Schon zu Beginn der Experten-Diskussion wurde damit die massive Bedeutung des Handy- und Smartphone-Marktes für Halbleiter-basierte Sensoren deutlich. So flossen nach Angaben von Bouchaud im Vorjahr Halbleiter-basierte Sensoren im Wert von rund 14 Milliarden Dollar in Handys – eine imponierende Zahl, die zugleich ein Problem deutlich macht: Es ist aus heutiger Sicht keine Applikation im IoT-Bereich absehbar, die auch nur annähernd an diese Zahl heranreichen würde. Worauf basierten dann vor einigen Jahren die Milliarden- und Billionen-Stückzahlen von IoT-Sensorknoten? »Ganz sicher nicht auf unseren Zahlen«, versichert Marktforscher Bouchaud, »wir bekommen vielmehr von unseren Kunden zu hören, dass wir in unseren Prognosen immer zu konservativ seien«.
Doch zurück zu den Fakten…
...Aus heutiger Sicht werden weltweit jährlich wohl einige hundert Millionen Wearables abgesetzt, wie Bouchaud erläutert. Im Bereich der Gebäudetechnik, so der Marktforscher, könnten in den nächsten fünf bis zehn Jahren Bedarfe entstehen, die sich auf einige 10 Millionen Stück im Jahr summieren. In etwa derselben Größenordnung könnte sich des Asset-Tracking entwickeln. Auch beim Thema „Smart Fac-toring“ sieht man bei IHS durchaus interessante Zahlen für die Zukunft. »Wenn jeder Motor in der Industrie mit einem Vibrationssensor ausgestattet würde, kämen da schon interessante Stückzahlen zusammen«, so Bouchaud. Er verweist in diesem Zusammenhang auch auf Aussagen von ABB, die von einem Retrofit-Markt für solche Sensoren von 300 Millionen Stück spricht.
Aus Sicht von McKenna spielt beim Markterfolg…
...speziell der Wearables die gesellschaftliche Akzeptanz eine große Rolle. Er verweist auf das in den USA verbreitete Problem des Übergewichts: »Wenn ich durch Wearables dokumentieren kann, dass ich mich bewege, am Tag so und so viele Schritte mache, nicht nur den ganzen Tag auf der Couch herumhocke, dann bekomme ich einen Rabatt bei der Krankenversicherung oder werde überhaupt erst von der Krankenversicherung angenommen«, so McKenna, »dabei kommt es nicht darauf an, ob es nun genau 9678 oder 10.000 Schritte waren, wichtig ist die Dokumentation der Aktivität«. Entscheidend für diesen Einsatz von Wearables sei jedoch die gesellschaftliche Akzeptanz jenseits junger technophiler Nutzergruppen.
Dr. Schmitt verweist darauf,…
...dass Genauigkeit auch schon mit den heutigen Produkten erreichbar sei, »wenn man sie richtig trägt und sie nicht lasch am Handgelenk baumeln«. Er berichtet von Gesprächen im Bereich der Patientenüberwachung, die auf den Einsatz von Wearables abzielen: »Man sieht dort die große Chance, Kosten einzusparen, das sind intensive Diskussionen, aber es wird noch dauern, bis das umgesetzt wird.« Aus seiner Sicht kommt es aber vor allem auch darauf an, dem Nutzer den Vorteil dieser Lösung nahezubringen: »Vor allem Menschen, die bislang regelmäßig zum Arzt mussten, würden bei dieser Lösung nur noch dann in die Praxis bestellt, wenn die aufgezeichneten Werte Grenzen deutlich über- oder unterschreiten. Aus Sicht der Betroffenen dürfte das eine große Erleichterung sein!«
Wie die Diskussion zeigt, gibt es aber durchaus Applikationsbeispiele,…
...die erst nach jahrelangem Vorlauf ihr volles Marktpotenzial entwickeln. »Virtual Reality-Headsets gab es schon vor einigen Jahren, aber der Nachteil war, dass den Leuten relativ schnell schlecht geworden ist und sie nicht lange spielen konnten«, stellt Wedermann fest. »Wenn das Bild nicht mitzieht, wenn sich der Kopf bewegt«, so der Vishay-Manager, dann bringt das nichts!« Dagegen sei Virtual Reality (VR) jetzt reif, »und das gilt für Anwendungen weit über den Gaming-Sektor hinaus. Denken Sie nur an den Architekturbereich, dort brauchen Sie in Zukunft keine Modelle mehr, sondern sie können das aufspielen und bewegen sich dann dank Virtual Reality in den noch zu errichtenden Gebäuden und Räumlichkeiten!«
