Auf der IFA wurden die ersten Ultra-HD-Fernseher eingeführt, also Fernseher mit der vierfachen HD-Auflösung. Doch es gibt noch einige Probleme wie zum Beispiel fehlende UHD-Inhalte, fehlende Standards und ein Videosystem, das die Anforderungen dieser Fernseher unterstützen würde. Wir sprachen mit Marcel Gonska von WLC über die aktuelle Situation.
Elektronik: Sie sagen, dass UHD mehr als nur eine höhere Auflösung ist. Was gehört denn noch alles dazu?
Marcel Gonska: Das ist eigentlich ein recht großes Rezeptbuch. Die hohe Auflösung ist natürlich das Argument, das man gegenüber dem Kunden am einfachsten rüberbringen kann. Das war schon bei der Einführung der Plasma- und LCD-Fernseher so oder auch bei den Digitalkameras. Aber im Grunde genommen muss man sich das komplette System von der Produktion bis zur Darstellung auf dem Fernseher des Verbrauchers anschauen. Das betrifft neben der Auflösung auch das jetzige Farbsystem, die Bildwiederholfrequenz oder den Dynamikumfang, um nur einige Punkte zu nennen.
Elektronik: Wie meinen Sie das genau?
Gonska: Das heutige Video- und Fernsehsystem basiert auf vielen Einschränkungen aus der Vergangenheit. Wir haben ein 50-Hz-System mit 8 bit Farbtiefe und ein Abtastverhältnis von 4:2:0. Die Primärvalenzen, also die Farb-orte für die Grundfarben RGB, basieren auf den Möglichkeiten der Phosphore aus Zeiten der Bildröhre. Ein LCD-Fernseher zum Beispiel hat aber ganz andere Farbeigenschaften als eine Bildröhre und kann viel gesättigtere Farben darstellen. Die in der Natur vorkommenden Farbinformationen werden heutzutage dem aktuellen Fernsehsystem angepasst, was dazu führt, dass die Bildqualität noch immer nicht optimal ist und Bilder an unterschiedlichen Fernsehern unterschiedlich aussehen, je nachdem, wie gut er eingestellt ist oder welcher Technologie er angehört.
Elektronik: Warum muss sich das mit UHD auf einmal ändern?
Gonska: Der richtige Ausdruck für UHD wäre eigentlich 2160p, also das Doppelte der Vertikalauflösung von 1080p. Beim heutigen HD-Fernsehen haben wir aber leider meistens nur ein 1080i-(interlaced) Signal, also Halbbilder mit jeweils 540 Zeilen, die wenigsten Sender nutzen 720p (progressive), also Vollbilder. Für die echte Full-HD-Auflösung des Fernsehers wird das Signal also interpoliert, man verdoppelt also die Bildzeilen. Da Interlaced-Signale häufig zudem vertikal gefiltert werden, ist die Qualität von 1080i häufig nicht gut genug, selbst für High-Definition-Signale.
Mit 2160p gehen wir aber einen Schritt weiter. Durch die deutlich höhere Auflösung gibt es größere Displays und größere Bilder. Deshalb kommen wir mit den alten Schummeleien nicht mehr so einfach davon. Hier muss und wird eine Anpassung stattfinden. Wenn man sich anschaut, wohin die Reise geht, dann läuft es schon auf ein 10-bit- oder 12-bit-Farbsystem bei einem Abtastverhältnis von 4:2:2 hinaus. Man hat jetzt außerdem festgestellt, dass 50 oder 60 Hz bei 2160p auch nicht mehr ausreichen. Wenn man nah vor dem Bildschirm sitzt, sind Stroboskop-Effekte oder Ruckeln zu sehen. Also brauchen wir auf lange Sicht 100 bzw. 120 Hz.
Elektronik: Welche Größen ändern sich noch?
Gonska: Wenn ich mit 10 oder 12 bit arbeite, spielt auch der Dynamikumfang eine ganz andere Rolle, da die Differenzen zwischen Schwarz und Weiß im Videosignal deutlich größer werden. Dadurch kann zum Beispiel eine hochwertige Kamera bei einer Filmproduktion ganz anders belichten als früher. Bisher kommt das beim Zuschauer gar nicht an, da der Dynamikumfang im Videosignal zu klein ist.
Elektronik: Ihr Unternehmen verfolgt die Standardisierung von UHD mit Argus-Augen. Wie ist da der momentane Stand?
Gonska: Es gibt viele Arbeitsgruppen, die überlegen, welche Parameter man festmachen sollte, und man weiß daher schon, wo es ungefähr hingeht. Wahrscheinlich wird es eine zweistufige Einführung geben, die mit „UHD-1“ beginnt. UHD-1 könnte die herkömmliche Bildwiederholfrequenz von 50 oder 60 Hz haben, ein Abtastverhältnis von 4:2:2 und vielleicht ein 10-bit-Farbsystem. Aber das ist immer nur mit einem „Vielleicht“ versehen, da es noch keine fertige Definition von UHD-1 gibt. Nach UHD-1 wird es vielleicht ein „UHD-1H“ geben, also „High Frame Rate“ mit 100 oder sogar 120 Hz Bildwiederholfrequenz. Ab 2020 könnte es dann UHD-2 mit der abermals vierfachen Auflösung von 2160p geben, also was umgangssprachlich auch als 8K bezeichnet wird.
Elektronik: Warum läuft die Standardisierung mehrstufig und nicht so, dass alles auf einmal geregelt wird?
Gonska: Es ist natürlich sehr schwierig, alle Parameter unter einen Hut zu bringen. Dazu kommt, dass zum Beispiel die Chip-Hersteller gar nicht nachkommen. Die jetzigen Chips für ein Echtzeit-Decoding wie z.B. den neuen H.265-Standard sind auf Bildwiederholfrequenzen von 24 oder maximal 30 Bilder pro Sekunde limitiert. Die Hersteller arbeiten also gerade erst daran, irgendwann 50 oder 60 Hz verarbeiten zu können. Da braucht man noch gar nicht über 100 oder 120 Hz mit denen zu reden. Es ist aber jetzt schon klar, dass man irgendwann dahin muss. Deshalb wird jetzt also an einem mehrstufigen Standardisierungsplan gearbeitet, um die Parameter nach und nach festzumachen und sozusagen Orientierungspunkte zu schaffen.