Zum Anschluss eines automatischen Kalibrierungsmoduls ist nur eine einzige Verbindung an jedem Messtor erforderlich. Abschlüsse mit Gleitlasten, die sich nur schwer anschließen lassen, werden nicht benötigt. Das AutoCal-Modul lässt sich daher für eine schnelle und einfache Kalibrierung verwenden. Gleichzeitig ist das Anschließen verschiedener Gerätestandards nicht mehr notwendig. Das automatische Kalibrierungsmodul ist somit gut für eine Produktionsumgebung geeignet, in dem die Bediener möglicherweise nicht im Gebrauch von Gleitlast-Abschlüssen geschult sind oder nicht über entsprechende Erfahrung verfügen. Von Nachteil war bisher, dass der Prozess zu einer Kalibrierung führte, die weniger genau war als das TOSM-Verfahren mit einem Gleitlast-Abschluss.
Grundsätzlich verwendet ein automatischer Kalibrator andere Impedanzpunkte als Leerlauf und Kurzschluss. Grund hierfür ist der inhärente Einfügeverlust des Kalibriergeräts, der genaue Messungen von Leerlauf und Kurzschluss verhindert. Der Einfügeverlust ist darauf zurückzuführen, dass man die anzulegenden Impedanzen nicht jeweils neu elektrisch und damit mechanisch an den Analysator anschließt, sondern sie statt dessen per Schalter auswählt. Folglich ähnelt ein Kurzschluss eher einem Dämpfungsglied als einem Kurzschluss.
Um diese Beschränkung zu überwinden, müssen automatische Kalibriergeräte zusätzliche Referenzpunkte für die Impedanz bereitstellen, um den VNA ordnungsgemäß zu kalibrieren. Das Problem dabei ist wiederum, dass mit der Bereitstellung weiterer Impedanzpunkte auch mehrere Schalter erforderlich sind, mit denen Einfügeverluste zunehmen. Bild 3 illustriert dieses Problem beim Versuch einer Kalibrierung mit einem automatischen Kalibriergerät und einer übermäßigen Einfügedämpfung: Die Impedanzpunkte fallen im Mittelpunkt des Smith-Diagramms zusammen und lassen sich nicht einwandfrei darstellen.
Eine weitere Folge einer hohen Einfügedämpfung bei einem automatischen Kalibriergerät ist die Kalibrierqualität der „Durchverbindung“, die eigentlich eine Verbindung ohne Verlust und ohne elektrische Verzögerung sein sollte. Weist jedoch die Charakterisierung der Durchverbindung zu viele Näherungen auf, leidet auch die Qualität des Transmissionsgleichlaufs. Dies führt häufig zu Problemen bei der Messung an Objekten mit geringen Dämpfungen und möglicherweise sogar zur Anzeige einer Verstärkung bei verlustarmen passiven Bauteilen. Obwohl diese Beschränkung durch Messung der tatsächlichen Durchverbindung der zwei Messtore umgangen werden kann, ist dies bei der Kalibrierung eines „nicht einfügbaren“ Messobjekts (noninsertable device) unmöglich (dies wird noch weiter erläutert).
Neues Verfahren: einfacherer Kalibrierprozess bei besserer Genauigkeit
Anritsu hat jetzt ein neues automatisches Kalibriermodul vorgestellt, mit dem Mehrfach-Impedanzmessungen verbessert werden, um eine höhere Genauigkeit als beim TOSM-Verfahren mit Gleitlasten zu erzielen. Es nennt sich „Precision AutoCal-Modul“, verwendet einen überbestimmten Algorithmus und verfügt über eine verbesserte Schaltertechnik zur optimalen Abbildung des Smith-Diagramms während des Kalibrierungsprozesses.
Beim neuen Modul dienen spezielle Hybridschalter und eine Turnstile-Schaltung dazu, um geringe Einfügeverluste zu erzielen. Durch das Turnstile-Schaltverfahren wird die Anzahl der geschalteten Verbindungen vermindert, wodurch sich der Einfügeverlust zwischen den Toren insbesondere bei höheren Frequenzen verringert. Bild 4 zeigt, wie ein geringer Einfügeverlust durch Hybrid-Technik und Turnstile-Schaltung die Möglichkeit eröffnet, einen größeren Bereich des Smith-Diagramms für eine bessere Kalibrierung und im Sinne höherer Genauigkeit abzudecken.
Die größere Zahl von Impedanzzuständen beim „Precision AutoCal“ bietet auch andere Vorteile. Dank des großen Angebots von Impedanz-Zuständen kann der Kalibrierungsalgorithmus die Zustände auswählen, die eine bessere Verteilung der Impedanzänderungen bei unterschiedlichen Frequenzen bieten. Das ist vor allem dann von Bedeutung, wenn man eine Kalibrierung über einen großen Frequenzbereich vornehmen möchte – beispielsweise lässt sich so der VNA „VectorStar“ von Anritsu (www.eu.anritsu.com) über seinen gesamten Frequenzbereich von 70 kHz bis 70 GHz kalibrieren. Durch fünf bis acht nutzbare Reflexionsstandards an jedem Tor über den gesamten Kalibrierungsbereich hinweg werden auch parasitäre Probleme bei der Kalibrierung vermieden. Dabei bieten mehrere Zustände der Durchverbindung die Möglichkeit zur Integration eines iterativen Lasttor-Anpassungsverfahrens zum Optimieren der Transmissionsgleichlauf-Kalibrierung.
