Wie sollte hingen ein neues Embedded-Gremium arbeiten? »Man sollte die Standardisierung nicht zu hoch ansetzen. Ich hab schon die ganzen VME-Standardisierungen mitgemacht. ANSI war anfänglich dort das ganz große Thema, da es als Standardisierungsinstitut dahinter gestanden ist. Heutige Embedded-Technologien kann man nicht mehr über einen so langwierigen Prozesse machen«, erklärt Eisenbarth. »Es ist mehr eine Heimat gefragt, in der sich verschiedene Hersteller treffen können und sich auf bestimmte Rahmenbedingungen einigen können - seien es mechanische wie Stecker-Kompatibilitäten, elektrische wie ein Pin-out oder softwaretechnische wie ein API.«
Letztgenannter Punkt ist besonders für Systemintegratoren und Softwareentwickler von wachsender Bedeutung. »Systemschnittstellen sind entscheidend, das bemerken wir sehr stark im Kundengespräch«, ergänzt Markus Bullinger, Operative Geschäftsleitung Distribution der Fortec Elektronik. »Diskutierten wir 1991 noch über die Prozessoren, so ist das heute kein Thema mehr. Heute sagt der Kunden welche Software laufen soll und welche Leistungsaufnahme das System haben darf - alles andere ist unser Problem. Deshalb ist das Thema Normierung der Software und der System-Interoperabilität eine gute Sache die vorangetrieben gehört.«
»Um die Austauschbarkeit für den Kunden zu erhöhen, muss man auch an Systeme und Kühlung denken«, bestätigt Mühlbauer. »Eines der größten Themen ist nicht wo sitzen die Schrauben, sondern wie kühle ich das Ding. Selbst wenn man das Modul austauschen kann und die Software läuft, heißt das noch lange nicht, das die Kühlung funktioniert.«
Als besonderen Treiber für eine schnelle Standardisierung sieht Eisenbarth die nächste Generation von Chips an, die hauptsächlich aus dem Tablet-Bereich kommen werden. Sie böten ganz andere Möglichkeiten an als das, was heute zu haben sei. »Dort müssen wir uns zusammenschließen und eine Front zu bilden«, beschwört Eisenbarth. »Wir wollen kreativ sein, wir wollen uns nach vorne bringen, die ersten sein die definieren und so ein Markt- und Lösungssegment anführen.«
»Wenn man sieht wie Apple den Markt gedreht hat und sich die Reaktion in Asien anschaut - die sprechen heute auch von ARM und nicht mehr nur von Intel und AMD«, ergänzt Josef Bressner, Geschäftsführer von Bressner Technology. »Das ist der erste Schritt. Die sprechen aber auch schon von Android - also nicht nur von Windows. Das muss man auch ernst nehmen, denn wir wissen nicht, wie schnell sich ein Markt drehen kann - die Zyklen werden kürzer, heute sind sie anscheinend nur ein Jahr lang.«
Handlungsbedarf wird also gesehen - doch wer sollte in dem neuen Gremium dabei das sagen haben? »Man muss von dem heutigen Zustand lernen und von Anfang an die entsprechenden Richtlinien setzen«, erklärt Mühlbauer. »Ich bin da knallhart: aktiv entscheidende Mitglieder dürfen nur solche sein, die mit diesem Produkt Umsatz machen. Ein Steckverbinderhersteller kann für mich kein CoM spezifizieren. Er kann gerne mitreden, aber nicht mitentscheiden, um dem Missbrauch des Gremiums einen Riegel vorzuschieben - ob man das endgültig schafft sei dahingestellt.«
Auch wenn damit in erster Linie die Board- und Modulhersteller die Standardisierungsarbeit leisten, kommt wichtiger Input von den Distributoren. »Gerade wir in unserer Funktion haben wir teilweise sogar eine größere Macht, denn wir kennen unsere Kunden und ihre Bedürfnisse«, betont H.-Günther Weisenahl, CEO Industrial Computer Source (Deutschland). »Da gebe ich Ihnen recht, ich würde keinen Embedded-Distributor ausnehmen«, bestätigt Mühlbauer. »Es muss ein wirtschaftliches Interesse für den Erfolg des Standards vorhanden sein«, ergänzt Hauser, »aber nur nach oben, nicht nach unten zu Stecker oder Komponenten hin«.
Welche Vorteile haben die Kunden von einem neuen Gremium? »Ich hab mal bei unseren Kunden nachgefragt - da waren interessante Meinungen dabei«, berichtet Albin Markwardt, Geschäftsführer von Comp-Mall. »Der überwiegende Tenor war allerdings etwas negativ - es gäbe dann zwar einen neuen Standard, aber jeder koche doch sein eigenes Süppchen.«
»Die Module sind trotz aller Standards und Lobpreisungen doch nicht zueinander kompatibel«, ergänzt Bullinger. »Wenn ich ein Basis-Board baue für Kontron und will dann Advantech oder MSC nutzen, dann geht das nicht auf Anhieb, ich muss weiterhin was anpassen.« Dies möchte Mühlbauer so nicht uneingeschränkt gelten lassen: »Da hat die Branche mittlerweile viel gelernt. Bei COM Express haben wir drei großen Hersteller sehr viel zusammen getan und man kann heute fast blind austauschen. Wir haben zusammen Kunden, die Halbe-Halbe splitten oder sogar dritteln - das ist mittlerweile gang und gäbe am Markt. Dass es immer noch was zu tun gibt, da gebe ich Ihnen Recht. Deshalb brauchen wir auch eine leistungsfähige neue Plattform der Zusammenarbeit.