Markt&Technik-Forum »Sensorik«

Dringend gesucht: Milliardenschwere IoT-Anwendungen

5. Juli 2017, 14:19 Uhr | Engelbert Hopf
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Hersteller klassischer Produkte steigen in die Sensorik ein

Distributions-Manager Erhan stellt fest, dass sich immer mehr Hersteller klassischer Produkte wie etwa Steckverbinder im Sensorikbereich engagieren. So hat etwa Amphenol Ende 2013 die Advanced-Sensor-Sparte von General Electric übernommen. Ende 2016 kam dann die SGX Sensortech hinzu. Als weiteres Beispiel dieser Entwicklung nennt Erhan die Übernahme von Measurement Specialties durch TE Connectivity Mitte 2014. Er verweist auch auf die Übernahme von Hamlin durch Littelfuse. »Selbst Molex«, so Erhan, »ein reiner Steckverbinderhersteller, bietet inzwischen kapazitive Sensoren an«.

Honeywell ist mit Sicherheit ein Name,…

...der vor allen Dingen mit größeren, schweren Dingen oder mit Haustechnik in Zusammenhang gebracht wird. Wie McKenna jedoch versichert, ist man dort auch in Sachen Sensorik sehr aktiv: »Unser Schwerpunkt liegt dabei im Bereich der Lebensqualität, also Feuchte, Temperatur, Gas oder Kombinationen davon.« In Zukunft sollen diese Aktivitäten zusammen mit Anstrengungen im Software-Bereich noch stärker in Richtung IoT ausgebaut werden. »Honeywell soll sich in Zukunft zum Apple der Industrie entwickeln«, zitiert McKenna eine bekannte Aussage seines CEOs David M. Cote. Aktuell wird in den Entwicklungsabteilungen an der Realisierung leistungsfähiger Partikelsensoren gearbeitet. »Der Input dazu kommt aus China, aus Großstädten wie Peking und Shanghai«, berichtet McKenna.

Dass Chinas Megacities unter starker Luftverschmutzung leiden,…

...hat unter anderem mit dem Schadstoffausstoß von Fahrzeugen zu tun. Nach Auskunft von Bouchaud macht der Automotive-Markt etwa ein Viertel des Halbleiter-basierten Sensormarktes aus. Auf Industrie und Medizin entfallen 10 bis 15 Prozent. Consumeranwendungen beanspruchen damit rund 60 Prozent des Umsatzvolumens. Während der Sensormarkt im Consumerbereich jährlich nur etwa um 1,5 Prozent zulegt, beziffert IHS das jährliche Wachstum im Automotive-Segment auf 5 Prozent, im Industriebereich auf 5,5 Prozent und im Medizinsegment auf 7,5 Prozent.

Im Automotive-Segment waren es immer staatliche Reglementierungen,…

...die für das Wachstum der MEMS- und Sensorik-Branche gesorgt haben. Das begann für die MEMS-Sparte mit dem berühmten Elchtest und setze sich über aktive und passive Sicherheitslösungen bis zur Verbesserung des Verbrennungsprozesses und der Minimierung der Schadstoffemissionen fort. Und diese Entwicklung setzt sich fort. »Partikelfilter sind inzwischen neben Dieselmotoren auch für Benziner überall im Gespräch«, berichtet Swoboda, »aber ab September 2018 werden in der EU strengere Grenzwerte für den Partikelausstoß gelten, dann werden Partikelfilter quasi Pflicht auch für jedes neue Auto mit Benzinmotor«.

Der TDK-Manager verweist darauf, dass inzwischen allein für den Antriebsstrang, bestehend aus Verbrennungsmotor und Abgasanlage, bis zu 20 Drucksensoren im Einsatz sind, um einen möglichst niedrigen Kraftstoffverbrauch zu realisieren und gleichzeitig die immer strengeren Auflagen an den Emissionsausstoß zu erfüllen. Swoboda geht davon aus, »dass sich der von TDK bediente Markt für diese Anwendungen in den nächsten fünf Jahren auf über 2 Milliarden Euro mehr als verdoppeln wird«.

Und welche Hoffnungen verbindet man…

...im Sensorikbereich mit dem Trendthema „Autonomes Fahren“? »Aktuell schreitet die technische Entwicklung in diesem Bereich kontinuierlich voran«, kommentiert Hennrich, »viele Sensorik-Applikationen, die dafür nötig sind, gibt es heute bereits. Sie müssen zukünftig für das autonome Fahren nur noch weiter zusammengeführt werden.« Bouchaud verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass es ab 2018 die Vorgabe des automatisierten Bremsens gibt. »Dort geht es aus heutiger Sicht vor allem um einen besseren Schutz für Fußgänger und Fahrradfahrer. Von dieser Vorgabe könnte unter anderem LIDAR profitieren.«

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Doch bevor man sich allzu sehr in Blütenträumen…

...über den Wachstumsmarkt „Autonomes Fahren“ verliert, geht es für Hennrich vor allem darum, die gesellschaftliche Akzeptanz für autonomes Fahren zumindest in Teilaspekten weiter zu etablieren. Zwar weist Erhan auf die zweifelsfreien Vorteile hin, die dem Fahrer entstehen, wenn etwa die Fahrzeuge untereinander kommunizieren und somit nicht nur klar ist, wie schnell das Fahrzeug vor mir, sondern auch das davor fährt, aber das Thema „Autonomes Fahren“ birgt sicher auch eine Menge Fallstricke für die gesellschaftliche Akzeptanz.

