliarden Euro deutlich teurer.

»Wir brauchen eine Akzeptanzoffensive, die bei der Bevölkerung das Bewusstsein schafft, dass Deutschland den Netzausbau braucht«, so Kohler. »Unsere Studie hat für die Bewertung der verschiedenen technischen Optionen klare und nachvollziehbare Kriterien erarbeitet, die neben der technischen Realisierbarkeit auch die Kosten und die Auswirkungen auf die Umwelt berücksichtigen. In der nun notwendigen konkreten Trassenplanung können diese Kriterien als Entscheidungshilfe dienen, um zum Beispiel die Vor- und Nachteile von Freileitungs- oder Erdkabelsystemen zu verdeutlichen. Das fehlende Stromnetz darf nicht zum Flaschenhals werden, der den Ausbau der erneuerbaren Energien bremst.« Die 2005 veröffentlichte dena-Netzstudie I hatte bereits einen Ausbaubedarf von 850 km bis 2015 ermittelt. Davon wurden bislang aber erst 90 km fertig gestellt.

Auswirkungen der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken

In der dena-Netzstudie II wurde der im Jahr 2008 geltende Ausstieg aus der Kernenergie unterstellt. Die Auswirkungen der im Oktober 2010 vom Deutschen Bundestag beschlossenen Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke wurden nachträglich durch das Gutachterkonsortium geprüft. Demnach hat die Laufzeitverlängerung keine grundlegenden Auswirkungen auf den benötigten Netzausbau.

Ausblick und Empfehlungen

Die Realisierung von Netzinfrastrukturmaßnahmen dauert nach Studienergebnissen in Deutschland bis zu zehn Jahre. Dadurch kommt es zunehmend zu einem Ungleichgewicht zwischen der Kapazität der erneuerbaren Energien und der dafür notwendigen Netzinfrastruktur. Deshalb müssen die in der dena-Netzstudie II dargestellten Szenarien durch einen Maßnahmenkatalog ergänzt werden, um eine schnelle Realisierung zu ermöglichen. Aus der dena-Netzstudie II ergeben sich dafür folgende Empfehlungen:

- Gründliche Prüfung und Planung konkreter bzw. trassenscharfer Netzausbaumaßnahmen

- Beschleunigung der Genehmigungsverfahren und Verbesserung des rechtlichen Rahmens

- Maßnahmen zur Erhöhung der Akzeptanz für den erforderlichen Netzausbau,

- Prüfung alternativer Übertragungstechnologien im Rahmen zukünftiger Netzplanungen

- Durchführung von Pilotprojekten für den Einsatz ausgewählter Technologien.


  1. Roadmap für den Umbau des deutschen Stromnetzes vorgelegt
  2. Netzausbau, Auswirkungen und Ausblick
  3. Hintergrund: Was ist die dena-Netzstudie II?

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Energietechnik