Die Ablehnung des Brexit-Abkommens im britischen Parlament bereitet den Branchenverbänden Bitkom und eco Sorgen.
»Mit der Ablehnung des Brexit-Deals droht Europa ein Datenchaos. Sollte die EU-Kommission die Austrittsfrist nicht verlängern, gilt jetzt das Worst-Case-Szenario«, warnt Bitkom-Präsident Achim Berg. »Ab dem 30. März 2019 müssen deutsche Unternehmen ihre britischen Geschäftspartner und Kunden, dortige Rechenzentren oder IT-Dienstleister behandeln, als säßen sie außerhalb der EU. Schlimmer noch: Der Datenverkehr mit einem Land wie zum Beispiel Uruguay ist ab dem 30. März einfacher als mit dem Vereinigten Königreich.« Wer dies missachtet, und zum Beispiel Kunden- oder Auftragsdaten im Vereinigten Königreich verarbeiten oder speichern lässt, verstoße gegen die Datenschutzgrundverordnung – mit den bekannten hohen Bußgeldrisiken. »Es sei denn, die Unternehmen haben die explizite Einwilligung jedes einzelnen Betroffenen eingeholt, unzählige Verträge mit sogenannten Standardvertragsklauseln angepasst oder sich als Konzern verbindliche interne Datenschutzvorschriften genehmigen lassen«, erklärt Berg. »Diese Umstellungen sind enorm aufwendig und in der kurzen verbliebenen Zeit vor allem für KMU kaum zu schaffen. Wer sich auf diesen Fall nicht vorbereitet hat, für den heißt es: In den Notfall-Modus schalten und umgehend sämtliche Datenströme überprüfen, die in das Vereinigte Königreich führen könnten.«
Der eco-Verband der Internetwirtschaft sieht im Ausgang der Brexit-Abstimmung aber auch eine Chance, denn die Gesetzgeber auf beiden Seiten des Ärmelkanals haben so mehr Zeit gewonnen relevante Vereinbarungen im Bereich des Datenflusses, der Geschäftsprozesse und der Regelung zu Verträgen - zu finden. Diese Regelungen sind gerade auch für die digitale Wirtschaft zentral, um weiterhin erfolgreich arbeiten zu können.
»Die Europäischen Institutionen müssen die neu gewonnene Zeit effektiv nutzen, um zeitnah praktikable Lösungen zu finden, auf deren Grundlage die rechtskonforme internationale Datenübermittlung weiterhin gewährleistet ist: Die europäischen und in Europa angesiedelten internationalen Unternehmen der Digitalwirtschaft benötigen dringend Rechtssicherheit und eine verlässliche Grundlage für die reibungslose Fortführung ihrer Geschäftsmodelle und Geschäftsprozesse«, betont Oliver Süme, eco Vorstandsvorsitzender. Schon die schwierigen Verhandlungen um das Privacy-Shield-Abkommen mit den USA habe exemplarisch einen Eindruck gegeben, welcher Verhandlungsmarathon Europa jetzt auch mit England bevorstehen könnte. Ein ungeregelter Brexit werde immer wahrscheinlicher, die englische Regierung und das Parlament sind gefordert, dass es nicht zu Ungewissheit und Chaos kommt.
»Der Brexit birgt enorme Rechtsunsicherheiten für Unternehmen und voraussichtlich auch Umsatzrückgänge. Die Entscheidung für den Brexit ist grundsätzlich ein schwerer Rückschlag auf dem von der EU eingeschlagenen Weg hin zum einheitlichen digitalen Binnenmarkt. Einem fragmentierten europäischen Markt fehlt jede Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich mit Ländern wie den USA«, so Süme.