»Menschen dürfen Fehler machen,…

...Maschinen nicht«, bringt es Conti-Geitner auf den Punkt. Laut Gesetz muss jeder Fahrer seinen Wagen innerhalb der Sichtweite zum Stehen bringen. Im Fall autonomen Fahrens dürfte die Konsequenz bei schlechter Witterung klar sein: beispielsweise Tempo 20 oder 30 auf dem Autobahnring um München. Conti-Geitner skizziert noch ein anderes Beispiel aus dem Straßenalltag: »Stellen Sie sich zwei autonome Fahrzeuge auf der linken Spur einer zweispurigen Autobahn vor, und rechts LKWs – die Autobahn ist zu«! Er stimmt deshalb Hennrich zu: »Technisch ist die Einführung des autonomen Fahrens mittelfristig kein Problem, aber wohl gesellschaftlich.« Man müsse abwarten, in welchen Ländern sich autonomes Fahren zuerst durchsetzen werde und wie die Versicherungen und Anwälte mit dem Thema umgehen werden. Setzt sich das autonome Fahren trotz dieser Hindernisse durch, dürften sich die Sensorspezialisten wohl über ein schönes Umsatzplus freuen.

Doch wird sich in der Sensorik in Zukunft…

...die Bedeutung nicht immer mehr von der Hard- zur Software verschieben? »In den letzten sieben Jahren haben alle Consumer-Sensorik-Hersteller viel investiert, um auch die Softwareentwicklung in den eigenen Reihen zu haben«, so Bouchaud, »im Vordergrund dieser Anstrengungen steht dabei ganz klar die Signalaufbereitung«. »Es bringt wenig, den Kunden mit rein physikalischen Messdaten zu behelligen«, stellt Dr. Schmitt fest, »von uns werden aggregierte Daten verlangt«. Bei Bosch lautet das Motto denn auch: Sensorik – Software – Services.

Nach Ansicht von McKenna wird Software in Zukunft vor allem bei Modulen eine noch größere Rolle spielen: »Es wird wohl kaum mehr Drucksensoren geben, die nicht auch noch Temperatur und Feuchtigkeit messen können. Diese drei Eigenschaften kommen zusammen, und der Kunde muss das nutzen können!« Dafür bedarf es nach seiner Ansicht vor allem der passenden Schnittstellen. ST-Manager Conti-Geitner verweist beim Thema Software auf die umfangreichen Mikrocontroller-Aktivitäten seines Unternehmens. »Es gibt eine Armada von Evaluations-Boards dafür, und der Kunde kann sich das alles so zusammenstellen und konfigurieren, wie er es braucht, schließlich geht es ja nicht nur um die Sensorik in einem solchen Fall, sondern auch um die RF-Anbindung, WiFi und Bluetooth

Wer nicht über eigene Mikrocontroller-Aktivitäten verfügt,…

...der muss sich um Partnerschaften mit entsprechenden Herstellern bemühen, um auf diese Plattformen draufzukommen, wie Wedermann erläutert. »Um hier als Komponentenlieferant erfolgreich zu sein, bedarf es enormer Anstrengungen.« Mit Capella Microsystems seien Mitte 2014 zu den klassischen optischen Sensoren von Vishay digitale Sensoren hinzugekommen. »Wir werden unsere Anstrengungen in Richtung Softwarelösungen in Zukunft sicher noch weiter ausbauen«, versichert Wedermann.
Zum Ende der Diskussionsrunde wenden sich die Teilnehmer noch einmal einem ewig jungen Thema zu: dem Smart Home. Auch hier erscheinen die Einsatzmöglichkeiten für Halbleiter-basierte Sensorik riesig, doch der Markt entwickelt sich nur sehr zögernd. So lässt sich ein Beschleunigungssensor nach den Worten von Dr. Schmitt hervorragend als intelligentes Einbruchsmeldesystem verwenden oder für die Anzeige gekippter Fenster. Immer stärker im Kommen ist nach Aussage von Erhan der Einsatz von Kohlendioxidsensoren zum Luftaustausch.

Aus Sicht des Marktforschers…

...bieten jedoch gewerbliche Gebäude zumindest mittelfristig die besten Erfolgschancen. »Es gibt da durchaus schon erfolgreiche Businesskonzepte, die einen Return-of-Invest sichern«, versichert er. Es gäbe Firmen, die integrierten Sensoren für Licht, Temperatur und Bewegung in LED-Lampen, das zahle sich bereits durch die erzielte Energieeinsparung aus. Mit solchen Lösungen lassen sich aber auch Nutzungsprofile von Gebäuden erstellen. Besonders interessant für Bouchaud ist dabei der Ansatz, Licht als Plattform zu nutzen, um mehr Sensorik in Räume zu integrieren. Setzt sich dieser Trend durch, so Erhan, »läutet intelligent eingesetzte Sensorik das Ende der Lichtschalter ein«.


  1. Dringend gesucht: Milliardenschwere IoT-Anwendungen
  2. Bedeutung des Handy- und Smartphone-Marktes
  3. Hersteller klassischer Produkte steigen in die Sensorik ein
  4. Die Teilnehmer der Forumsdiskussion „Sensorik“

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