Interview mit ARM-CTO Mike Muller

„Schneller als ein Intel Atom N270 mit 1,6 GHz“

31. Mai 2010, 10:10 Uhr | Frank Riemenschneider
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Interview mit ARM-CTO Mike Muller - Teil 2

Warum sind Sie so optimistisch, dass Sie mit dem Cortex-M0 den 8- und 16-bit-MCU-Markt angreifen können? MCU-Hersteller wie Microchip sehen in ihm keine Bedrohung für ihr 8-bit-Geschäft. Warum braucht eine Waschmaschine eine 32-bit-MCU?

Muller: Es hängt sicher von der Software- Komplexität ab. Wenn Sie einen Steuerungsalgorithmus für einen kollektorlosen Motor nehmen, ist das ein Unterschied zu einem einfachen Bewegungs- Sensor. Selbst bei einem Zig- Bee-Stack profitieren Sie von der höheren Code-Dichte bei 32 bit und Sie können dann auch noch zwischen mehreren Anbietern in der ARM-Welt wechseln und hängen nicht von einer proprietären Architektur ab. Besonders im Mixed-Signal-Bereich sehen wir großes Interesse, da haben wir größere Prozessgeometrien und da spart ein Core mit nur 12 000 Gattern natürlich viel Silizium und Geld.

FPGA-Anwender müssen mit dem uralten Cortex-M1-Softcore vorlieb nehmen, der etwa gegenüber dem neuesten MicroBlaze nicht wirklich wettbewerbsfähig ist. Spüren Sie eine Nachfrage nach einem Cortex-M3- Softcore? Werden Sie einen entwickeln?

Muller: Da kann ich offiziell leider nichts dazu sagen, das wachsende FPGA-Geschäft insgesamt ist für uns jedoch sehr wichtig. Ich kann Ihnen aber sagen, dass alle Cores theoretisch in ein FPGA eingebunden werden können, wenn sie auch nicht dafür optimiert wurden wie der M1. Unser Alleinstellungsmerkmal ist, dass der Kunde mit dem M1 eine herstellerunabhängige Lösung bekommt, auch wenn einige Eigenschaften, etwa eine MMU, fehlen.

Meine Schlussfolgerung daraus ist, dass Sie, auch wenn Sie offiziell nichts sagen können, stark in das FPGA-Geschäft investieren ...

Muller: Absolut. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zu Xilinx und Altera und arbeiten eng mit ihnen zusammen.

Zur Zeit hält Intel bei Netbooks einen Marktanteil von mehr als 90 Prozent. Offensichtlich sind MSWindows und MS-Office doch weiterhin Schlüsselfaktoren für Käufer, und beide laufen nur auf einem x86-Prozessor. Wie wollen Sie dieses Problem lösen? Gibt es Aktivitäten, Windows 7 mit seinem verkleinerten Micro-Kernel auf ARM zu portieren?

Muller: Das können Sie so nicht pauschalisieren. In China z.B. gibt es fast nur Open-Office-Benutzer, die auch mit Linux zufrieden und überhaupt nicht auf Windows fixiert sind. Denen können wir sofort ein ARM-Netbook hinstellen, und sie sind glücklich. Bei den amerikanischen, japanischen und europäischen Kunden gibt es solche, die einen billigen Zweit-Notebook haben wollen mit Windows XP und solche, die lediglich eine Web-Browsing- Maschine kaufen wollen. Letztere können wir heute auch schon bedienen. Wenn Sie etwas über die zukünftige ARM-Windows-Kompatibilität wissen wollen, müssen Sie leider zu Microsoft gehen.

Ein weiterer Markt, den Sie ansprechen, ist das schnell wachsende Geschäft mit mobilen Internet-Geräten und Smartphones. Intel behauptet ja nun, dass das Internet-Erlebnis vom PC nur auf einem x86-Prozessor stattfinden kann. Flash-Videos sind z.B. auf dem Cortex-A8-getriebenen iPhone nicht darstellbar. Was sagen Sie denn dazu?

Muller: Sehen Sie, diese Behauptung von Intel ärgert mich ganz extrem, weil sie einfach falsch ist. Ich habe doch gerade Flash10 auf einem ARMCore vorgeführt! Dass Flash nicht auf dem iPhone läuft, liegt an der Prozessor- Implementierung, aber nicht an der ARM-Architektur als solcher.

Der Schutz von IP in China ist ein weiterhin ungelöstes Problem. Sind IP-Lieferanten wie ARM besonders betroffen? Wie gehen Sie damit um?

Muller: Das ist hier ein generelles Problem, nicht nur für IP-Lieferanten. Leider ist es ein Teil unseres Geschäfts, und ich sehe keine Lösung. Sie können nur wählen: Wollen Sie Geschäfte in China machen und wenn ja, dann müssen Sie damit leben.

In China und auch Indien werden massenhaft sehr qualifizierte Ingenieure ausgebildet. Denken Sie, dass hierdurch das Risiko besteht, dass ARM irgendwann von einem chinesischen oder indischen Start-up überholt wird, das die notwendigen „Gehirnkapazitäten“ zur Verfügung hat?

Muller: Sehen Sie, neben den Leuten brauchen Sie auch ein Third-Party- Ecosystem, das Ihre Technologie unterstützt. Das braucht Zeit, viel Zeit. Nehmen Sie Adobe mit dem Flash- Player: Die konzentrieren sich auf die etablierten Architekturen x86 und ARM, das ist ja ein riesiges Problem für Mips oder Tensilica: Sie bekommen die Unterstützung nicht! Deswegen haben wir auch vor Start-ups keine Angst.

Ihr Aktien werden an der Börse gehandelt. Haben Sie und vielleicht auch Ihre Kunden Angst, dass eine Akquisition von Intel drohen könnte. Die haben ja genug Kleingeld in der Kriegskasse ...

Muller: (lacht) Als Vorstand von ARM muss ich mich ja erstmal freuen, wenn jemand mehr Geld auf den Tisch legen würde, als es der aktuelle Börsenwert hergibt. Es besteht allerdings ein riesiger Unterschied darin, ob uns Intel kauft oder eine andere Firma. Die Wettbewerbshüter würden einen Intel- Kauf mit Sicherheit nicht akzeptieren, denn diese haben das Quasi-Monopol bei den Desktops, wir hingegen einen extrem hohen Marktanteil bei den Mobilgeräten.

Die meisten Ihrer Kunden sind fabless und hängen von führender Foundry-Technologie ab. Denken Sie, dass Globalfoundries mit TSMC, Intel und Samsung konkurrieren kann.

Muller: Dank der großen Investitionen dieser Firma aus Abu Dhabi und deren langfristiger Sichtweise denke ich, dass Globalfoundries ein ganz signifikanter Spieler im Foundry-Geschäft wird. Es wird sicher noch drei Jahre dauern, bis sich das ganze investierte Geld auszahlt, aber die Investoren haben ja angeblich diese Geduld.

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