Nach der Ankündigung der neuen 32-bit-RX-100-Familie für Low-Power-Anwendungen gab Renesas heute konkrete Daten hinsichtlich der Leistungsaufnahme bekannt. Die Energieeffizienz liegt dank hoher Rechenleistung und geringer Leistungsaufnahme deutlich über der vieler Wettbewerber, sogar Freescales Kinetis-L-Familie wird überboten.
Im Juni stellte Freescale auf seiner Entwicklerkonferenz FTF mit dem Kinetis-L die erste MCU-Familie, die auf ARMs kleinstem Core, dem Cortex-M0+, basiert, vor. Im Vergleich zu 8- und 16-bit-MCUs zeigte sich der Kinetis-L als deutlich energieeffizienter (Rechenleistung/W), neben Microchips PIC24, Atmels AVR8 und TIs MSP430 wurde seinerzeit auch ein Vergleich mit Renesas RL-78 vorgenommen (wir berichteten).
Dieser hat die Japaner offenbar sehr geschmerzt, denn mit Freude hat man heute auf der eigenen Entwicklerkonferenz DevCon die Daten für die neue Low-Power-32-bit-MCU RX100 vorgestellt und diese insbesondere mit dem Kinetis-L verglichen, konkret mit der Serie KL14, um eine in etwa vergleichbare Peripherieausstattung zu haben.
Im aktiven Modus kann man Kinetis-L zwar nach Absolutwerten nicht ganz das Wasser reichen (bei 25°C sind 6,6 mA gegenüber 6,4 mA zu verbuchen), wenn man allerdings die deutlich höhere Rechenleistung des RX-Cores gegenüber dem Cortex-M0+ berücksichtigt, ergeben sich beim RX100 14,9 Coremark/mA gegenüber 12,4 Coremark/mA beim Kinetis-L. Der RX100 kann Aufgaben schneller abarbeiten, muss damit auch weniger lang im aktiven Modus verbleiben und kann längere Zeiten in Energiesparmodi verbringen. Interessant dürfte jedoch ein Vergleich mit mancher Cortex-M3/M4-betriebenen MCU sein: So weist der EFMTG840F32 von Energy Micro einen Wert von 15,4 Coremark/mA auf, was nochmal 3 % höher ist als der Wert des RX100. Da der Renesas-Core jedoch selbst im Vergleich zu ARMs derzeit stärksten MCU-Cores nominell rund 25 % mehr Rechenleistung liefert, muss auch der EFM32 für denselben Task länger im aktiven Modus bleiben - wer am Ende im aktiven Modus mehr Energie frisst, dürfte daher extrem applikationsabhängig sein - rein rechnerisch hat der RX100 auf Grund seiner überragenden Rechenleistung die Nase vorne.
Renesas behauptet zudem, dass die von Freescale publizierten Zahlen bezüglich des RL78 (1,87 Coremark/mA) falsch seien, richtig seien vielmehr 4,5 Coremark/mA – unabhängig davon, welche Zahl jetzt richtig ist, sind im aktiven Modus alle oben genannten 32-bit-Controller hier deutlich energieeffizienter als 16-bit-Chips von Renesas und anderen Anbietern, egal, ob sie mit Cortex-M0+, Cortex-M3 oder RX arbeiten. Der Unterschied zwischen den von Freescale und Renesas ermittelten Werten ergibt sich übrigens durch die unterschiedlichen Chips: Freescale hat den RL78/G13 herangezogen, der je nach Compiler zwischen 0,29 und 0,39 Coremark/MHz liefert - Freescale hat sich bei dem Vergleich wenig überraschend für den schlechtesten Wert entschieden. Renesas hingegen hat den Wert für seine RL78/G14-Serie mit verbesserter Core-Architektur, die 0,67 Coremark/MHz liefert, angegeben.
Im Wait-Modus mit aktiver Echtzeituhr nimmt der RX100 0,7 µA auf, rund die Hälfte vom Kinetis-L,und im Stop-Modus mit Datenerhalt (RAM-Retention) stehen bei 25 °C den 1,4 µA des Kinetis-L (von Freescale mit Very-low-leakage-stop-Mode 3 bezeichnet) nur noch 0,35 µA des RX100 gegenüber.
Besonders interessant wird es, wenn man die für viele Anwendungen uninteressanten Angaben bei Zimmertemperatur verlässt und sich die Zahlen bei 85 °C anschaut: Während der Kinetis-L wie viele andere Controller auch deutlich nach oben skaliert (aus 1,4 µA werden 9,2 µA, Renesas hat sogar - unserer Ansicht nach fälschlicherweise - 26 µA angegeben, dies ist laut Freescale-Datenblatt aber der Maximalwert und kein typischer Wert), fällt die Steigerung beim RX100 deutlich geringer aus: Aus 0,35 µA werden lediglich 5 µA, offenbar eine Folge der Fertigung in Renesas proprietären 130-nm-Low-Leakage-Prozess.
In den letzten Wochen haben schon Amtel und SiliconLabs sehr energiesparende 32-bit-MCUs (auf ARM-Cortex-Basis) herausgebracht, der RX100 ist zweifelsfrei ein ganz starker Vertreter dieses wachsenden Marktsegmentes.
Muster stehen laut Renesas bereits heute zur Verfügung, im 1. Quartal 2012 soll die Massenfertigung anlaufen.