Notfallmaßnahmen

Kaltfront bringt US-Netz an die Belastungsgrenze

30. Januar 2014, 17:35 Uhr | Hagen Lang
Ein GEOS 13 Bild der Kaltwetterfront über Nordamerika Anfang Januar 2014.
© NOAA/Wikipedia - public domain

In den USA bringt der »Polar Vortex«, ein persistenter Tiefdruckwirbel polarer Kaltluft, die Energienetze und -versorger an die Grenzen ihrer Belastung. Die »Utilities« sind zu Improvisationsmaßnahmen gezwungen.

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Nur mit Mühe konnte in mehreren Bundesstaaten der großflächige Lastabwurf, »Rolling blackout« genannt, verhindert werden. Die dabei ergriffenen Maßnahmen zeigen Improvisationstalent, aber auch den recht zweifelhaften Zustand des amerikanischen Versorgungsnetzes und die geringe Reserve, die in den USA für Nachfragespitzen vorhanden ist.

In New Hampshire mussten zur Aufrechterhaltung der Stromversorgung teure, mit Flug-Kerosin betriebene Turbinen eingesetzt werden. Netzbetreiber ISO-NE wies einen ganztägigen Betrieb der Turbinen im Kohlekraftwerk in Bow an. Grund ist eine Verknappung des Erdgas-Angebotes auf nur 25 Prozent der Normalmengen, weil sich die Gaspreise in Spitzen verzehnfachten. Die Turbinen wurden im Januar bisher dreimal eingesetzt.

Die Tennessee Valley Authority, der größte Stromversorger des Landes, bat ihre Kunden vergangene Woche, den Energieverbrauch einzuschränken, um die Netzstabilität zu gewährleisten. Zwar sei das Netz noch stabil, verringerter Energieverbrauch reduziere aber die Wahrscheinlichkeit von Netzausfällen. Tim Ponzeti, Vizepräsident der TVA für Netzbetrieb und Stromversorgung sagte der Washington Post: »Wenn es kälter als 7 Grad minus ist, sind bei jedem weiteren Temperaturrückgang um ein Grad 400 MW zusätzliche Elektrizität notwendig. Das ist fast so viel wie einer unserer hydroelektrischen Dämme bereitstellt.«

In Nord-Texas sorgte der gestiegene Energiebedarf für den Ausfall zweier Kraftwerke. Das zwischenzeitlich behobene Problem könnte bei anhaltendem kalten Wetter wieder auftreten, denn das Konzept des Kapazitätsmarktes für Strom ist in Texas völlig unbekannt. Reserven für Zeiten hohen Bedarfs sind deshalb praktisch nicht vorhanden.

In einer ganzseitigen Anzeige warnten vier texanische Energieversorger die Bevölkerung :»Wussten Sie, dass Texas auf dem Weg in eine Energie-Verlässlichkeits-Krise ist, mit der Möglichkeit, dass in wenigen Jahren Netzausfälle regelmäßig auftreten? Bei den niedrigen Temperaturen Anfang der Woche sind wir nur knapp einem Blackout entkommen. Wenn wir jetzt nicht handeln, werden wir in den kommenden Jahren nicht mehr so viel Glück haben.«

Zwei Atomreaktoren des Netzbetreibers PJM Interconnection LLC, der das flächenmäßig größte Netz von der Ostküste bis in den Mittleren Westen betreibt, gingen in der vergangenen Woche zeitweise vom Netz. Schuld war auch hier der arktische Winter, der zu einer Verdreifachung der Stromnachfrage führte. Der Spotpreis für Strom verdreifachte sich zwischenzeitlich um 466 Dollar auf 673 Dollar pro MWh. Nach Vorhersagen sollte die Kälteperiode in Nordamerika bis in den Februar hinein anhalten.


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