Dieses bezeichnet die Verwendung von 5G im Industriekontext wie Produktion und Industrie 4.0. Wie das Lufthansa-Technik-Beispiel zeigt, ermöglicht schon der ursprüngliche 5G-Standard (Rel 15) kommerziell erfolgreiche Anwendungsfälle. Mit 3GPP Rel 16, Rel 17 und Rel 18 werden weitere Fälle mit zusätzlichen Herausforderungen unterstützt, insbesondere Ultra-Reliable Low Latency, also hohe Verfügbarkeit bei niedriger Latenz. Eine typische Anwendung ist die Steuerung von Produktionsroboterarmen.
In der Automatisierung sind Ethernet-Busprotokolle wie Profinet die Regel. „Industrial 5G“ unterstützt diese direkt (Time Sensitive Networking, Time Sensitive Communication) ohne den Umweg über IP. Es gibt zwei Modelle für Industrial-5G-Netze: dedizierte private Campusnetze sowie die Bereitstellung des Dienstes über Betreibernetze. Beide können auch gemischt realisiert werden. Für beide Modelle bietet der 3GPP-Standard zusätzliche Funktionen, insbesondere Non-Public Network und Network Slicing. Die führende Rolle Deutschlands bei Industrial 5G wird auch dadurch deutlich, dass die globale treibende Kraft, die 5G Association of Connected Industries and Automation (5G-ACIA), aus Deutschland heraus entstanden ist und als Arbeitskreis vom ZVEI geführt wird.
Der 3GPP-Standard bedient horizontal ein weites Spektrum an Nutzern. In Abgrenzung dazu werden Segmente für spezielle Anwendungen als Verticals bezeichnet. Industrial 5G ist ein Beispiel dafür, aber es gibt etliche mehr. Die wesentlichen Verticals, deren Anwendungen und daraus folgende Anforderungen sind:
Alle diese Sektoren haben spezielle Anforderungen an den 5G-Standard, teilweise mit anderen Sektoren gemeinsam.
Die Funktion von Mobilfunknetzen als netzbasierte Sensoren gewinnt an Bedeutung. Ein banales Beispiel von heute ist die netzbasierte Synchronisation der Uhrzeit in unseren Smartphones, wodurch die Uhrzeit immer sekundengenau ist.
Die genaue Ermittlung des Ortes gewinnt immer weiter an Bedeutung für Anwendungen wie automatisiertes Fahren, auch von unbemannten Fahrzeugen in der Produktion. Mit Rel 18 wird eine Lokalisierung bis auf 10 cm genau ermöglicht. Eine präzise Zeitsynchonisation wird gefordert für Anwendungen in der Finanz- und Bankenwelt, aber auch im Betrieb von ITK-Netzwerken. In vielen Fällen wird diese Synchronisation heute von GPS-Systemen abgeleitet, doch zunehmend werden Alternativen gefordert, die rein terrestrisch operieren. 5G-Advanced wird diese Technik zur Verfügung stellen.
Open RAN ist ein Konzept zur Desaggregation des Funkzugangsnetzes, dessen Virtualisierung sowie die Realisierung von Teilen in der Cloud. Im Kern- und im Service-Netz ist diese Transformation schon weit fortgeschritten, jedoch im Funknetzwerk sind die Anforderungen deutlich erhöht. Die O-RAN Alliance ist die treibende Kraft und ergänzt die Arbeit von 3GPP, indem sie zusätzliche Schnittstellen im Funknetzwerk definiert, die eine offene Architektur erlauben. Die Realisierung von Mobilfunknetzwerken via einer Open-RAN-Architektur passt gut zum Thema 5G-Advanced, auch wenn es nicht mit einer bestimmten Phase von 5G verbunden ist. Die meisten Mobilfunknetzbetreiber planen einen Übergang zu einer solchen Architektur für die weitere Evolution von 5G, jedoch nicht bereits während der 5G-Einführung.
Mit der weiteren Verbreitung von 5G ist in dieser Dekade eine schnell fortschreitende Entwicklung der 5G-Technik zum 5G-Advanced-Standard und darüber hinaus zu erwarten. Gleichzeitig liegt der Schwerpunkt der Forschung schon bei der nächsten Mobilfunkgeneration 6G. Für 6G ist mit einer Markteinführung um das Jahr 2030 zu rechnen, und es gibt gute Gründe für diesen Dekadenrhythmus, sowohl ökonomisch als auch technisch. Techniken wie Open RAN oder künstliche Intelligenz, der Fokus auf Funknetze als Sensoren, welche mit 5G-Advanced eingeführt werden, werden bei 6G eine ganz zentrale Rolle spielen.