E-Paper-Displays finden sich vornehmlich in E-Book-Lesegeräten, doch einige Weiterentwicklungen könnten der Technik neue Anwendungsfelder eröffnen. Damit einhergehen eine Distanzierung vom Markt der Unterhaltungselektronik und die Konzentration auf Industrie und Einzelhandel.
EU-Richtlinien zur Begrenzung des Standby-Energieverbrauchs wecken das Interesse von Elektronikentwicklern an E-Paper-Displays. Die Anzeigen brauchen nur zum Schalten des Displayinhalts Energie; das Bild bleibt dann unbegrenzt ohne weiteren Verbrauch erhalten. Stromfressende Hinterleuchtungen sind nicht nötig. Neben den Low-Power-Eigenschaften spricht eine gute Lesbarkeit auch bei Sonneneinstrahlung für die Anwendung dieser Technik. Der druckähnliche Kontrast und das Fehlen von Flackern und grellem Strahlen tun ihr übriges.
Gerade dieser Vorteil macht E-Paper zu einer sinnvollen Lösung für elektronische Preisetiketten in Supermärkten, digitale Beschilderung oder Leitsysteme, Gepäcketiketten in Flughäfen oder tragbare Anhänger für sicherheitskontrollierte Bereiche, Barcode-Labels für Logistiksysteme (Bild 1), Stromzähler, Raumbeschilderung und Infotafeln in Museen oder Bürogebäuden.
Tatsächlich geht man heute davon aus, dass speziell im Einzelhandel Preisschilder aus Papier recht schnell abgelöst werden können. E-Paper-Hersteller wie zum Beispiel Pervasive Displays (PDI) distanzieren sich bewusst vom Consumer-Bereich - im großen Markt der E-Book-Reader dürfen Innovationen nichts kosten - und zielen auf Industrieanwendungen. PDI-Standardprodukte gibt es aktuell in den Diagonalen 1,44 Zoll (3,66 cm), 2,0 Zoll (5,08 cm), 2,7 Zoll (6,86 cm), 4,41 Zoll (11,20 cm), 7,4 Zoll (18,80 cm) und 10,2 Zoll (25,91 cm). Obwohl die Technik aus E-Readern entstanden ist, ist sie für typische indus-trielle Anwendungen geeignet, bei denen ein geringer Energiebedarf ein wichtiges Kriterium ist.
Wie geht denn das?
»Elektrophoretische Displays«, also bistabile Displays, benötigen keine Leistung, um einen Bildinhalt langfristig beizubehalten. E-Pa-per-Displays arbeiten nach dem Prinzip, dass elektrisch geladene und pigmentierte Partikel in einer Mikrokapsel durch Anwendung eines Spannungsfeldes ausgerichtet werden (Bild 2).
In den Kügelchen befinden sich positiv und negativ geladene Pigmente, die einen in weiß, die anderen in schwarz. Bei Anlegen eines elektrischen Feldes an die Elektroden drehen sich die Kügelchen oder die geladenen Kleinstpartikel in Abhängigkeit von der Polarität des elektrischen Feldes. Positive Ladungen stoßen die positiv geladenen weißen Partikel ab, sodass sich das entsprechende Partikel dreht, negative Ladungen werden hingegen von den positiv geladenen Partikeln angezogen.
PDI konstruiert E-Paper-Module, indem die FPL-Folie (Front Plane Laminate, enthält die Mikrokapseln) auf einer Aktiv-Matrix-TFT-Backplane integriert und mit einer Schutzfolie versiegelt wird. Die Backplane dient dazu, das FPL in die vorgegebene Auflösung aufzuteilen und mit dem integrierten Grafik-Controller in die gewünschte Bilddarstellung zu bringen. Die Panels werden vom integrierten Chip-on-Glass-IC und einer Timing-Control-Software angesteuert, die entweder im Hauptprozessor oder auf einer separaten TCON-Platine (Timing Control) gespeichert und ausgeführt wird.
Die Timing-Control-Software ist eine der entscheidenden Faktoren des Systems; sie kreiert komplexe Wellenformen, um die Mikrokapseln optimal anzutreiben. Ein scharfes Bild entsteht durch exakte Orientierung der geladenen Pigmentteilchen, also ganz Weiß oder ganz Schwarz. Die Temperatur wird auf dem TCON-Board gemessen, um den Effekt von Temperaturschwankungen auf die Viskosität der Flüssigkeit in den Mikrokapseln auszugleichen. Wenn die Viskosität sich bei niedrigen Temperaturen erhöht, bewegen sich die Pigmentteilchen entsprechend langsamer, sodass eine angepasste Wellenform nötig ist. Beispielsweise bietet Densitron diverse TCON-Board-Optionen mit USB-, seriellen oder Funkschnittstellen an, außerdem Erweiterungsplatinen für die Verbindung mit den gängigen Entwicklungskits für Mikroprozessoren. Bild 3 zeigt die typische Peripherie eines E-Paper-Panels.
Abgefahren
Eine interessante Anwendung zeigt das Anlaufbild. Acht 10,2-Zoll-
E-Paper-Displays kommen in einem Fahrplan-Informationssystem eines öffentlichen Verkehrsnetzbetreibers zum Einsatz. Hier war wichtig, dass der Fahrplan an der Bushaltestelle immer akkurat und auf dem neuesten Stand ist und Änderungen rasch angezeigt werden können. Das System lässt sich zentral über GPRS mit Informationen versorgen. Das System soll nach erfolgreichen Feldtests noch 2013 in Betrieb genommen werden und die alten gedruckten Pläne ersetzen.
In Zukunft soll das System noch mit diversen neuen Funktionen erweitert werden, sodass Verzögerungen, Verbindungen mit anderen Verkehrsmitteln sowie relevante Werbebotschaften angezeigt werden können. Kommt es zu einem Stromausfall oder einer sonstigen Störung, bleibt der aktuelle Informationsstand auf dem Display erhalten.
So etwas lässt sich natürlich auch eleganter lösen.
So hat Densitron nun Lösungen im Programm, die per POE (Power Over Ethernet) versorgt werden, und die es erlauben, eine beliebige Anzahl an E-Paper-Anzeigen zu »kacheln«, sodass eine große Bildfläche entsteht (Bild 4). Eine einfache Prozessorlösung kann alle Displays mit Daten versorgen und zu einem Gesamtbild zusammenfügen.
Auch WLAN-basierende E-Paper-Lösungen werden angedacht. Während viele Anwender E-Paper-Panels in ihre Produkte integrieren, ist auch die Nachfrage an fertigen Plug-and-Play-Lösungen enorm. Eine problemlose Installation (keine Kabel) und schnelle Inbetriebnahme (einfach über WLAN) sind das Ziel, damit drahtlose E-Paper-Schilder häufiger angewendet werden können.
Über den Autor:
Marc Corrigan ist Sales Director bei Densitron.