Akkus

Welche Ladezustands- Bestimmung eignet sich für LiFePO4/Li4Ti5O12 ?

19. Dezember 2013, 13:28 Uhr | Von Prof. Dr. Jonny Dambrowski
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Impedanz-basierende Methoden

Als elektrochemische Impedanzspektroskopie (EIS) wird ein Messverfahren bezeichnet, mit dem die komplexe (frequenzabhängige) Impedanz

left parenthesis 4 right parenthesis space Z left parenthesis omega right parenthesis equals R open curly brackets Z close curly brackets left parenthesis omega right parenthesis plus j times I open curly brackets Z close curly brackets left parenthesis omega right parenthesis equals open vertical bar Z close vertical bar left parenthesis omega right parenthesis e to the power of j phi left parenthesis omega right parenthesis end exponent

eines elektrochemischen Systems, wie zum Beispiel einer Akkuzelle, bestimmt werden kann. Dabei bezeichnen R{Z}, I{Z}, |Z| und φ Real-, Imaginärteil, Betrag und Phasenverschiebung von Z, die allesamt Funktionen der Frequenz ω sind. Diese Art der Darstellung im Frequenzbereich führt zu den wohlbekannten Bode- (|Z|(ω), φ(ω)) und Nyquistdiagrammen (I{Z}, R{Z}).

Bei der EIS wird zwischen galvanostatischer und potenziostatischer Anregung unterschieden. In der Batterieforschung wird meistens die galvanostatische Anregung verwendet, bei der ein Stromsignal eingeprägt und die Spannungsantwort gemessen wird. Bei der potenziostatischen Anregung wird der Zelle ein Spannungssignal auferlegt und die Stromantwort gemessen.

Systemtheoretisch ist die Impedanz nichts anderes als die Übertragungsfunktion des Systems „Akku“, d.h. der Quotient der Fouriertransformierten I(ω) := F{i(t)} des Eingangsstromsignals i(t) und der Fouriertransformierten U(ω) := F{u(t)} der Spannungsantwort u(t) des Akkus, d.h. Z(ω) := U(ω)/I(ω).

In der Regel wird der Akku mit einem sinusförmigen Strom i(t) = î sin(ωt) mit vorgegebener Frequenz ω → {ωmin,..., ωmax} beaufschlagt und die Spannungsantwort u(t) = û(ω) sin(ωt + φ(ω)) betrachtet. Dann berechnet sich die Impedanz wie folgt:

left parenthesis 4 right parenthesis space Z open parentheses omega close parentheses e to the power of j phi left parenthesis omega right parenthesis end exponent equals û divided by î left parenthesis omega right parenthesis e to the power of j phi left parenthesis omega right parenthesis end exponent

Das Grundprinzip Impedanz-basierender Methoden zur SOC-Bestimmung ist, eine ω0 (oder auch mehrere) Frequenz(en) (ωk) mit k = 0,....., n zu finden, bei der ein Impedanzparameter pZ, also |Z|, R{Z}, I{Z} oder φ, SOC-sensitiv und damit eine eindeutige (injektive) Abbildung SOC → pZ möglich ist.

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+
Typisches Ersatzschaltbild einer Lithium-Ionen-Zelle bestehend aus: idealer SOC-abhängiger Spannungsquelle U0(SOC), Innenwiderstand Ri, zwei RC-Gliedern - eines für die Passivierungsschicht (Rs, Cs) an der Anode (Solid Electrolyte Interphase, SEI) un
Bild 8. Typisches Ersatzschaltbild einer Lithium-Ionen-Zelle bestehend aus: idealer SOC-abhängiger Spannungsquelle U0(SOC), Innenwiderstand Ri, zwei RC-Gliedern sowie dem Warburg-Element ZW, welches Diffusionseffekte beschreibt.
© J. Dambrowski

Aufgrund der verschiedenen Zeitkonstanten der innerhalb der Zelle ablaufenden chemischen und elektrochemischen Reaktionen können spezifische ω-Bereiche im EI-Spektrum spezifischen internen Prozessen der Zelle zugeordnet werden (Bild 8 oben). Dies ermöglicht nicht nur eine Charakterisierung von Akkus durch ihr EI-Spektrum, sondern auch die Entwicklung von auf Ersatzschaltbildern (ESB) basierenden Zellmodellen, mit deren Hilfe das elektrische Verhalten nachgebildet werden kann.

Ein Beispiel für ein solches Ersatzschaltbild ist in Bild 8 dargestellt. Durch nichtlineare Optimierungsverfahren, wie dem Levenberg-Marquardt-Algorithmus, lassen sich die Parameter des Akkumodells bestimmen, womit insbesondere die Extraktion der Ruhespannung U0 möglich wird oder eine direkte Untersuchung der ESB-Parameter auf deren SOC-Abhängigkeit.

Ferner lassen sich mit Hilfe der elektrochemischen Impedanzspektroskopie Degradationsmechanismen (Alterung), wie die Bildung von Passivierungsschichten innerhalb der Zelle, detektieren, was für die Entwicklung von Algorithmen zur Schätzung des alterungsinvarianten relativen Ladezustandes SOCr dienlich ist.

