Wie richten Sie Ihren Vertrieb auf diesen neuen Markt aus?
Zunächst einmal: Wir haben keinen aktiven Außendienst. Unser Geschäft ist sehr erklärungsbedürftig, und der Kunde muss genau wissen, woran er ist. Dazu brauchen wir keine Märchenerzähler. Die Kunden kontaktieren uns und bekommen auf Anfrage noch am gleichen Tag ihr Angebot. Preislich gibt es, wie bereits erwähnt, ohnehin keine Diskussion. Meist liegen wir mit unserem Festpreis ohnehin schon 30 bis 200 Prozent unter dem Mitbewerb. Möchte ein Kunde eine Demo, kommt er einfach zu uns.
Und das machen die Kunden mit?
Ja, denn sie wissen, wenn sie mit uns in Geschäftsbeziehung treten, sind sie auf der sicheren Seite. Während 90 Prozent aller Anbieter im Baugruppentest Produkte nur zukaufen und vertreiben, machen wir alles von A bis Z selber. Dadurch kontrollieren wir die Qualität, die Performance und die Verfügbarkeit. Das versetzt uns in die Lage, individuelle Anpassungen für den Kunden vorzunehmen - auch für geringe Stückzahlen. Bei Produkten von der Stange wäre dies nicht möglich. Darüber hinaus bieten wir dem Kunden noch eine ganze Reihe weiterer Services, wie etwa Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Mit dieser Kalkulation erlangt der Kunde noch mehr Sicherheit. Und für all das kann man auch schon mal die Reise nach Bayern antreten.
Sie haben angekündigt, künftig auch Boundary Scan in Ihre Testsysteme zu integrieren. Warum?
Der Markt für Boundary Scan ist erst in den letzten drei bis fünf Jahren entstanden. Bislang sahen wir einfach noch nicht die Notwendigkeit, etwas zu entwickeln, wofür es noch gar keinen Markt gibt. Und nach wie vor sind wir nicht ganz überzeugt davon. Boundary Scan funktioniert nur für rein digitale Baugruppen. Weil aber rund 70 Prozent aller Baugruppen digitale und analoge Elemente vereinen, funktioniert Boundary Scan dort nicht. Und auch von den rein digitalen Baugruppen sind noch lange nicht alle für Boundary Scan vorbereitet. Nicht zuletzt verlangsamen die Boundary-Scan-Zellen den Testprozess um bis zu 50 Prozent. Das wiederum kann tödlich für ein neues Produkt sein.
Aber fordern nicht die Kunden nach Boundary Scan?
Ich habe mich mit vielen Kunden unterhalten. 90 bis 95 Prozent von denen interessiert das Thema überhaupt nicht. Um die wenigen zu bedienen, die es doch brauchen, haben wir nun eine Lösung entwickelt.
Andere Tester-Hersteller haben Kooperationen mit Boundary-Scan-Anbietern geschlossen, um diese Funktionen anbieten zu können. Wäre das nicht auch für Sie einfacher und günstiger gewesen?
Das hätte unserer Philosophie widersprochen, die Programmierung und Bedienung einfach und anschaulich zu gestalten. Die Lösungen der gängigen Anbieter sind viel zu kryptisch. Bei unserem in jeden Reinhardt-Tester integrierbaren Boundary Scan sind die Fehler grafisch auf den ersten Blick zu erkennen: Die unterbrochene Leitung blinkt, der Fehlerort ist mittels eines Fadenkreuzes gekennzeichnet und farbig dargestellt.
Noch ein paar Worte über Sie persönlich. Welches war die schwierigste Zeit für Sie?
Im Jahr 2003 kam fast ein halbes Jahr lang kein einziger Auftrag rein. Wir sind - und waren immer - hundertprozentig eigenfinanziert. Damals hätte ich zum ersten Mal einen Kredit gewollt, habe ihn aber nicht bekommen. Also habe ich meine Lebensversicherung eingesetzt. Im Jahr 2004 sind alle Aufträge gekommen, die wir in 2003 so dringend gebraucht hätten. Trotzdem haben wir keinen Mitarbeiter entlassen. Alle, die damals mit uns durch diese schwere Zeit gegangen sind, sind auch heute noch dabei. Darauf bin ich sehr stolz.
Sie haben einige Jahre in den USA gelebt. Was war das Wichtigste, das Sie dort gelernt haben?
Ich will - ich kann. Während man hierzulande sagt »geht nicht«, »unmöglich«, »machen wir nicht«, wird es in den USA gemacht. Dieses Motto habe ich auch in meine Firma einfließen lassen: Es geht alles, man muss es nur wollen.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft - geschäftlich und privat?
Dass alles so weitergeht, wie es ist. Sehen Sie, Geld war mir nie wichtig. Marktführer in dem für uns adressierbaren Markt wollte ich werden. Das habe ich geschafft. Und das nimmt mir auch keiner. Aber wir ruhen uns darauf nicht aus, sondern werden hart arbeiten, um das zu halten. Das Unternehmen habe ich bereits an meine Tochter übergeben, aber ich will und werde mich weiterhin federführend mit der Entwicklung und Konstruktion der Geräte beschäftigen.