»Die Amerikaner sind beim Thema Energiesparen richtig schlecht«

27. Juni 2008, 9:17 Uhr | Frank Riemenschneider, Elektronik
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»Die Amerikaner sind beim Thema Energiesparen richtig schlecht«

Sind Ihre Kunden mehr an der Umwelt oder an ihrem eigenen Geldbeutel interessiert? Haben die steigenden Benzinpreise ihre Einstellung verändert?

Seit der Ära von Karl Marx sind die meisten Menschen primär an einer Gewinnmaximierung interessiert, und genauso geht es unseren Kunden. Die interessiert das Thema Energiesparen allerdings aus einem ganz anderen Grund: Um ihre Produkte erfolgreich verkaufen zu können, muss das Gerät eine möglichst lange Batterielaufzeit aufweisen. Die Laufzeit ist definitiv zur Zeit zum wichtigsten Verkaufsmerkmal geworden – noch vor den üblichen technischen Errungenschaften des Gerätes als solches. Schön ist natürlich, dass dadurch die Umwelt quasi nebenbei geschont wird: Es müssen weniger Batterien produziert werden und es fällt weniger Sondermüll an.

Welchen Marktanteil erzielen Sie in Europa und welches sind dort Ihre stärksten Marktsegmente?

Wir erzielen rund 25 Prozent unseres Umsatzes in Europa. Sehr stark sind wir in den Bereichen Militär und Satellitengeschäft. Bei Energiespar- Anwendungen haben wir in Europa leider noch erheblichen Nachholbedarf, speziell im Consumer-Bereich.

Sind Sie auch im Automobilgeschäft vertreten?

Aktuell leider noch nicht sehr stark. Allerdings konnten wir in letzter Zeit ein starkes Interesse auch von namhaften deutschen Autoherstellern beobachten.

Welche Wachstumsmöglichkeiten für programmierbare Logik sehen Sie überhaupt im Automobilgeschäft?

Ich kann Ihnen dazu leider keine exakten Zahlen geben, ich erwarte aber gerade bei den Automobilherstellern ein überdurchschnittliches Wachstum.

Welche speziellen Anforderungen gibt es, um FPGAs erfolgreich an Autohersteller verkaufen zu können?

Nun, man muss einen sehr anspruchsvollen Qualifizierungsprozess seiner Produkte überstehen, der kostet nicht nur Zeit, sondern auch richtig Geld. Trotzdem lohnt es sich, diese Investitionen zu tätigen, da Sie anschließend wirklich große Volumina verkaufen können.

Werden wir zukünftig auch FPGAs sehen, die neben Hard-Cores für Prozessoren und Speicher auch CAN-, LIN-, FlexRay- oder MOST-Blöcke enthalten?

Wie Sie richtig sagen, gibt es heute ja schon Prozessoren, Speicher usw. als Hard-Cores zu kaufen. Was die automobilen Bussysteme angeht, hängt das sicher von der Nachfrage ab. Wenn sich jemand in großen Stückzahlen für so einen Baustein interessiert, werden wir ihn sicher bauen. Augenblicklich sehe ich diese Nachfrage allerdings noch nicht.

Wie wollen Sie Einkäufer von Automobilzulieferern überzeugen, statt auf ASICs auf FPGAs zu setzen? Ist der Preis nicht immer noch ein K.o.- Kriterium?

Sicher ist der Preis eines FPGA immer noch ein entscheidendes Kriterium, daher wird ein Hersteller, wann immer es wirtschaftlich zu rechtfertigen ist, ein ASIC designen. Allerdings müssen die Autobauer auf Grund der Kundenanforderungen immer mehr Varianten ihrer Autos anbieten und da kommt dann der Punkt, wo die Stückzahlen pro Variante nicht mehr ausreichen, die hohen Investitionen in ein ASIC-Design zu tätigen. Wenn Sie für unterschiedliche Fahrzeugvarianten immer ein unterschiedliches ASIC benötigen, wird die Sache ganz schnell unwirtschaftlich. Sicher kann man auch für alle Varianten ein riesiges Universal- ASIC bauen, aber wenn sich dann irgendwas ändert, müssen Sie dieses ASIC komplett durch ein neues ersetzen. Das ist die Chance für PLDs in der Autoindustrie, und ich sehe mit Freude das zunehmende Interesse an programmierbaren Lösungen. 

