Elektrotechnik-Ingenieure in Deutschland

»Exzellenter Ausbildungsweg«

13. Juli 2017, 7:00 Uhr | Markus Haller
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Der Ingenieur im Wandel: Immer jünger und immer mehr Informatik

Wie hat sich das Berufsbild des Elektrotechnik-Ingenieurs verändert?

Ferchau: Eine wesentliche Veränderung wurde durch den Bologna-Prozess angestoßen. Er hatte ja als ein zentrales Ziel, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Ausbildung zu stärken. Das bedeutet auch einen Verjüngungsprozess der Absolventen. Wenn wir vor zehn Jahren einen Hochschulabsolventen hatten, dann war der etwa siebenundzwanzig. Heute ist ein Bachelor-Absolvent zweiundzwanzig oder vielleicht noch jünger und natürlich können wir einen Zweiundzwanzigjährigen nicht mit einem Siebenundzwanzigjährigen vergleichen. Das Ausbildungssystem ist auch viel offener, sodass viele sich später noch für das Absolvieren eines Master-Studiengangs entscheiden.

Ein zweiter deutlicher Wandel ist der Fokus auf die Informatik. Früher war der Maschinenbau die am meisten gefragte Fachrichtung, gefolgt von der Elektrotechnik und einem sehr kleinen Teil Informatik. Heute ist die Informatik, gemessen an der Anzahl der Studierenden, an vielen Hochschulen und Universitäten der maßgebliche Studiengang. Durch Industrie 4.0 wird dieser Trend noch weiter verstärkt.

Die Ferchau-Zentrale in Gummersbach
Die Ferchau-Zentrale in Gummersbach befindet sich ganz in der Nähe der Fakultät für Informatik und Ingenieurwissenschaften der TH Köln. Die meisten der über hundert Standorte in Deutschland stehen in engem Kontakt mit den örtlichen Hochschulen.
© Ferchau

Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen dem Trend zu Industrie 4.0 und dem veränderten Anforderungsprofil an den Elektrotechniker?

Ferchau: Einen Zusammenhang sehe ich einmal darin, dass Produktionsmöglichkeiten auch immer die Verfügbarkeit und Nachfrage für bestimmte Technik-Produkte bestimmt. Zum Beispiel war der Bedarf an Elektrotechnik-Ingenieuren für die elektrische Antriebstechnik gegen Ende der 90er Jahre nicht sehr groß. Nun sind diese Fähigkeiten durch die Elektromobilität, deren Verfügbarkeit ja auch durch die Industrie 4.0 bestimmt wird, wieder stark nachgefragt.

Durch die zunehmende Vernetzung fallen um den Bereich der Elektrotechnik und des Maschinenbaus außerdem immer mehr Aufgaben im Informatikbereich an. Unser Mitarbeiterstamm hat sich entsprechend stark verändert. Wir beschäftigen heute etwa dreißig Prozent Informatiker und dafür deutlich weniger Maschinenbauer als früher. Hier sieht man eine sehr starke Verschiebung zu Lasten der Maschinenbauer. Auch der Raum, den Programmiertätigkeiten im Arbeitsalltag des Elektrotechnikers einnehmen, ist deutlich größer geworden.

So groß, dass diese Aufgaben zukünftig lieber von reinen Informatikern ausgeführt werden sollten?

Ferchau: Eher das Gegenteil. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, sanfte Übergänge zwischen den Studiengängen zu schaffen. Der Maschinenbauer soll ja kein vollwertiger Informatiker sein, aber er muss nach meinem Dafürhalten zumindest in etwa wissen, was für einen Informatiker wichtig ist und wo genau die Schnittstellen zwischen seiner Tätigkeit und der des Informatikers sind.

Sehen Sie durch den Trend zur Industrie 4.0 auch eine Veränderung der Studiengänge für Elektrotechnik-Ingenieure als notwendig an?

Ferchau: Das sehe ich nicht. Da das Berufsbild sehr breit ist – es kann ja von der Energietechnik bis zum Software-Design alles sein – ist auch das Studium sehr breit angelegt und muss das auch sein. Die Spezialisierung erfolgt dann im Hauptstudium und geht in der Berufspraxis weiter. Das wird sich auch durch Industrie 4.0 nicht ändern.

Als einer der größten Arbeitgeber für Ingenieure in Deutschland: Was tun Sie, damit es auch in Zukunft gut ausgebildete Elektrotechniker auf dem Arbeitsmarkt gibt, die Sie einstellen können?

Ferchau: Ein Aspekt ist, dass wir an vielen Standorten mit Hochschulen kooperieren. Die Zusammenarbeit geht dabei von Vorträgen unserer Mitarbeiter über die Situation am Arbeitsmarkt oder verschiedene Berufsbilder bis hin zur Vergabe von Förderpreisen. Wir sehen da auch ein deutliches Interesse der Hochschulen und der Studenten, die gerne wissen möchten, welche Berufe und Fähigkeiten gerade auf dem Markt gefordert sind und in welche Richtung sich das Anforderungsprofil entwickelt. Häufig sind die Studenten ja selbst nicht ganz sicher, ob sie mit ihrer Studienwahl gut aufgestellt sind. Als Ingenieurdienstleister können wir hier verschiedene Wege aufzeigen, die ein Absolvent für den Berufseinstieg gehen kann.

Wir arbeiten auch bei konkreten Projekten mit Hochschulen zusammen, zum Beispiel gibt es in Kiel eine Kooperation für die Entwicklung von autonomen Fähren. Letztlich bieten wir natürlich auch Abschlussarbeiten an, bei denen die Hochschulstudenten dann direkt zu uns ins Haus kommen und ihre Erfahrungen aus der praktischen Arbeitswelt eventuell wieder zurück mit an die Hochschule nehmen.

Das Gespräch führte Markus Haller, Redakteur der Zeitschrift Elektronik.

 

Frank Ferchau von von Firma Ferchau
Frank Ferchau von Firma Ferchau
© Ferchau

Frank Ferchau

studierte Ingenieurwissenschaften in Mannheim und anschließend Betriebswirtschaft in Marburg. 1994 trat er in das väterliche Unternehmen Ferchau Konstruktion ein, zunächst als stellvertretender Niederlassungsleiter in München. Nachdem er durch die Tätigkeit als Regional- und später als Marketingleiter das Unternehmen intensiv kennen lernte, wechselte er im Jahr 2001 in die Geschäftsführung. Seit 2005 ist er Geschäftsführender Gesellschafter des Familienunternehmens.

 


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