Kommentar

IC-Lieferzeiten: It´s the physics, stupid!

6. Dezember 2013, 11:47 Uhr | Heinz Arnold
Heinz Arnold, Chefredakteur Markt&Technik
© elektroniknet.de

Die Fertigung von Halbleitern weist ihre ganz besonderen Eigenheiten auf - Außenstehenden bleiben sie meist verborgen. Auch vielen Anwendern, die von ihren Lieferanten erwarten, dass sie innerhalb von kurzer Zeit liefern können, selbst wenn sich die gewünschten Stückzahlen kurzfristig mal verdoppeln.

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Wenn sie solche Forderungen hören, müssen die IC-Hersteller erst einmal tief durchatmen - und dann wie seit vielen Jahren schon - auf einige Tatsachen hinweisen, die Physik und Produktionstechnik vorgeben und die sich folglich nicht wegverhandeln lassen. Je weiter die Fertigungstechnik voranschreitet, umso komplexer werden die Prozesse, umso mehr Prozessschritte sind erforderlich und umso länger dauert es, einen Wafer durch die Fab zu schleusen. Auf der 28-nm-Ebene nimmt ein Durchlauf 16 Wochen in Anspruch.

»Aber sind die Fabs denn immer bis zum Rand ausgelastet? Ließen sich denn nicht aktuell ungenutzte Kapazitäten nutzen, um auf plötzlich steigende Stückzahlen zu reagieren?«, mag sich manch geplagter Abnehmer fragen, der ja seinerseits unter dem Erwartungsdruck seines Kunden steht. Die Antwort auf diese Fragen ist für den Abnehmer einfach und ernüchternd: eine Fab nicht auszulasten, können sich die Hersteller schlicht nicht leisten. Allgemein gilt: »Die beste Fab ist eine ausgelastete Fab.« Entscheidend ist allerdings der Folgesatz: Eine ausgelastete Fab ist nicht flexibel!

Da nützt es auch wenig, als IDM die Kapazitäten auf Foundries auszulagern. Zwar gibt es gute Gründe, diesen Weg zu gehen. Die eigene Lieferflexibilität zu erhöhen und schneller auf plötzlich massiv steigende Lieferwünsche der Kunden reagieren zu können, gehört allerdings eher nicht zu den guten Gründen. Denn die Produktion in den Foundries gehorcht denselben physikalischen Gesetzen wie die Produktion der IDMs. Und auch fabless IC-Hersteller können nicht flexibler liefern, nur weil sie bei Foundries fertigen lassen. »Die Mär von der flexiblen Foundry können wir vergessen«, formuliert ein Insider.

Dazu kommen unvorhersehbare Ereignisse, die bestehende Fertigungskapazitäten von einem Tag auf den anderen schlicht ausfallen lassen. Das müssen keine Naturkatastrophen, technische Katastrophen oder politische Umstürze sein - es genügt schon, wenn eine Firma, die in Asien eine Assembly-Produktionen betreibt, plötzlich feststellt, dass es für sie profitabler ist, die zur Verfügung stehende Fläche in einen Supermarkt zu verwandeln anstatt dort weiter Chips zu montieren.

Fazit: Es wird auch künftig nicht möglich sein, die Fertigungskapazitäten und Lieferzeiten sich schnell ändernden Kundenwünschen anzupassen. Und deshalb ist es auch bis zur Verknappung immer nur ein kurzer Weg.

Ihr Heinz Arnold


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