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Die wahren Kosten der MDR

17. Januar 2022, 14:00 Uhr | Joline Langhans (Inverto)
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Die MDR als Chance begreifen

Konsequentes Supplier Risk Management

Um die neuen Anforderungen erfolgreich zu verankern, müssen Hersteller über ihre gesamte Lieferkette hinweg Transparenz schaffen. Ausgehend von den benötigten Rohmaterialien zur Herstellung bis hin zum fertigen Produkt bringt dies einen deutlich höheren Aufwand mit sich. Nicht zuletzt, weil es oftmals an klar umrissenen Auditprozessen zur stetigen Überprüfung der Vorprodukte fehlt. 

Der Einkauf hat dabei aufgrund seiner Nähe zu den Lieferanten eine entscheidende Rolle. Er sollte die eigene Lieferkette mit Blick auf Risiken und Optimierungspotenziale analysieren und bewerten. Zudem lässt sich mittels interner und externer Audits sicherstellen, dass die Anforderungen der MDR in Kooperation mit den (Vor-)Lieferanten umgesetzt werden. Regelmäßige Lieferantenbewertungen und Früherkennungsmechanismen helfen darüber hinaus bei der Risikovermeidung in der Beschaffung. 

Das umfassende Monitoring ist damit die Basis für die Qualitätssicherung entlang der Lieferkette. Es gilt, den Prozess der Post Market Surveillance fest im Qualitätsmanagement zu verankern, um Produkte nach Markteinführung im Blick zu behalten und frühzeitig Maßnahmen ergreifen zu können, sollten sich unerwartete Probleme ergeben.

Die Nutzung von Synergien

Die Integration der regulatorischen Anforderungen in die eigenen Abläufe kann für Hersteller nur unter Einbindung aller internen Stakeholder gelingen. Dies betrifft einerseits Einkauf und Supply Chain Management, andererseits aber auch die Abteilung Regulatory Affairs (Zulassung) sowie Forschung und Entwicklung. 

Der Austausch in crossfunktionalen Teams über die Abteilungsgrenzen hinweg ist dabei unabdingbar. So können sich die Beteiligten regelmäßig und zeitnah zu Audits, klinischen Studien oder Innovationsentwicklung austauschen. Das spart Ressourcen, optimiert Prozesse und eröffnet im Idealfall finanzielle Spielräume durch Kostenoptimierung. Für eine effiziente Kooperation empfehlen sich im Voraus gemeinsame Workshops, in denen die notwendigen Handlungsschritte und Prozesse aufgesetzt werden. Dabei sollten Rollenbeschreibungen, Verantwortlichkeiten und Kommunikationswege klar definiert werden.

Digitalisierung schafft Transparenz

Für die künftige Steuerung und Nachverfolgung all dessen gibt es nur eine zeitgemäße Option: die Digitalisierung der Supply Chain. Mit digitalen Tools in Einkauf und Lieferantenmanagement können Hersteller umfassend Transparenz schaffen und ihre Prozesse automatisieren. Dadurch lassen sich die aus der MDR resultierenden Aufwände merklich reduzieren. Jedoch steckt die Digitalisierung im medizintechnischen Sektor wie im gesamten Gesundheitswesen vielfach noch in den Kinderschuhen. Auch zahlreiche Analysen der letzten Jahre, zum Beispiel von der Bertelsmann Stiftung oder nach Angaben des Deutschen Bundestages im Rahmen der Corona-Entwicklungen, zeigen, dass beim Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen ein enormer Nachholbedarf besteht.

Ein Mangel an Zeit, finanziellen Mitteln oder Expertise werden in der Branche und seitens vieler Hersteller als Ursachen für die zögerliche Entwicklung genannt. Im Zuge der MDR muss das Tempo jedoch forciert werden, da digitale Lösungen zentral für die Bewältigung der neuen Verordnung und die erfolgreiche Weiterentwicklung der allgemeinen Gesundheitsversorgung sind. Unternehmen sollten Möglichkeiten zur Prozessoptimierung und Kosteneinsparung mittels Digitalisierung analysieren und sowohl personelle Kapazitäten als auch die bestehende IT-Infrastruktur im eigenen Unternehmen sowie entlang der Supply Chain prüfen. Anschließend lassen sich in der Budgetplanung die Kosten für die notwendige Umstellung abschätzen. Gemeinsam mit dem Einkauf können verschiedene Potenziale, die schnell realisierbar sind, identifiziert werden. Ein Kostenoptimierungsprogramm, das sich konkret auf leicht umsetzbare Maßnahmen fokussiert, kann dann die notwendigen finanziellen Mittel für Digitalisierungsprojekte freisetzen. 

Fazit & Ausblick

Die Anforderungen nehmen mit der MDR zu und Medizintechnikhersteller haben noch einen weiten Weg vor sich. Um diesen erfolgreich zu beschreiten, ist die rasche Digitalisierung der Lieferkette essenziell. Das schafft nicht nur Transparenz, sondern auch Effizienz im Dschungel der komplexen Aufgaben. Trotz der aus der MDR resultierenden Mehraufwände sollten sich Unternehmen in ihrer Produktentwicklung nicht hemmen lassen. Die Nachfrage ist, ebenso wie der Konkurrenzdruck, unverändert hoch und Innovationen bleiben notwendig. Wer die erforderlichen Prozesse nachhaltig implementiert und die Digitalisierung konsequent vorantreibt, dem eröffnen sich wertvolle Chancen für eine zukunftsfähige und wettbewerbsorientierte Unternehmensaufstellung – insbesondere mit Blick auf die Digitalisierung der Branche, an der letztlich kein Weg vorbeiführt.

Die Autorin

Joline Langhans ist Senior Project Manager und Leiterin des Competence Centers Healthcare bei Inverto. 


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