Alle Halbleiterfirmen klagen über einen Mangel an Design-Ingenieuren, speziell wenn es um die erfahrenen und guten geht. Ist Headhunting der einzige Weg für Sie, neue Mitarbeiter zu gewinnen, und wie schützen Sie sich selbst gegen den Verlust von wichtigen Arbeitskräften?

Ich hasse Headhunting! Es läuft doch so ab: Ich schicke einen Berater zu Xilinx, damit er dort einen guten Mitarbeiter stiehlt. Dann schickt Xilinx einen Berater zu uns, der uns einen anderen stiehlt. In beiden Fällen wird es eine saftige Gehaltserhöhung geben müssen. Es wird nicht nur teurer, sondern es dauert auch noch bis zu einem Jahr, bevor der neue Mitarbeiter produktiv arbeiten kann. Deswegen ist Headhunting ein schlechtes System, bei dem nur die Personalberater gewinnen. Wir arbeiten mit Universitäten zusammen – und das schon seit 15 Jahren –, und wir begleiten talentierte Studenten über ihr gesamtes Studium – in der Hoffnung, dass sie am Ende des Weges zu Actel kommen und uns während ihrer studienbegleitenden Arbeit so gut finden, dass sie auch fleißig Werbung an der Uni für uns machen.

Und was tun Sie, damit Ihnen die Mitarbeiter nicht von Ihren Wettbewerbern weggekauft werden, die vielleicht eine positivere Einstellung zu Headhuntern haben als Sie?

Die Fluktuation bei Actel ist zum Glück extrem niedrig. Ich denke, ein Grund – neben einem marktgerechten Gehalt – besteht darin, dass wir unsere Mitarbeiter wie Erwachsene behandeln und ihnen eine Menge Verantwortung delegieren. Wir sagen ihnen nicht (wie Eltern zu ihrem kleinen Kind), Ihr müsst um 7 Uhr da sein und bis Mitternacht bleiben, stattdessen geben wir ihnen herausfordernde Aufgaben. Sie werden es nicht glauben, aber die meisten guten Designer möchten gefordert werden, eine Unterforderung ist tödlich – wer sich langweilt, sucht sich eine neue Aufgabe bei einer anderen Firma.

Die deutsche Bundesregierung hat entschieden, in den nächsten Jahren alle Kernkraftwerke aus Sicherheitsgründen abzuschalten. Was denkt der CEO einer »grünen Firma« über Atomkraft und erneuerbare Energien?

Nach dem Gau im Reaktor »Three Mile Island« bei Harrisburg 1979 war es quasi unmöglich, in den USA neue Reaktoren zu bauen. Sehen Sie sich doch den Prozess beim Neubau einer Wafer-Fabrik an: Jedes Mal wird ein Design neu auf der grünen Wiese entwickelt und getestet und noch mal getestet und wieder getestet. Das Ergebnis sind Wafer- Fabs, die immer sicherer, zuverlässiger und energieeffizienter arbeiten. Ich denke, dass man genauso sichere Kernkraftwerke bauen könnte. Man darf natürlich nicht so idiotisch wie seinerzeit die Betriebsmannschaft in Tschernobyl agieren. Grundsätzlich stehe ich also der Kernkraft positiv gegenüber. Wovor ich aber Angst habe, sind terroristische Anschläge. Wie können Sie gewährleisten, dass alle Kraftwerke zu jeder Zeit sicher sind? Warum sollte nicht einmal ein Terrorist statt ins World Trade Center in ein Kernkraftwerk fliegen? Und deswegen kann ich diese an sich attraktive Technologie doch nicht befürworten. Was ich dagegen absolut befürworte, ist Solarenergie. Wir bei Actel werden alle Firmengebäude mit Solarzellen ausrüsten, die wir übrigens bei SunPower, einer Tochter von Cypress Semiconductor, kaufen.


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