Um Messproben in sechs Freiheitsgraden innerhalb von Gebäuden ohne die Installation zusätzlicher Marker oder Sender erfassen zu können, ist ein inertiales Navigationssystem erforderlich. Dieses Navigationsverfahren ist aus der Luft- und Raumfahrt sowie aus der professionellen Schifffahrt bekannt. Sein Messprinzip basiert auf der Erfassung von Drehraten und Beschleunigungen des Systems mittels mechanischer oder optischer Kreisel und anhand von Beschleunigungssensoren.
Inertiale Navigation mit Strapdown-Algorithmus
Ein inertiales Navigationssystem besteht aus Beschleunigungs- und Drehratensensoren, die fest mit einem Trägersystem verbunden sind. Drehratensensoren erfassen die Lageänderungen des Systems. Mit Hilfe dieser Lageinformationen erfolgt die Umrechnung der in körperfesten Achsen gemessenen Beschleunigungen in ein Koordinatensystem mit raumfesten Koordinaten. Somit ist es möglich, die Position und die Lage eines solchen Systems zu bestimmen. Sensorplattformen zur inertialen Navigation für Schiffe und Flugzeuge sind heute in Baugrößen von 2 dm³ bis 500 dm³ erhältlich. Die Kosten für mechanische oder faseroptische inertiale Navigationssysteme liegen heute im fünfstelligen Bereich und stehen somit für Anwendungen im Konsumelektronik-Bereich nicht zur Verfügung. Erst durch hoch integrierte MEMS-Sensoren, wie sie seit kurzem in erforderlicher Qualität erhältlich sind, wird eine autarke Navigation in Gebäuden bei dieser Baugröße möglich. Ein solches MEMS-basiertes inertiales Navigationssystem lässt sich in Form eines Strapdown-Systems realisieren.
Die Strapdown-Rechnung zur Bestimmung der Lage und Position lässt sich grob in drei Schritte unterteilen:
Da die gemessenen Daten jedoch fehlerbehaftet sind (z.B. durch den Einfluss der Schwerkraft oder der Erddrehung), müssen diese Fehler approximiert und korrigiert werden, um ein zu schnelles Abdriften der Lage und Position zu verhindern. Bild 2 zeigt den prinzipiellen Aufbau der Strapdown-Rechnung. Die Daten fb dreier Beschleunigungssensoren (Acceleration Sensor, ACC) werden anhand der aktuellen Lage der Trägheitsplattform qbn in ein Navigationskoordinatensystem n transformiert. Nach Berücksichtigung der Gravitation und weiterer Korrekturfaktoren bestimmt das System die Geschwindigkeit und Position mittels Integration.
Die Genauigkeit der Lageberechnung ist entscheidend für die Qualität des Strapdown-Algorithmus’. Daher kommen Quaternionen zur Durchführung von Koordinatentransformationen und zum Speichern der Lageinformationen zur Anwendung. Quaternionen sind eine Erweiterung der reellen Zahlen, ähnlich den komplexen Zahlen, aber in Form einer vierdimensionalen Algebra, und bieten gegenüber Matritzen einen leichten Speichervorteil. Die größte Herausforderung des Strapdown-Algorithmus stellt derzeit die Korrektur des MEMS-Gyro-Fehlers dar. Gegenüber den optischen, faseroptischen und insbesondere gegenüber den mechanischen Präzisionskreiseln sind die MEMS-Gyros derzeit noch stark fehlerbehaftet und bedürfen modellbasierter und weiterer sensorischer Korrekturen. Um sie auch in Umgebungen mit starken Vibrationen einsetzen zu können, kommen für die Minimierung von Fehlern, die durch derartige Bewegungen entstehen, Coning- und Sculling-Kompensationsalgorithmen zum Einsatz.
Modulare und doch kompakte Hardware
Eine der größten Herausforderungen beim Aufbau der Hardware war die Auswahl geeigneter Komponenten, die es ermöglichen, das gesamte System auf die geforderte Bauform zu reduzieren. Aufgrund des dreidimensionalen, modularen Aufbaus war zudem das thermische Verhalten der einzelnen Module und Komponenten als Gesamtsystem zu betrachten.
Dieser aufwändige und fehlerträchtige Prozess der Optimierung des modularen Aufbaus, der Komponentenplatzierung und der thermischen Anforderungen legte es nahe, bereits in einer frühen Projektphase dreidimensionale Visualisierungstechniken einzusetzen. Durch Einführung eines Systembusses, der sich bei einheitlicher Pinbelegung über alle Module erstreckt, lassen sich sowohl der gesamte »Navigations-Cube« als auch einzelne Module auf dem zusätzlich entwickelten Testboard betreiben. Hier sind zukünftig auch zusätzliche Sensormodule in Form von Erweiterungen an der Sensor-Navigationsplattform montierbar.