Auf die Finanzkrise folgte unmittelbar die Allokation. Die ersten Anzeichen für Normalität wischten das Japan-Beben und seine Folgen hinweg. Wie ging die Embedded-Branche damit um und welche Lehren wurden gezogen?
»Es haben sehr viele Unternehmen sehr schnell reagiert und ihre eigenen Pläne entwickelt, wie sie mit der Situation umgehen und haben das dem Kunden auch kommuniziert«, erklärt Wolfgang Eisenbarth, Director of Marketing Embedded Computer Technologie der MSC Vertriebs GmbH. »Die Partnerschaft zwischen Kunde und Unternehmen ist das Ausschlaggebende, damit man die Situation gut beherrschen kann«.
Aber nicht nur dieses besonnene Vorgehen half der Embedded-Branche. »Was viele vergessen haben, dass nicht nur Anbieter weggefallen sind - die oftmals nur wenige Tage nicht in der Produktion waren - sondern es hat sich auch gewaltiges in der Nachfragesituation getan«, betont Philipp Blumenschein, COO von E.E.P.D.. »Mit dem Wegfall der Autoproduktion hat sich das zum Teil wieder aufgehoben.«
Die Krise legte nicht nur wirtschaftlichen Verflechtungen offen, sondern auch menschliche Qualitäten. »Jeder hatte doch Verständnis und Mitgefühl - es hatten ja zehntausende Menschen das Leben verloren. Wenn man wegen der Katastrophe nicht liefern konnte, ritt keiner darauf herum«, berichtet Markus Bullinger, Operative Geschäftsleitung Distribution der Fortec Elektronik. »Der gleiche Mensch wird aber ungemütlich, wenn eine Firma nicht liefern kann, weil sie nicht genügend eingekauft hat. Die Auswirkungen waren nicht so dramatisch, es ging ja relativ schnell wieder los.«
War dieses Wiederanspringen der Lieferketten auch eine Rückkehr zur Normalität? »Jede Veränderung bringt eine nachhaltige Bewusstseinsveränderung mit sich. Deshalb kann man nicht ‚business as usual‘ sagen, das wäre aus meiner Sicht ein Rückschritt«, betont Albin Markwardt, Geschäftsführer von Comp-Mall. »Man hat sich der Situation angepasst, die Kunden haben ihre Erwartungen angepasst - damit hat man sich durch diese Krise mal wieder entwickelt.«
Besondere Fortschritte einer Branche hat Bullinger beobachtet: »Die Katalogdistributoren werden immer besser. Die sind eigentlich immer lieferfähig, auch bei kleineren Serienstückzahlen. Das war früher nicht so üblich - erstmal waren es wahnsinnige Preise und dann hatten sie nur fünf Stück. Heute puffern die schon einiges weg. Die EDV-System sind offensichtlich besser geworden und sie lagern viel genauer.«
Die Krisen der letzten Jahre brachen unerwartet über die Elektronikbranche herein und störten damit massiv die langjährigen Investitions- und Kapazitätspläne und so den berüchtigten »Schweinezyklus«. Gestählt durch die Ereignisse der letzten zwei Jahre schreckt dieser Begriff mittlerweile die Embedded-Anbieter kaum noch. »Ich hab 1982 bei Motorola begonnen und da hat man auch schon vom Schweinzyklus gesprochen. Entweder es ist ein Einkäufermarkt oder es ist Allokation - normal dazwischen waren wir eigentlich ganz selten«, erklärt Hans Mühlbauer, Aufsichtsrat von congatec. »Momentan haben wir eher einen Einkäufermarkt, die Hersteller sind froh über Aufträge«. »Früher war der Schweinezyklus mal sieben Jahre, dann fünf, dann drei Jahre und jetzt wird es langsam schon quartalsweise - alles wird dynamischer. Jeder lehnt sich nicht mehr so aus weit dem Fenster, weil man weiß, dass es in drei oder fünf Monaten schon wieder ganz anders aussehen kann«, ergänzt Norbert Hauser, Executive Vice President Marketing von Kontron, »dann braucht man wieder seine Partner.«