Die Anwendung der EIS setzt allerdings voraus, dass das zu untersuchende System, d.h. der Akku, sich wie ein im Sinne der Systemtheorie lineares, zeitinvariantes, kausales und stabiles System verhält [16]. Es ist jedoch nicht ganz einfach, eine EIS-Messung so zu gestalten, dass die genannten Voraussetzungen erfüllt werden und damit gültige Messdaten gewonnen werden. Eine Basis für einen auf mathematischen Methoden basierenden Prüfautomatismus ist in [16] gelegt worden. Beispielsweise ist die Strom-Spannungskennlinie von Akkus nicht linear, wodurch die Anwendung der EIS nur lokal auf den Kleinsignalbereich beschränkt ist. Zeitinvarianz, vor allem bei niedrigen Frequenzen, ist praktisch nicht herstellbar, weil sich z.B. der Ladezustand des Akkus während der Messung verändert.

Um diesen Effekt zu egalisieren, müssen die Messdaten einer Transformation unterworfen werden, einer sogenannten Driftkompensation. Da Messungen im niedrigen Frequenzbereich von ca. ω< 0,1 Hz, bei dem vornehmlich Diffusionseffekte präsent sind, sehr zeitaufwendig werden können, sind sie in vielen Anwendungen nicht durchführbar.

Das EI-Spektrum ist sehr sensibel gegenüber der Temperatur der Zelle sowie der unmittelbaren Vorgeschichte, was die Reproduzierbarkeit der Messung mitunter erheblich erschwert, im Besonderen bei Messungen weit ab des Gleichgewichtszustandes des Akkus. Darüber hinaus ist die zur Aufnahme des EI-Spektrums notwendige Messapparatur sehr komplex, stellt hohe Anforderungen an die Präzision und ist daher typischerweise für den Laboreinsatz konzipiert. Damit kann die EIS nicht ohne weiteres in ein Akkumanagementsystem integriert werden.

Gleichwohl eine deutlich erkennbare SOC-Abhängigkeit des EI-Spektrums bei Blei- und Li-Ionen-Akkus a priori vorliegt (Bilder 9, 10), ist bei genauerer Analyse entweder die Injektivität verletzt (Bereich niedriger Frequenzen in Bild 9) bzw. ein Repräsentant daraus (rote Kurve in Bild 11), oder es ist keine ausreichende SOC-Sensitivität gegeben (Bereich hoher Frequenzen in Bildern 9, 10).

Bilder 9 - 11

Das EI-Spektrum einer Hochenergie-Li-Ionen-Zelle (NMC/C, 40 Ah): Bei kleinen Frequenzen ist |Z| zwar SOC-sensitiv, aber die geforderte Injektivität wird an mehreren Stellen verletzt. Bei hohen Frequenzen hängt |Z| nur noch marginal vom Ladezustand ab
© J. Dambrowski
Das EI-Spektrum einer LFP/LTO-Zelle (1 Ah): Der Kurvenverlauf zeigt ein injektives Verhalten über nahezu den gesamten SOCp-Bereich. Für diese Li-Ionen-Zellen kann die EIS zur Bestimmung des Ladezustandes genutzt werden.
© J. Dambrowski
 Vergleich der normierten Betragsimpedanzen aus den Bildern 9 (NMC/C-Zelle, rot) und 10 (LFP/LTO-Zelle, blau) bei einer festen repräsentativen Frequenz und 25 °C.
© J. Dambrowski

Alle Bilder anzeigen (3)

Aus dem Bode-Plot einer LFP/LTO-Zelle, dargestellt in Bild 10, ist zu entnehmen: Je kleiner die Frequenz, desto höher ist die SOC-Sensitivität der Impedanz. In diesem Bereich ist die Zuordnung SOCp " |Z|(ω) in guter Näherung injektiv. Den Impedanzverlauf für eine repräsentative Frequenz aus diesem Bereich zeigt die blaue Kurve in Bild 11. Die auf SOCp = 100 % normierte Impedanz |Z|/|Z|100 % steigt nahezu linear, und damit insbesondere streng monoton, um ca. 30 % über den gesamten SOC-Bereich - ein Zusammenhang, der an unterschiedlichen LFP/LTO-Zellen von mehreren Herstellern nachgewiesen werden konnte.

Im Falle der NMC/C-Zellen ändert sich zwar die normierte Impedanz (rote Kurve in Bild 11) sogar um den Faktor 2 - eine gute SOC-Sensitivität -, aber die geforderte Injektivität wird mehrfach verletzt, so dass eine SOC-Bestimmung via |Z|-Betrachtung allein nicht möglich ist. Die Möglichkeiten der EIS als Grundlage für eine SOC-Schätzung sind damit jedoch noch lange nicht erschöpft. Die hier vorgestellten Resultate sind nur ein Anfang. Die Forschung muss bezüglich der elektrochemischen Impedanzspektroskopie noch weiter intensiviert werden.


  1. Welche Ladezustands- Bestimmung eignet sich für LiFePO4/Li4Ti5O12 ?
  2. Ruhespannungsmethode
  3. Impedanz-basierende Methoden
  4. Methoden des Soft Computing
  5. Übersicht zu Elektrodenmaterialien von Lithium-Ionen-Akkus
  6. Literatur & Autor

Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Batterien und Akkus