Als Kalibrierung bezeichnet man in diesem Zusammenhang die Messung an einem genau definierten Standard, wie z.B. an einem perfekten Kurzschluss (Bild 1) und anschließender Messung am Messobjekt mit dem unkalibrierten Analysator. Der sich dann ergebende Unterschied zwischen Soll- und Ist-„Punkt“ in einem Smith-Diagramm ist auf Richtschärfe-, Generatoranpassungs- oder Lastanpassungsfehler zurückzuführen.
Dieses Verfahren wird bei festgelegten Frequenzen und für eine bestimmte Ausgangsleistung angewendet. Die dann folgende Korrektur subtrahiert während eines Messvorgangs die ermittelten Fehlervektoren an jedem Kalibrierungspunkt, um die unkorrigierte Grundgenauigkeit des VNA zu verbessern. Die daraus resultierende Genauigkeit ist das Ergebnis der Restfehler im Kalibrierungsprozess. Daraus ergibt sich: Je genauer der Standard (z.B. Kurzschluss) definiert ist, desto genauer kann das Smith-Diagramm während des Messvorgangs abgebildet werden.
Für die Kalibrierung eines VNA werden verschiedene Methoden verwendet. Unterschiede bestehen häufig in der Art des Übertragungsmediums, in dem sich das Messobjekt befindet (z.B. Wafer, Koaxialleitung), und der Art der verfügbaren Standards. Das LRL-Verfahren (Line-Reflect-Line) ist die genaueste Methode, da die Referenzimpedanz von der Leitungsimpedanz bestimmt wird. Bei einer mechanischen koaxialen Luftleitung kann die Leitungsimpedanz auf sehr enge Toleranzen hin getrimmt werden, so dass sich ein Wellenwiderstand von 50 Ω sehr genau erzielen lässt. Infolgedessen können häufig Richtschärfewerte von 50 dB erreicht werden.
Die nächste Stufe erreichbarer Genauigkeit unterhalb des LRL-Verfahrens ist die TOSM-Kalibrierung (Thru-Open-Short-Match). Leerlauf (Open), Kurzschluss (Short) und Abschlusswiderstände definieren markante Punkte im Smith-Diagramm und liefern die für eine genaue Kalibrierung erforderlichen Korrekturdaten. Bei höheren Frequenzen wird die genaue Bestimmung eines Leerlaufs jedoch zunehmend schwieriger. Die Genauigkeit des Abschlusses nimmt außerdem bei höherer Frequenz und größeren Bandbreiten ab. Ein Ansatz zur Verbesserung der Richtschärfe auf Grund der Beschränkungen im Abschluss besteht in der Verwendung einer als Gleitlast bezeichneten Vorrichtung. Dabei wird der elektrisch-mechanische Abschluss an verschiedenen elektrischen Längen einer Transmissionsleitung während der Kalibrierung unterschiedlich und neu positioniert, so dass mehrere Impedanzplots im Smith-Diagramm zur Verfügung stehen, die letztlich einen Kreis definieren, dessen Radius durch den Reflexionskoeffizienten des Abschlusses bei einer bestimmten Frequenz dargestellt wird. Der Mittelpunkt des Kreises definiert daher den tatsächlichen Wellenwiderstand der Transmissionsleitung. Der sich ergebende Restfehler hängt von der Qualität der beweglichen mechanischen Vorrichtung und der Erfahrung des Bedieners bei der Einstellung der genauen Innenleitertiefe am Messtor-Anschluss ab.
Als Beitrag zur Vereinfachung des Kalibrierungsprozesses wurden Anfang der 90er Jahre automatische Kalibrierungsmodule von Anritsu (www.anritsu.com) erstmalig als Alternative zur Messung vordefinierter Standards entwickelt (das damit verbundene Kalibrierkonzept wird auch als Auto-Cal bezeichnet). Ein solches automatisches Kalibrierungsmodul enthält mehrere Impedanzen, deren Messpunkte über das gesamte Smith-Diagramm verteilt sind. Wenn diese Impedanzen (und damit deren Abbildungspunkte im Smith-Diagramm) genügend stabil sind und auch eine sehr große Wiederholgenauigkeit bei vielen Messungen bieten, können ihre Parameter als Datensätze definiert werden, die mit ihrem zugehörigen Kalibrierungsmodul verknüpft sind. Daraus ergibt sich ein Kalibrierungssystem, das definierte Impedanzstandards verwendet wie das bereits erwähnte. Anstatt sich jedoch auf feste definierte Standards (Kurzschluss, Leerlauf und Abschluss) zu verlassen, werden nun diese Datensätze der gemessenen und vom Kalibrierungsmodul stammenden Impedanzpunkte verwendet (Bild 2). Wie zuvor beschrieben, dient der Messwert-Unterschied zwischen der angegebenen und der gemessenen Impedanz zur Bestimmung der Messfehler und damit zum Abschluss des Kalibrierprozesses.