Aus Sicht von Dr. Schmitt zählen VR und speziell 3D-Audio…
...schon zu den anspruchsvolleren Richtungen, was den Einsatz von Sensoren angeht: »Da dreht sich vieles um Laufzeiten und Noise, dafür sind performancestarke Sensoren gefragt. Konkret geht es dabei um Gyro-Drehratensensoren und Beschleunigungssensoren und um G-magnetische Sensoren mit hoher Abtastrate, um zu gewährleisten, dass die Daten synchron zur Bewegung bleiben.« Während im Smartphone-Bereich mit Abtastraten von bis zu 200 Hz gearbeitet wird, liegen die Anforderungen bei VR im deutlich höheren Hz-Bereich. »Richtig interessant werden dürfte das Ganze aber erst mit Merged Reality«, meint Dr. Schmitt nach Gesprächen Anfang dieses Jahres auf dem Mobile World Congress in Barcelona, »wenn ich die Realität mit dem vermischen kann, was ich sehen will, dann wird das Wachstum im VR-Bereich noch einmal deutlich beschleunigt«. Da stellt sich die Frage, was passiert, wenn IoT irgendwann besser sein wird als die Realität. »Oversampled und hochgerechnet, sehen die 4K-Bilder der VR natürlich wirklich crisp aus«, so Conti-Geitner, »bleibt nur die Frage, ob es für die Gesellschaft gut ist, wenn man am Schluss das Headset abnimmt und von der Realität enttäuscht ist«.
Angesichts der nicht nur rosig geschilderten Zukunft…
...erscheint es umso interessanter, dass sich immer mehr Unternehmen für Sensorik interessieren, die bislang nichts oder nur wenig mit diesem Thema zu tun hatten. Für den Marktforscher Bouchaud gibt es bei dieser Entwicklung vor allem zwei Trends: »Da sind zum einen die Sensorikfirmen, die auf Akquisitionskurs gegangen sind, um ihr Portfolio zu erweitern, und dem Kunden ein möglichst umfassendes Produkt- und Sensortechnologiespektrum anbieten zu können«, so seine Beobachtung, »und dann gibt es Firmen aus dem Elektronikbereich, die für sich IoT als Wachstumsmöglichkeit für die Zukunft sehen und deshalb Sensorfirmen kaufen«. Als Beispiel für ersteres nennt er etwa Sensata oder ams, als Beispiel aus dem klassischen Elektronikbereich nennt er TDK.
»TDK hat sich über die Jahrzehnte immer wieder neu ausgerichtet…
...und war und bleibt dabei immer offen für neue Geschäftsfelder«, stellt Alexander Swoboda fest, Vice President Sales Automotive Europe bei TDK, gerade die Sensorik entwickele sich zu einer der zukunftträchtigsten Sparten im Geschäft mit TDKs passiven Bauelementen. »Als Hersteller passiver Bauelemente hat unser Sensorangebot bislang vor allem Temperatur-, Druck- und Magnetfeld-Sensoren umfasst«, so Swoboda, »mit dem Ausbau des Sensorik-Portfolios ist TDK nun auf dem besten Weg zu DEM Sensor Solution Provider zu werden«. Wichtig sei es dabei, auf die passenden Schnittstellen zu achten, denn am besten ließen sich Kundenanforderungen schließlich erfüllen, wenn es gelingt, möglichst umfassende, komplette Sensor-Lösungen anzubieten. »Genau das ist der Grund«, so Swoboda, »weshalb TDK Unternehmen wie etwa InvenSense und ICsense übernimmt«. ICsense, erläutert Swobodas Kollege Marcel Hennrich, Director Sales Europe bei TDK-Micronas, »wird bei TDK-Micronas eingegliedert. Dort wird ASIC-Design-Spezialist ICsense Design-Unterstützung für den gesamten TDK-Konzern liefern.« Im ersten Schritt sollen mit ICsense aber die Entwicklungskapazitäten im Bereich der Hall-Sensoren ausgebaut werden.