Die Schere zwischen Windenergie und Netzausbau öffnet sich weiter

Matthias Kurth, Bundesnetzagentur: »Blackouts drohen nicht«

2. November 2010, 17:55 Uhr | Heinz Arnold
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90 km gebaut – von 800 km

 In der Dena-1-Studie von 2005 haben die Autoren – von der damaligen Situation ausgehend, also ohne die Berücksichtigung eines sehr hohen Anteils an fluktuierenden Energiequellen – den Bau neuer Trassen mit einer Länge von insgesamt 800 km vorgeschlagen. Wie viel davon sind denn inzwischen gebaut worden?

90 km.

Warum erst so wenig?

Weil die Raumordungs- und Planfeststellungsverfahren so lange dauern. Die Strecke Hamburg/Krümmel-Schwerin sollte 2007 in Betrieb gehen, jetzt findet gerade das Planfeststellungsverfahren in Schwerin statt…

…und das schöne HGÜ-Kabel BorWin 1 vom Windpark nach Diele nützt nicht viel, wenn der Strom dann nicht wie geplant über die 380-kV-Leitung an den Niederrhein transportiert werden kann.

Diese Trasse soll bis 2015 fertig gestellt sein, das Raumordungsverfahren beginnt jetzt, das Planfeststellungsverfahren ist in Vorbereitung. Und dann treten nach aller Erfahrung erst die wirklichen Probleme auf. Es gibt also noch einiges zu tun.

Wenn man davon ausgehen darf, dass die vor dem Abschluss stehende Dena-2-Studie unter Berücksichtigung des stark steigenden Anteils von fluktuierenden Energiequellen wie Wind einen viel größeren Bedarf an neuen Trassen feststellen wird, zeigt sich doch eins: die Schere zwischen dem erforderlichen und dem tatsächlichen Ausbau der Übertragungskapazität öffnet sich immer weiter. Tut jemand etwas dagegen?

Über das Energieleitungsausbaugesetz vom Juni 2009 soll das beschleunigt werden. Hier sind vor allem die Planungsbehörden gefordert.

Allerdings verfallen wir auch nicht in Schockstarre. Wir müssen alle für den schnelleren Ausbau der Netze werben.

Viele wenden sich aber gegen den Eingriff in die Natur, die Trassen verschandeln eben die Landschaft…

 Wir sollten darauf achten, die Belastungen für die Natur möglichst zu minimieren, etwa indem man neue Trassen entlang bestehender Trassen oder entlang von Autobahnen sowie Bahnlinien verlegt, was bereits häufig geschieht.

Das Hauptproblem liegt ja darin, dass niemand die Trassen vor seiner Tür haben will, sogar mögliche gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die Wechselfelder der Freileitungen werden ins Feld geführt. Kann man die Leitung nicht einfach unter die Erde legen?

Aus den Augen aus dem Sinn? Nein, im Ernst: über gewisse Strecken kann ein Erdkabel sicher eine Alternative bieten. Aber die Erdverkabelung von 380-kV-Kabel stößt schnell an technische Grenzen, längere Distanzen können mit AC-Kabeln schwer überbrückt werden. Die Kosten dürften dabei um den Faktor 2 bis 8 über denen einer 380-kV-Freileitung liegen. Eine HGÜ-Erdleitung kommt jedenfalls sehr viel teurer als eine Freileitung - das Gleiche gilt für gasisolierte Leitungen.   


  1. Matthias Kurth, Bundesnetzagentur: »Blackouts drohen nicht«
  2. Hochtemperaturleiter statt Netzausbau?
  3. 90 km gebaut – von 800 km
  4. An der Kapazitätsgrenze

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