Multitalent Flying-Probe-Testsystem

Reverse Engineering in der Praxis

7. Juli 2014, 15:41 Uhr | Nicole Wörner
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Der Ablauf im Detail

Im ersten Schritt wird das Image der Baugruppe erfasst, indem das Golden Board in den Flying Prober eingespannt und mit Hilfe der integrierten CCD-Kameras und der Digitizer-Option das gesamte Image eingescannt wird. Im nächsten Schritt erfasst das System die XY-Zielkoordinaten der möglichen Kontaktierungspunkte. Danach können alle XY-Zielkoordinaten sämtlicher Testpunkte, die auf dem Prüfling-Image vorhanden sind, entweder online (mit ATE-CCD-Kamera) oder offline (mit Remote PC anhand der gespeicherten Bilder) eingelernt werden.

»Wenn das Hauptziel ist, nur das UUT zu testen, braucht man die Zielkoordinaten nur auf einer Seite einlernen – vorausgesetzt alle Knoten sind von einer Seite zu erreichen«, fährt Hauptmann fort. »Wenn aber das Ziel ist, den Schaltplan zurückzugewinnen, müssen alle XY-Koordinaten der Testpunkte, Vias, Pads und Pins auf beiden Seiten des UUT erfasst und die GND-Testpunkte manuell für das Testprogramm deklariert werden.«

Nun startet der Anwender den »Netlist Learning«-Prozess am Flying Prober, um einen eindeutigen Netznamen für alle Zielpunkte zuzuordnen, die zum gleichen Netz gehören, und um einen einzigen TP für jeden elektrischen Knoten festzulegen.

Während des Netlist Learnings führt der Tester die »Autodebug«-Funktion aus, anschließend die »FNODE-Algorithmen« an jedem einzelnen eingelernten Zielpunkt. Danach werden verschiedene Gruppen gebildet, die die identische Signatur haben. Anschließend erfolgen Durchgangstests – einzeln für jedes Zielpaar innerhalb der Gruppe, um sicherzustellen, dass sie zum gleichen Netz gehören. Nach dem Netlist Learning haben alle Ziele, die zum selben Netz gehören, denselben Netznamen, und es gibt nur noch einen einzigen TP pro Netz.

Fertig für den elektrischen Test

Nachdem die XY-Koordinaten für die Zielkoordinaten und die Netzliste des Prüflings erstellt sind (es fehlen nur noch die Komponenteninformationen), folgen die netzorientierten Testmethoden FNODE und PWMON.

Per »FNODE Autodebug« startet das Einlernen der analogen Signatur an allen TPs (einem für jedes Netz). Anschließend werden mit »FNODE RUN« mögliche Kurzschlüsse und analoge Fehler am Prüfling detektiert.

Nach dem analogen Teil der Baugruppe folgt der digitale Teil: Nachdem die GND- und VCC-Eingänge am Prüfling identifiziert sind, kann der Anwender ein Kabel mit den Versorgungsspannungen anschließen und die PWMON-Algorithmen starten, um mögliche digitale Fehler an den ICs zu erkennen.

»An dieser Stelle wären wir fertig, wenn wir nur das Reverse Engineering for Test erreichen wollten«, so Hauptmann. »Oft aber ist es zur Wiederherstellung der Dokumentation nötig, auch eine Stückliste und den Schaltplan zu rekonstruieren. Dazu werden die Komponenten manuell in das Testprogramm eingegeben. Ist die Stückliste einmal eingegeben, kann der Tester die CAD-Daten in ein EDIF-200-Format exportieren, woraus der Anwender mittels einer speziellen Software die Schaltpläne generieren und ausdrucken kann.«


  1. Reverse Engineering in der Praxis
  2. Der Ablauf im Detail

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