868-MHz-Funknetzwerk im Landkreis Lippe

Lizenzfrei über große Distanz

21. Juni 2016, 15:48 Uhr | Von Tim Simon Leßmann
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Große Reichweiten durch niedrige Übertragungsrate

Das 868-MHz-Band bietet gegenüber dem 2,4-GHz-Band den Vorteil, dass die Wellenlänge größer ist. Daraus resultieren eine bessere Materialdurchdringung sowie eine höhere Reichweite und Robustheit gegenüber Hindernissen. Allerdings benötigen auch 868-MHz-Funkstrecken eine hindernisfreie erste Fresnelzone, für eine zuverlässige und störungsfreie Übertragung. Folglich muss aufgrund der geografischen Gegebenheiten mit Relaisstationen gearbeitet werden, wodurch ein vermaschtes Netzwerk entsteht, in das sich im laufenden Betrieb problemlos weitere Stationen einbinden lassen.

Da bereits in der Planungsphase bekannt war, dass das Funknetzwerk lediglich zeitunkritische Daten übermitteln wird und dass der hohen Robustheit der Funkstrecken und der großen Reichweite eine besondere Bedeutung zukommt, wurde die Übertragungsrate auf 19,2 kbit/s eingestellt. Der niedrige Wert hat den Vorteil, dass die maximale Empfängerempfindlichkeit mit –111 dBm erhebliche Übertragungsreichweiten ermöglicht. Damit die vom Funknetzwerk gesammelten Daten auf der Steuerungsebene verarbeitet werden können, wird es im Modbus/PLC-Modus betrieben. In diesem Modus integrieren sich die E/A-Erweite­r­- ungsmodule und die Diagnosedaten des Radioline-Systems direkt in Modbus RTU und lassen sich an der Master-Station über eine RS-485-Schnittstelle abfragen.

Sorgfältige Auswahl geeigneter Standorte

Funkstation mit Richtantenne, auf dem Dach der Hochschule Ostwestfalen-Lippe installiert, um Hindernisse wie Siedlungen und Hügel entlang der Funkstrecke zu überwinden.
Bild 2. Funkstation mit Richtantenne, auf dem Dach der Hochschule Ostwestfalen-Lippe installiert, um Hindernisse wie Siedlungen und Hügel entlang der Funkstrecke zu überwinden.
© Phoenix Contact

Um schon in der Planungsphase die optimalen Standorte der Funkstationen bestimmen zu können, wurde das Funknetzwerk mit einer speziellen Planungs-Software entworfen. Die auf diese Weise ermittelten Standorte zeichnen sich durch ihre exponierte Lage und die Umgebungsbedingungen aus (Bild 2). Darüber hinaus sind die Senderstandorte so gewählt, dass so wenige Relaisstationen wie möglich verwendet werden, die zusätzliche Kosten verursachen. Aufgrund dieser Entscheidung ist mit zwei Stationen eine möglichst große Distanz zu überbrücken. Hierfür erweist sich der Einsatz von Richtantennen als vorteilhaft. Dank ihres Antennengewinns lassen sich schwache Signale von weiter entfernten Sendern empfangen. Die Richtantennen haben jedoch keinen positiven Einfluss auf die Sendeleistung. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben muss die Sendeleistung bei Richtantennen reduziert werden, sodass die Grenzwerte eingehalten werden.

Mit den genannten Einstellungen und einer sorgfältigen Planung lassen sich mit dem Radioline-System Funkstrecken von mehr als 20 km realisieren. Diese Aussage gilt selbst dann, wenn keine optimale Sichtverbindung zwischen den Stationen besteht. Eine solch ausgedehnte Strecke wurde zwischen den Städten Lemgo und Schwalenberg umgesetzt. Sie erstreckt sich über insgesamt 25 km. Erschwerend kommt hinzu, dass die Sichtverbindung in der Nähe von Lemgo unterbrochen ist. Die Fresnelzone, die einen zeppelinförmigen Bereich um die Sichtverbindung darstellt, wird allerdings zu weniger als 50 % verdeckt. Deshalb kann eine Funkverbindung dennoch realisiert werden.

Die Installation in Schwalenberg befindet sich in einem Wald, der die Verbindungsqualität zusätzlich negativ beeinflusst. Diese Funkverbindung zeigt exemplarisch das Potenzial und die Möglichkeiten auf, die lizenzfreie Funksysteme bieten können. Außerdem lässt die Funkstrecke darauf schließen, dass kürzere Funkstrecken mit einem weniger anspruchsvollen Höhenprofil pro­blemlos möglich sind. Die Funkverbindungen im Netzwerk sind mit Höhenprofil, Bildern und Installations-Anweisungen im Internet veröffentlicht. So können Interessenten sich informieren und ihre eigene Funkübertragung damit vergleichen.

Der Autor:

Tim Simon Leßmann
begann 2007 eine Ausbildung zum Systeminformatiker bei Phoenix Contact. Nach deren Abschluss startete er 2011 ein duales Studium der Fachrichtung Elektrotechnik an der Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Seit 2015 arbeitet er als Produktmanager im Bereich Wireless Communcation Interfaces bei Phoenix Contact. Sein Arbeitsschwerpunkt liegt hier in der Funknetzplanung, dem Projekt-Support und der Produktpflege.

tlessmann@phoenixcontact.com



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