EUROPOL-Bericht: Geldwäsche mittels Regenerativenergien

Mafia investiert ins Windgeschäft

8. Juli 2013, 16:02 Uhr | Hagen Lang
Die Ausbreitung der Mafia in sizilianischen Orten im Jahr 1900 (rot) sowie die mafiafreien Orte (schwarz).
© Wikipedia/ Antonino Cutrera: La Mafia e i Mafiosi: Origini E Manifestazioni, 1900.

Die süditalienische Mafia arbeitet erfolgreich daran, die legale Wirtschaft zu infiltrieren, neuerdings besonders die Regenerativ-Energien. Das Europäische Polizeiamt EUROPOL erinnert in seinem jüngsten Bericht an einen unseligen Trend: Mafia-Investments in Windparks.

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EUROPOLS »Threat Assessment Organized Crime« zitiert einen italienischen Staatsanwalt: »Die italienischen Gruppen des organisierten Verbrechens sind die einzigen ökonomischen Wettbewerber der EU, die unter dem entgegengesetzten Problem aller anderen Unternehmer leiden: zu viel Bargeld und zu wenig Möglichkeiten es zu reinvestieren.«

Bereits in einem früheren Report prognostizierte EUROPOL, dass die staatlichen Subsidien für erneuerbaren Energien besonders leicht durch das organisierte Verbrechen auszunutzen seien. Der neue EUROPOL Report spricht von zunehmenden Berichten über Engagements italienischer Mafia-Gruppierungen, die darauf zielen, sich im »Alternativen oder Grünen Energie-Markt« festzusetzen, beispielsweise im Windfarmen-Geschäft. Diese Projekte böten attraktive Gelegenheiten, von üppigen Zuschüssen und Steuervergünstigungen der EU und der Mitgliedsstaaten zu profitieren. Die Investments hätten eine wichtige Funktion als Geldwaschanlagen, mit denen die Mafia nicht nur versuche, ihren immensen Reichtum zu rechtfertigen, sondern auch, sich am Markt als starker Wettbewerber zu präsentieren, der es sich leisten könne, »im Verlustbereich« zu wirtschaften und langfristig ein Quasi-Monopol anstrebe, das die Grundprinzipien des freien Marktes untergrabe.

2009 hatte die italienische Polizei den größten Schlag seit Einführung des italienischen Anti-Geldwäsche-Gesetzes gegen die Mafia ausgeführt. Vermögen und Anlagegüter im Wert von 1,5 Milliarden Euro beschlagnahmte sie beim sizilianischen Geschäftsmann Vito Nicastri, der stark in erneuerbare Energien investiert hatte. Konfisziert wurden unter anderem 43 in Sizilien und Kalabrien registrierte Wind- und Solarenergie-Unternehmen.

Im vergangenen Jahr beschlagnahmte die Polizei in einem Fall neben dem 96-MW großen Windpark »Wind Farm ICR« im sizilianischen Crotone Wertgegenstände im Gesamtwert von 350 Millionen Euro wegen Mafia-Verdacht. Den Windpark mit 48 Turbinen hatte die wegen Finanzspekulationen in Schieflage geratene landeseigene HSH Nordbank mit 200 Millionen Euro finanziert. Auftraggeber der sizilianischen »Energiewende« war der örtliche Mafia-Clan der alteingesessenen Familie Arena. Die Steuerzahler von Schleswig-Holstein und Hamburg, die die HSH Nordbank bereits 2009 mit drei Milliarden Euro Hilfe vor der Pleite retten mussten, können sich anscheinend auf die Abschreibung des sizilianischen Investments einstellen.

Laut EUROPOL »ist und war« auch der Handel mit Müll und Giftmüll eine Tat, die die Mafia wegen der vermuteten hohen Gewinnspannen und der relativen Gefahrlosigkeit aktiv verübt.

Der italienische Verband klein- und mittelständischer Unternehmen »Confesercenti« veröffentlichte 2012 die Studie »SOS Impresa« (SOS Unternehmen), die den kombinierten jährlichen Umsatz der italienischen Mafiagruppen auf 140 Milliarden Euro beziffert. Damit wäre die Mafia das größte Unternehmen Italiens.


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